Tue Jun 01 20:01:34 CEST 2010 | der_Derk | Kommentare (67)
Werte Leserschaft,
dieser Artikel dient in erster Linie meiner persönlichen Bequemlichkeit. Aufgrund der markenübergreifenden Verwendung von Freilaufnaben habe ich in den letzten Jahren quer über das Forum verteilt deren Funktionsweise erklärt, zukünftig werde ich dann nur noch auf diesen Artikel verweisen - das macht es übersichtlicher .
Okay, ich gebe dem Thema noch ein paar Jahre, und es darf vermutlich auch in die Rubrik "Technik, die kein Schwein mehr kennt" einsortiert werden - denn allzu viele aktuelle Fahrzeuge mit diesen Komponenten gibt es nicht mehr, SUV und Haldex sei Dank. Sollte sich also in Eurem Vehikel kein separates Ungetüm von Verteilergetriebe und mindestens eine Starrachse befinden, sind aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine Freilaufnaben dran. Aber, um das genau zu klären...
Die Freilaufnabe - wo finde ich sie? Die Freilaufnabe setzt einen zuschaltbaren Allradantrieb voraus, tritt immer nur paarweise auf, und man findet sie üblicherweise in der Radmitte der Vorderräder. An der Hinterachse ist mir noch keine begegnet, sollte dafür jemand ein Beispiel haben - bitte melden.
Die Freilaufnabe - wofür brauche ich sie? Der Witz ist - wirklich brauchen tut man sie gar nicht. Vor ihrer Erfindung sind Generationen von Allradfahrzeugen ohne Freilaufnaben gefahren, das geht genauso. Es hat in Verbindung mit dem zuschaltbaren Allradantrieb nur einen gravierenden Nachteil: Fährt man dort im 2WD-Betrieb, wird der abgeschaltete Antriebszweig dennoch vergleichsweise sinnlos mitgeschleppt, denn das einfache Mitlaufen der Räder würde an der gerade nicht angetriebenen Achse reichen. Man produziert also überflüssigen Verschleiß, weil am Vortrieb nicht beteiligte Teile bewegt werden, und opfert auch den einen oder anderen Zehntelliter Sprit - denn die Räder müssen über die Achsübersetzung die Antriebswelle beschleunigen. Die Freilaufnaben ermöglichen es nun, den vorderen Antriebsstrang komplett still zu legen, was sich irgendwo in der Nachkommastelle des Spritverbrauchs auswirkt, wichtiger aber: Den Verschleiß und je nach Fahrzeugtyp auch die Geräuschkulisse reduziert.
Die Freilaufnabe - und wie funktioniert sie nun? Im Prinzip stocksimpel: Man macht die Radmitnehmer (Achsnaben) umschaltbar. Mit geöffneten Naben (Stellung "free") besteht keine kraftschlüssige Verbindung zwischen den Rädern und der zugehörigen Antriebswelle, in der Stellung "lock" werden sie auf der Antriebswelle verriegelt. Dies hat natürlich zur Folge, dass mit geöffneten Naben gar kein Allradbetrieb möglich ist. Man kann zwar die entsprechende Antriebswelle über das Verteilergetriebe zuschalten, aber die Räder werden nicht mitgenommen. Sind die Naben verriegelt, kann jedoch bei jeder Geschwindigkeit zwischen 2WD und 4WD umgeschaltet werden, da beide Kardanwellen im Verteilergetriebe mit derselben Geschwindigkeit aufeinander treffen - gleiche Drehzahlen an den Achsen vorausgesetzt. In Kurven oder mit unterschiedlichen Radumfängen geht es folglich nicht.
