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Thu Nov 28 18:06:00 CET 2013    |    der_Derk    |    Kommentare (5)    |   Stichworte: II, Kangoo, Renault

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Wir bleiben bei Renault, der nächste in unserer Testfahr-Reihe nach Mia, Fluence und Twizy war die elektrifizierte Version des Renault Kangoo. Erste offensichtliche Einschränkung: Es war die Handwerker-Variante ohne hintere Sitze, also weniger ein typisches Privatfahrzeug als eher auf Gewerbe, Paketdienste oder Ähnliches zugeschnitten.

 

 

Platzangebot und Sitzkomfort

Den Kofferraum wird man vermutlich nicht so schnell an seine Grenzen bringen, erstaunlich früh geschieht dies jedoch beim Sitzplatzangebot für größere Fahrer. Zum Dach bleibt sehr viel Platz, die Frontscheibe ist vom Sitzplatz aus nicht greifbar, aber das Armaturenbrett kommt leider unliebsam auf Tuchfühlung, ich hatte eigentlich Dauerkontakt mit der Mittelkonsole, und auch die Lenksäule ist den Knien irgendwie im Weg. Entweder baut das Armaturenbrett zu flach oder der Sitz zu hoch, in jedem Fall ist es etwas knapp geschnitten - auch für den Beifahrer, will man an das Handschuhfach muss jener entweder aussteigen oder eine dieser verknoteten Entspannungsübungen einlegen, die nicht entspannend aussehen. Die Sitze sind optimal für schnelles Ein- und Aussteigen, offensichtlich auf Kosten des Seitenhaltes - den gibt es gefühlt gar nicht. Im Gegensatz zu anderen Elektrofahrzeugen ist hier die Traktionsbatterie nicht auszumachen, bzw. unter dem Ladeboden verstaut, gegenüber der konventionell angetriebenen Version entstehen so keine Nachteile wie bspw. beim Fluence, wo ein hoher Block im Kofferraum steht.

 

Motor und Fahrleistungen

Der Motor bietet nominell 44 kW, was ernüchternd niedrig klingt. Die Übersetzung scheint aber auf die mit über 600 kg nicht eben geringe Zuladung angepasst zu sein, davon waren wir mit zwei Personen und leerem Gepäckabteil natürlich weit entfernt - entsprechend kommt einem das Anfahren so vor, als hätte man bei einem Sattelschlepper den Auflieger vergessen: Er zieht echt gut an. So gut, dass die Vorderräder auf nasser Straße in beinahe jeder Anfahrsituation und auch darüber hinaus um Traktion ringen, und oft verlieren - denn eine Traktionskontrolle gibt es nicht.

In die andere Richtung ist der Effekt ähnlich: Die Rekuperation ist sehr kräftig ausgefallen, vermutlich um in Verbindung mit der kurzen Übersetzung das maximale Gesamtgewicht effizient zu stoppen - das funktioniert so gut, dass man bei nur leicht vorausschauender Fahrweise kein Bremspedal mehr benötigt. Eigentlich gibt man mit dem rechten Pedal nur noch die Geschwindigkeit vor, aus Tempo 50 kommt man innerhalb einer sehr überschaubaren Strecke zum Stillstand. Damit fährt er sich deutlich anders als die bisherigen Elektrofahrzeuge, welche trotz Rekuperation die Bremse zumindest noch auf den letzten Metern benötigten, aber mal rein subjektiv gesehen: So wie im Kangoo finde ich es besser.

(Die recht starke Verzögerung wird übrigens auch per Bremsleuchten signalisiert, auch wenn man die Bremse nicht betätigt)

 

Fahrwerk, Lenkung, Getriebe

Direkt nach dem Fluence mutet es etwas merkwürdig an, dass dieser dem Kangoo in Bezug auf die Straßenlage eher wenig voraus hat - die Federung ist auch im Kangoo nicht spürbar schlechter, die Seitenneigung in Kurven für einen Kastenwagen erfreulich niedrig, und die Lenkung ist tatsächlich besser, da die Indifferenz um die Mittenlage fehlt; Der Kangoo läuft auch ohne beständige Korrekturen geradeaus. Das Getriebe richtet sich mal wieder nach dem Standard-Automatik-Schema, der Schalthebel ist dabei das gefühlt hochwertigste Teil der ganzen Innenausstattung...