Variante A: Die manuelle Freilaufnabe Die Mutter aller Freilaufnaben. Sie hat die Stellung "free" und "lock", ein Umschalten ist - wie der Name schon sagt - nur händisch möglich. Zumeist erfolgt dies durch Drehen des Griffes in der Mitte, die beiden Stellungen sind entsprechend markiert und liegen üblicherweise eine Viertelumdrehung auseinander. Manuelle Naben sind die preiswerteste Ausführung, gleichzeitig aber die Robusteste. Der Bedienkomfort wird ihnen häufig negativ ausgelegt, da man zum Umschalten aussteigen muss - schlecht, wenn man das Fahrzeug gerade knietief im Schlammloch versenkt hat. Dann sollte man den Fehler aber bei sich selber suchen, denn man hat schlichtweg vergessen sie vorher zu verriegeln. Die manuellen Naben können einen Prinzip-bedingten Nachteil des zuschaltbaren Allradantriebs ausgleichen: Dieser hat kein Mitteldifferential, und lässt sich daher nicht auf festem Untergrund nutzen. Durch den fehlenden Drehzahlausgleich zwischen den Achsen würde der Antriebsstrang verspannen, was durchaus schwere Schäden nach sich ziehen kann. Lässt man nun die Naben offen, kann man die Untersetzung des Verteilergetriebes nutzen, ohne dass beide Achsen angetrieben werden - es kann daher nichts verspannen. Eine durchaus nützliche Sache zum Rangieren schwerer Anhänger auf Asphalt.
Variante B: Die automatische Freilaufnabe Erkennbar am Aufdruck "Auto", dem Fehlen des Verstellgriffes oder der Anwesenheit von Schaltern im Innenraum, welche einen Allradbezug erkennen lassen, wurde diese Variante aus Bequemlichkeit entwickelt. Man muss das Fahrzeug zur Bedienung nicht mehr verlassen, und unter diesem Komfortaspekt hat sie sich auf dem Erstausrüstermarkt auch relativ schnell durchgesetzt. Die frühen Varianten verwenden einen rein mechanischen Automatismus: Dreht sich die Antriebswelle bei gegenhaltendem Rad, verriegelt sich die Nabe. Die gegensinnige Drehrichtung öffnet die Nabe wieder, also z.B. bei stehender Antriebswelle und drehendem Rad. Das Ganze klappt natürlich nur bei passender Bezugsrichtung, zum Verriegeln muss daher nach Zuschalten der Antriebswelle vorwärts gefahren werden, zum Öffnen bei abgeschalteter Antriebswelle rückwärts. Wem das nun etwas kompliziert, windig oder auch unzuverlässig erscheint - der hat damit natürlich vollkommen Recht. Es klappt zwar grundsätzlich gar nicht so schlecht, nur man kann sich leider nie sicher sein, dass auch wirklich beide Naben verriegelt sind. Gerade im Gelände haben diese Naben die unangenehme Eigenschaft, in den unpassendsten Situationen herauszuspringen, beispielsweise beim Herausschaukeln aus tiefem Grund. Damit einher geht die gegenüber den manuellen Naben geringere Haltbarkeit, da der Betriebszustand "so halb zu" öfter auftreten kann. Spätere Varianten haben dieses Problem erkannt, und durch ein Neues ersetzt: Die pneumatische Ansteuerung. Hierbei erfolgt das Öffnen und Verriegeln durch Druckunterschiede. In der Nabe sitzt ein entsprechender Nehmerzylinder, welcher die Steuerbefehle umsetzt. Der Druck kommt entweder von einer Unterdruckleitung des Motors (keine Schaltmöglichkeit ohne laufenden Motor!) oder durch einen separaten Kompressor. Weiterhin erforderlich ist ein Steuergerät, welches auf das Signal vom Verteilergetriebe wartet, dass der zweite Ausgang zugeschaltet wurde, und daraufhin die Naben schließt. In Verbindung mit einer Synchronisationseinrichtung zwischen vorderer und hinterer Antriebswelle kann das Zuschalten dann auch während der Fahrt erfolgen: Das Steuergerät wartet nach dem Zuschalten der vorderen Antriebswelle ab, bis beide Wellen dieselbe Drehzahl haben, und schließt erst dann die Naben. Der Bedienkomfort dieser Variante wird mit der größtmöglichen Unzuverlässigkeit erkauft: Mögliche Fehlerquellen sind das Steuergerät, zahlreiche Steckkontakte, Drucksensoren, Ventile, und nicht zuletzt die Druckleitungen, welche gerne mal einem Marder oder im Geländeeinsatz einer Baumwurzel zum Opfer fallen.
Variante C: Der automatische Vorderachsfreilauf Diese Ausführung lässt sich beinahe mit der automatischen Freilaufnabe gleichsetzen, und wird auch häufig synonym verwendet, obwohl technisch verschieden. Hierbei werden nicht mehr zwei einzelne Naben geschaltet, sondern die Verbindung zwischen Tellerrad und Differential in der Vorderachse. Die Unterbrechung in der Kraftübertragungskette erfolgt daher nicht mehr direkt am Rad, sondern schon im Differential; Die Antriebswellen drehen sich immer mit, nur die Kardanwelle zum Verteilergetriebe kann abgekoppelt werden. Die Anzahl der möglichen Fehlerquellen wird dabei um eine reduziert, ansonsten besteht kein funktionaler Unterschied zu den normalen automatischen Naben.
Und welche Variante habe ich nun? Darüber könnte die Betriebsanleitung relativ zuverlässig Auskunft geben. Aber das hätte sie zur Bedienung auch gekonnt - wer also bis hierhin gelesen hat, vertraut entweder dem Handbuch nicht, hat es verloren, oder war zu faul danach zu suchen...
Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wer sie ergänzen möchte darf dies daher gerne in einer Antwort machen - ich trage es dann hier nach.
(M: Manuelle Naben, A: Automatische Naben, AP: Automatische Naben, pneumatisch, AF: Automatischer Freilauf)
Daihatsu Rocky: M, A Feroza: M, A
Ford Maverick: A Explorer: AF Ranger: AF (Bis '97: A) Ranger (US-Modell): M oder A (bis '97)
HDPIC Galloper: A
Isuzu Trooper I: M, A
Mazda B2500: AF
Nissan Patrol: M, M/A (Kombinationsnabe, kann beides) Terrano I: M, A Terrano II: A
Opel Frontera A: M, A Frontera B: AF
Suzuki SJ410/413/Samurai: M (nicht immer Serie, SJ410 eher selten) Jimny: AP Vitara: A (Santana: Wechselhaft, von nicht vorhanden bis A) Grand Vitara: AF
Trotz des langen Textes sei noch ein Schlusswort gestattet: Es heißt FreilaufNabe, nicht Narbe, mit Verletzungen hat das nichts zu tun...
Gruß,
Derk |
Tue Jun 01 21:00:56 CEST 2010 | Eric E.
Klasse, danke!!
Grüße,
Eric
Tue Jun 01 21:01:17 CEST 2010 | Rostlöser27853
Sehr ausführliche und gute Erklärung der Freilaufnabe.
Ach ja, der HDPIC Galloper verfügt über eine automatische Freilaufnabe.
Grüße
Mirco
Tue Jun 01 21:49:47 CEST 2010 | der_Derk
Vielen Dank - Galloper wurde ergänzt.
Tue Jun 01 21:56:34 CEST 2010 | schmonses
Super ausführlich erklärt. Wenn du jetzt noch Hydro Drive ähnlich gut erklären könntest....
Wed Jun 02 01:39:37 CEST 2010 | Acura1977
Unser Mitsubishi L200 Bj. 1997 hat ebenfalls automatische Freilaufnaben, die jedoch elektromagnetisch betätigt werden, hörbar an einem vernehmlichen "Klack". Fährt man nach dem Motorstart los, ohne auf das Erlöschen der entsprechenden Kontrolleuchte zu warten, hat man ungewollt immer noch geschlossene Naben.
Um sie wieder zu öffnen muss man nur anhalten, kurz die Zündung ausschalten und neu starten.
Versagt hat die Technik eigentlich nur ein einziges mal : Als ich nach einer -20 grad kalten Nacht in Oberstdorf den Wohnwagen aus seinem Schneegefängnis befreien wollte.
Hätte ich gewusst, daß die Naben einfach nur eingefroren sind, dann hätte eine kurze Fahrt mit Vollbremsung schon gereicht um sie zu reanimieren.....aber auf die einfachsten Sachen kommt man natürlich erst hinterher
Wed Jun 02 10:42:31 CEST 2010 | mfg41
hallo,
super erklärt.
einen vorteil der manuellen naben sehe ich noch. wenn vibrationen oder geräusche im antriebsstrang auftreten kann man durch zu beziehungsweise abschalten der naben den fehler schonmal eingrenzen. (ob vorn oder nicht).
ergänzen möchte ich noch das beim nichtbenutzen des allradantriebes aller paar wochen vielleicht ein paar km mit verriegelden naben gefahren werden sollte um das eingammeln zu verhindern.
mfg41
Wed Jun 02 17:46:20 CEST 2010 | der_Derk
@schmonses: Der hydrostatische Antrieb im MAN? Ganz andere Baustelle, und im PKW gibt's das eh nicht .
@Acura1977: Beim L200/Pajero Sport bin ich mir nicht zu 100% sicher, da mir die technischen Unterlagen fehlen, vermute aber das pneumatische System, eventuell auch nur den Freilauf. Die Art der Betätigung kann man nicht am Geräusch festmachen, im Jimny klacken die Naben auch vernehmlich beim Einrasten, werden aber dennoch per Luftdruck geschaltet. Elektromechanisch sind an der Stelle lediglich die Steuerventile. Bevor ich die Modellreihe einsortiere wäre mir deshalb 'ne dritte Meinung ganz genehm, nicht persönlich nehmen...
@mfg41: Das gelegentliche Verriegeln ist wirklich sinnvoll, wenn man den Allrad längere Zeit nicht nutzt. Noch eine praktikable Alternative: Verriegeln und vergessen, wenn einem die Nebeneffekte egal sind.
Thu Jun 03 12:38:17 CEST 2010 | schmonses
Das ist mir schon klar, jedoch suche ich immer noch nach einer ähnlich guten Beschreibung dazu, wie du sie für die Freilaufnabe geschrieben hast
Thu Jun 03 15:35:31 CEST 2010 | Rigero
@der_Derk: Bist Du Dir sicher, dass der SJ 410 (irgendeines Baujahres oder Sondermodells) über Freilaufnaben verfügte?
Thu Jun 03 18:39:34 CEST 2010 | der_Derk
@schmonses: Danke, vielleicht versuche ich mich mal dran .
@rigero: Sagen wir's so: Ich bin mir 99% sicher, sie in einer Aufpreisliste (welche aber leider nicht mehr in meinen Unterlagen ist) für da letzte Baujahr gesehen zu haben, und es fahren auch einige 410er mit der Original-Aisin-Nabe herum. Auf der anderen Seite gibt es Dank Santana auch Samurai ohne jedwede Freilaufnaben - die Zuordnung gilt also "je nach Ausstattung". Stimmt schon, die Mehrheit der 410er wird mit Metalldeckel vorne herumfahren. Ich mache mal 'nen Vermerk...
Fri Jun 04 09:16:49 CEST 2010 | eCarFan
Apropos "Technik, die kein Schwein mehr kennt".
Es soll ja auch noch ein paar PKW (z.B. Saab) geben, die mit einem "richtigen" Freilauf herumfahren. Sind aber schon Oldtimer.
Der Freilauf ermöglichte es, dass der (2-Takt-)Motor nicht im Schiebebetrieb laufen musste, was diesem nicht gut getan hätte, da ja dem Motor das zur Schmierung benötigte Öl/Benzin-Gemisch fehlte, wenn man vom Gas ging.
Fri Jun 04 19:02:47 CEST 2010 | V70_D5
Super Artikel. Du hast nur einen Aspekt nicht erklärt. Bei den meisten Allradlern mit zuschaltbarem Allradantrieb, gibt es nur die Stellungen 2H (Strassenübersetzung und Zweiradantrieb), 4H (Allrad und Strassenübersetzung) und 4L (Allrad und Geländeuntersetzung). Deswegen der sidestep mit 4L und offenen Naben. Allerdings gab es auch ältere Landrover und Jeeps die zwei getrennte Hebel für Allrad und Untersetzung hatten. Leider fiel das dann der "Modernisierung" zum Opfer.
Sat Jun 05 10:47:13 CEST 2010 | der_Derk
Ist richtig, aber dem Zuschalt-Allrad wollte ich einen gesonderten Artikel widmen, da dieser hier sonst den Rahmen gesprengt hätte. Da kommt also noch was nach...
Sat Jun 05 18:57:37 CEST 2010 | V70_D5
Danke! Ich finde der Zuschaltbare ist nicht so schlecht. Wenn es hart auf hart geht, ist starrer Durchtrieb ohne störende Elektronik noch immer die beste Lösung. Wobei die alte Lösung á la Range Rover und Lada Taiga sperrbares Zentraldifferential die noch bessere Lösung ist.
All die modernen Systeme nützen der Fahrdynamik sind aber im Gelände eher schädlich.
Was moderne elektronisch gereglte Systeme für Streiche spielen, kann man in den Supertests von www.4wheelfun.de nachlesen. Man kann nur den Kopf schütteln.
Tue Jun 08 00:00:27 CEST 2010 | Federspanner7387
Apropos "richtiger" Freilauf bei 2-Takter-Oldtimern, bei denen
er als Schutz gegen Motor-Trockenlaufen dienen sollte wegen Ausbleibens des Benzin-Öl-Gemisches bei Schiebebetrieb.
Es gibt jedoch mind. eine Ausnahme, zB den AUTO UNION 1000 S, der 1961 eine Frischöl-Automatik erhielt, die auch bei Schiebebetrieb eine Schmierung sicherstellte, und nun auch eine Abschaltmöglichkeit des Freilaufs, um eine (wenn auch schwächere) Motorbrems-Möglichkeit wie beim Viertakter zu schaffen.
Sat Oct 16 12:08:12 CEST 2010 | Spannungsprüfer18878
Hallo
wie ich hir sehe ist hir viel ahnug.
Ich habe ein Frontera B - Bj96 - der hat Automatische Feriglung wenn Allrad eingelegt wirt.
Allrad raus und ein meter rückwertsfahren soll er entriegeln - klapt nicht immer.
Meine Frage: kann ich da eine Manuele Nabe einbauen.?
Ein kollege sagte das geht.
Da Frontera A und B gleiche naben haben.
Danke für die info.
axel
email: aasbach@aol.com
Thu Oct 21 16:23:38 CEST 2010 | der_Derk
Moin Axel,
Baujahr '96 ist die facegeliftete Version des Frontera A, das ist noch kein B (den gab es erst ab Bj. 98). Sollte möglich sein, dort entweder die manuellen Naben eines beliebigen Fronti A zu verbauen, oder aber die Alternativen von Herstellern wie bspw. AVM. Letzteres wäre hier sehr schön beschrieben, die Anleitung dürfte für Dein Modell ebenfalls passen.
Gruß,
Derk
Mon Dec 20 21:27:46 CET 2010 | Duftbaumdeuter18832
Danke für die interresanten Ausführungen. sg1570
Mon Dec 20 21:49:34 CET 2010 | Duftbaumdeuter18832
Da ich hier geballtes "Allradwissen" vermute,hoffe ich das mir jemand bei den Fragen zu meinem Galloper helfen kann.Ich vermute in Stellung 2H Heckantrieb mit Differenzialausgleich.In Stellung 4H Allradantrieb mit Differezialausgleich hinten sowie vorne.Ist es richtig,daß in Stellung 4L nicht nur das Getriebe untrsetzt wird sondern auch das Differenzgetriebe vorne oder sogar vorne und hinten gesperrt wird? Außerdem würde ich mich freuen wenn mir jemand bei der Entscheidungsfindung inpunkto manueller oder automatischer Naben helfen könnte.Was wäre für ein jagdlich genutzten Wagen am sinnvollsten? Danke im vorraus. sg1570
Mon Dec 20 22:09:29 CET 2010 | der_Derk
Moin,
zum zuschaltbaren Allradantrieb wollte ich noch einen Artikel verfassen, bis auf die passenden Zeichnungen ist der auch schon fertig - daher hier das Wesentliche vorweg: Deine Annahme sind insofern korrekt, dass in Stellung 2H nur die Hinterachse angetrieben wird. Differential ist nur eines beteiligt, und das sitzt in der Hinterachse, der vordere Antriebsstrang bewegt sich nicht. in 4H und 4L werden vordere und hintere Antriebswelle im Verteilergetriebe starr zusammengeschaltet, ein Mitteldifferential ist nicht vorhanden. Der Vorteil daran: Da braucht und kann nichts gesperrt werden, nachteilig ist aber, dass der Allrad in der Form auf der Straße wenig zu gebrauchen ist. Ohne Drehzahlausgleich zwischen den Achsen gestaltet sich das Kurvenfahren etwas kompliziert, das Fahrzeug untersteuert stark, hat eine unvorteilhafte Bremskraftverteilung und verschleißt den Antriebsstrang im Zeitraffer. Diese Form des Allradantriebs ist ausschließlich für losen Untergrund gedacht.
In keinem der Schaltmodi werden Sperren zu- oder abgeschaltet, man könnte höchstens sagen, dass in 4H und 4L das Mitteldifferential gesperrt ist (da nicht vorhanden). Eine Hinterachssperre hat der Galloper m.W. gegen Aufpreis, diese kann unabhängig vom Verteilergetriebe geschaltet werden. Ob nun automatische oder manuelle Naben... Serienmäßig sind die Automatischen drauf, die würde ich fahren bis eine auseinander fällt - dann bleibt immer noch Gelegenheit zur Umrüstung. Die manuellen Naben hätten abgesehen von der Stabilität lediglich noch den funktionellen Vorteil, dass man sie auch bei 4H und 4L offen lassen kann. Das macht zwar in 4H keinen Sinn (fährt sich eben genau wie 2H, die Vorderräder werden nicht angetrieben), aber man kann die Untersetzung (4L) auf festem Untergrund nutzen - ist ganz praktisch zum Rangieren von Anhängern.
Gruß,
Derk
Mon Dec 20 22:56:28 CET 2010 | Duftbaumdeuter18832
Danke für die superschnelle und kompetente Antwort.Heißt das ,daß maximal 3 Räder ziehen,da das Hinterraddifferenzial nicht gesperrt werden kann?Oder habe ich da was falsch verstanden?Die Naben muss ich bald wechseln da es schon Probleme gibt.Zur Zeit fahre ich ständig im Allradbetrieb da er sich scheinbar nicht wieder komplett rausnehmen lässt.In 2H sind Geräusche zu höhren,und es ist ein leichtes Knacken,so eine Art "Üergnubben" zu spüren. sg1570
Mon Dec 20 23:21:51 CET 2010 | der_Derk
Keine Ursache
Ohne Hinterachssperre ziehen in 4H und 4L mindestens zwei Räder, hängen aber 2 Räder in der Luft (z.B. in der Verschränkung, eins hinten, eins vorne - oder aber, wenn die linken Räder auf Eis stehen, die Rechten aber Grip haben) ist es mit dem Vortrieb vorbei.
Dein Allrad lässt sich herausnehmen, zumindest wird die vordere Antriebswelle in 2H definitiv nicht angetrieben. Klingt aber danach, als wenn eine Nabe defekt ist. Genauer gesagt klingt es nicht nur so - es muss der Fall sein, weil Du das Fahren in 4H auf der Straße sonst schon negativ gemerkt haben müsstest (Abbremsen in Kurven, ruckartiges Durchdrehen einzelner Räder, hoffnungsloses Untersteuern, ...). Damit würde ich nicht mehr allzu lange fahren. Einseitig verriegelte Naben belasten das Differential, für dieses erscheint es wie eine endlose Kurvenfahrt auf Höchstgeschwindigkeit - dafür ist das Innere (die Kegelräder) in aller Regel nicht ausgelegt.
Gruß,
Derk
Mon Dec 20 23:23:12 CET 2010 | Duftbaumdeuter18832
Mir ist jetzt noch eine Frage eingefallen.Da ich mich schon mit den Naben beschäftigt habe,ist mir aufgefallen,daß bei denen von MVM Typ 443 HP eine Stellung mit 4x2 und die andere mit 4x4 beschriftet sind.Das ist mir nicht gans verständlich. Könnte man manuelle Naben auch ständig verriegelt lassen und über den Hebel 2H und 4H schalten ohne Schaden anzurichten? sg1570
Tue Dec 21 08:01:25 CET 2010 | der_Derk
Ja, das kann man machen - wurde vor Erfindung der manuellen Freilaufnabe ja auch so gehandhabt, da lief die komplette Vorderachse immer mit, und die Radmitnehmer ließen sich nicht trennen. Am Beispiel der beschriebenen Nabe entspricht 4x2 der oben beschriebenen Stellung "free", 4x4 ist "lock". Mit verriegelten Naben kann theoretisch bei jeder Geschwindigkeit zwischen Heck- und Allradantrieb wechseln - praktisch geht der Wechsel von 2H auf 4H aber nur dann, wenn vordere und hintere Antriebswelle im VTG mit derselben Drehzahl aufeinander treffen. Das ist nur gegeben, wenn beide Achsen gleich bereift sind (Achtung, trotz identischer Größenangaben sind Reifen verschiedener Hersteller nicht zwingend gleich groß), keine Kurve gefahren wird und kein Radschlupf auftritt. Mit anderen Worten: Auf gerader Strecke, ohne Beschleunigung oder Motorbremse, stehen die Chancen am Besten.
Das Schalten von 4H auf 2H geht immer, solange der Antriebsstrang gerade nicht durch Last oder Kurvenfahrt verspannt ist. Zum Schalten von 4H auf 4L und zurück muss zumindest beim Galloper zwingend angehalten werden, die Untersetzung ist nicht synchronisiert.
Gruß,
Derk
Tue Dec 21 21:33:31 CET 2010 | Duftbaumdeuter18832
Vielen Dank für die prätziesen Ausführungen. Gruss sg1570
Wed Nov 06 23:02:09 CET 2013 | Batterietester42285
Hi,
ein super Artikel!
Da trau ich mich doch glatt, noch eine Frage dranzuhängen:
Ich fahre seit kurzem eine Nissan Vanette Diesel 4WD - aber leider fährt sie nur mit 2WD.
Wenn ich umschalte auf 4H oder 4L dreht zwar die Kardanwelle mit, jedoch die Vorderräder bleiben Kraftlos.
Erfolglos habe ich Freilaufnaben gesucht und der einzige Schalter, dessen Bedeutung nicht einmal ein wenig klar ist, hat ein Motorsymbol gezeichnet und leuchtet orange, wenn gedrückt.
Meine einzige Bedienungsanleitung ist auf japanisch - und das kann ich nicht, weil ich ja in Afrika damit fahren will
Irgeneine Idee oder einen Tipp für mich, wie ich das Auto überzeugen könnte 4WD zu fahren oder was ich meinem (hilflosen) Mechaniker sagen könnte, was er versuchen sollte?
Danke und Lg
Michael
Thu Nov 07 08:55:04 CET 2013 | der_Derk
Moin Michael,
ich geh' mal davon aus, deine Vanette ist Bj. 2006?
Die Version ist eigentlich baugleich mit dem Mazda Bongo, bzw. Mitsubishi Delica - hier besser bekannt als L300. Damit wird's leider noch unübersichtlicher wenn es um die Frage geht, wer den Allradantrieb gestellt hat - da bin ich spontan auch überfragt.
Wenn er von Mazda kommt, dürfte er den Vorderachsfreilauf vom B2500 übernommen haben. Der sollte automatisch beim Umschalten auf 4H einrücken und über eine Taste wieder abschaltbar sein, die Ansteuerung steckt im Vorderachsdifferential. Wenn dieses mehr Schläuche oder Kabel als einen Entlüftungsschlauch aufweist, deutet das auf diese Variante hin.
Kann auch sein, dass der Allrad vom L300 drin ist - das wäre dann der Super-Select von Mitsubishi, erkennbar an der Zwischenstellung 4H Lock zwischen 4H und 4L. In dem Fall müsste aber eine der Antriebswelle vorne defekt sein, weil dieser als permanenter Allrad keine Freilaufnaben hat.
Wenn das Ganze von Nissan stammt, werden sie im Zweifel die automatischen Freilaufnaben (oben genannte Variante B) aus dem Terrano-Regal verwendet haben. Da wäre dann weder an den Radnaben noch am Differential ein weiterer Schlauch vorzufinden, die funktionieren rein mechanisch - genügt, wenn eine defekt ist und nicht mehr verriegelt, durch das offene Differential wird dann keines der Vorderräder angetrieben.
Der einfachste Weg wäre vorne an einer Seite das Rad 'runter zu nehmen - eine Freilaufnabe erkennt man dann an der weiteren Zerlegbarkeit, hier mal ein Beispiel wie sowas aussieht. Wenn dort keine Freilaufnabe ist, wird's im Zweifel die Mazda-Version sein, dann müsste man an's Vorderachsdiff, bzw. dessen Ansteuerung (z.B. Geber am Verteilegetriebe) 'ran.
Thu Nov 07 09:25:51 CET 2013 | Batterietester42285
Ja, es ist das richtige Auto. BJ 2007.
Freilaufnaben hat er definiv nicht. Ich habe 2H, 4H, N, 4L zum schalten. Wird wohl nach Deiner Beschreibung die Mazda-versions sein?!
Und den obskuren Schalter mit Motorsymbol, der orange leuchtet, wenn gedrückt.
Die Antriebsachsen sollten OK sein, sie waren ausgebaut um die Gummimanschetten nächst der Räder zu tauschen (der Antrieb war aber schon vorher nicht da).
Kann's eine Sicherung sein, wennd'st sagst, es gibt nen Schalter zum Wiederausschalten?
Thx
Thu Nov 07 11:23:50 CET 2013 | der_Derk
Sicherung wäre eine Möglichkeit. Die Taste zum Abschalten des Vorderachsfreilaufs hat beim Mazda B2500 / Ford Ranger die Aufschrift "RFW" - wie gesagt, löst den Freilauf wenn man von 4H auf 2H zurück schaltet, dann muss man vor dem erneuten Zuschalten der Vorderachse anhalten. Wenn man die Taste nicht drückt, sollte der Freilauf geschlossen bleiben (Vorderräder mit der Antriebswelle verbunden) und man kann bei jeder Geschwindigkeit zwischen 2H und 4H wechseln.
Wenn der Freilauf nicht verriegelt, kann es mehrere Ursachen geben - abgesehen von der Sicherung kann's der Aktuator im Differential sein, das Allrad-Steuergerät, oder im einfachsten Fall ist das Kabel vom Geber am Verteilergetriebe defekt, welches dem Steuergerät mitteilt dass die Vorderachse zugeschaltet wurde.
Tue Feb 11 21:53:38 CET 2014 | Achsmanschette42824
Hallo Derk,
ich habe seit neuestem einen Suzuki Samurai BJ 94.
Zwei Fragen besch�ftigen mich, welche Du sicher mit einem knappen JA oder NEIN beantworten kannst.
1. Kann ich die Freilaufnaben dauerhaft auf LOCK stehen lassen, wenn ich auf trockenem Untergrund NUR
den 2 W Antrieb benutze?
2. Kann ich mit den Freilaufnaben auf LOCK den 4H w�hrend der Fahrt (Geradeaus, keine Motorbremse, keine Fahrman�ver) einschalten?
Gr��e
J�
Wed Feb 12 06:43:29 CET 2014 | Achsmanschette42824
chtrag: vielen Dank vorab.
Wed Feb 12 09:31:48 CET 2014 | der_Derk
Moin,
ja, Du kannst die Freilaufnaben auf Lock stellen und für den Rest des Autolebens vergessen .
Kostet halt etwas Sprit irgendwo in der Nachkommastelle, und theoretisch hat die Vorderachse mehr Verschleiß. Praktisch auch, nur wird deren Ableben erst bedeutend später eintreffen als jenes anderer Teile.
Zum zweiten Frage: Auch ja, Du kannst mit verriegelten Naben auf gerade Straße, solange weder beschleunigt noch verzögert wird, problemlos von 2H auf 4H und zurück schalten, Kupplung treten ist dabei nicht erforderlich.
Gruß
Derk
Wed Feb 12 10:35:10 CET 2014 | Achsmanschette42824
Hallo Derk,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
Hatte ich noch vergessen: Vielen Dank auch für die tollen Darstellungen der (für mich als absoluten Technik Laien) manchmal verwirrenden Zusammenhänge. So hab sogar ich es begriffen.
Grüße
Suzi94
Wed Feb 12 11:28:32 CET 2014 | der_Derk
Immer gerne
Thu Mar 06 00:40:46 CET 2014 | Achsmanschette36560
Hallo Derk,
ich fahre seit mehr als 20 Jahren einen Daihatsu Feroza EL II, den ich jetzt leider, nach 228000 km zu Schrott gefahren habe. Nun habe ich mir einen noch älteren Feroza EL zugelegt, der 24 Jahre auf den Buckel hat; aber erst 128000km gefahren wurde. der EL II hat noch prima funktionierende Automatik Freilaufnaben, der EL manuelle. Nach den bereits hier geschriebenen Beiträgen könnte ich den manuellen Freilauf dauernd auf LOCK stellen und wahlweise H2, H4 und L4 wählen, oder sollte ich die Automatik Freilaufnaben des Feroza EL II ausbauen und damit die manuellen im Feroza EL ersetzen?
Du hattest erwähnt, dass die manuellen Freilaufnaben haltbarer sind, aber dass im dauernden LOCK H2-Betrieb etwas mehr Benzin verbraucht wird. Da ich nun die Wahl habe, hier meine Fragen:
1. Was würdest Du mir empfehlen?
2. Wenn ich die manuellen durch Automatik Freilaufnaben ersetzen würde, wäre der Umbau selbst möglich oder müßte das eine Werkstatt machen?
Für eine Empfehlung wäre ich Dir sehr dankbar.
FerozaLover
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