 

Übersichtlichkeit, Bedienung, Materialanmutung

Der Parkfreundlichkeit entgegen steht natürlich die nicht durchsichtige Hecktür, aber die beiden großen Seitenspiegel können das recht gut kompensieren. Der Innenraum hat für ein Nutzfahrzeug passend sinnvolle Details wie die Ablage im DIN A4-Format oder die robuste Gummiauslegung des Fußraums, aber eben auch eine größtenteils äußerst billige Materialanmutung. Überraschend war hier an sich nur, dass das Radio die Lautstärke geschwindigkeitsabhängig ändert, die Komfortfunktion passte irgendwie nicht so recht zum Gesamtbild - wurde aber dankend angenommen, denn eine Geräuschdämmung existiert nicht wirklich. Der leere Raum hinten gibt einen hervorragenden Resonanzkörper ab und lässt fast alle Außengeräusche ungefiltert durch, entsprechend geht es schon bei Stadtgeschwindigkeit nicht wirklich leise zu.

 

Die Zusammenfassung

Sich über das preisbewusste Ambiente aufzuregen wäre zu einfach, schade hingegen ist das sinnlos eingeschränkte Platzangebot für die Passagiere - man fühlt sich irgendwie bis zur Hüfte wie eingemauert, darüber sind luftige Weiten, aber eben nicht nutzbar. Aus Antriebssicht kann man nicht klagen, die Kangoos mit konventionellem Antrieb sind alle eher behäbig, dem gegenüber fühlen sich die 44 kW hier nach mehr an. Die Reichweite zeigte leider bei den aktuellen Temperaturen zu keiner Zeit eine dreistellige Zahl, zählte aber immerhin recht zuverlässig herunter. Für den Privatgebrauch ist er zwar in dieser Form nicht sonderlich attraktiv, der Antrieb selber machte aber mehr Spaß als von den Papierwerten her erwartet.


Fri Nov 29 08:29:39 CET 2013    |    Diesel73

Danke für den Bericht. Kann ich so bestätigen. Hier läuft so einer in einer Außenstelle mit. Hat sich bisher auch gut bewährt.

Das mit den aufleuchtenden Bremsleuchten finde ich super. Der kleine MieV hat auch zwei Gänge mit denen man eine stärkere Rekuperation erreichen kann. Leider leuchten die Bremslichter da nicht auf, so das ich meinen Fahrern empfehlen, diese Gänge nicht zu nutzen.

Fri Nov 29 13:17:03 CET 2013    |    Käfer1500

Auch die Rekuperation des Nissan Leaf war dagegen eher schwach ausgelegt, da braucht man in der Stadt die mechanische Bremse doch noch öfters. Und den konnte man auch nur bei abgeschaltetem Eco Modus zum Durchdrehen der Vorderräder bringen.

Fri Nov 29 13:26:05 CET 2013    |    Dynomyte

Was beim kangoo auch angenehm ist, ist, das der wagen nicht fährt wenn man kein gas gibt. soll heißen, die "Automatik" bleibt dann im "Leerlauf". Bei der Fluence bspw. bewegt sich der Wagen, wie bei jedem anderen Automatikfahrzeug, wenn die bremse losgelassen wird. Die fluence braucht zum stillstehen die Bremse, der kangoo rollt einfach aus.

Fri Nov 29 13:44:02 CET 2013    |    Multimeter21561

Beziehen sich diese kW-Angaben bei den Elektrofahrzeugen eigentlich auf die maximale Aufnahme des Motors (wie allgemein bei Elektrogeräten üblich) oder auf die Leistungsabgabe (wie bei Verbrennungsmotoren üblich)? Ich ging bisher immer von ersterem aus und vermisste dabei die Angabe des Wirkungsgrades um die "echte Motorleistung" zu ermitteln. Diese Annahme wird unterstützt durch die üblichen Angaben zu Batteriekapazität, Verbrauch auf 100 km und Reichweite. Das geht meist 1:1 auf, aber 100% Wirkungsgrad hat auch ein Elektrofahrzeug nicht.

Fri Nov 29 13:45:58 CET 2013    |    der_Derk

Jap - Fluence, Leaf und Zoe haben die "Automatik-Kriechfunktion", beim Leaf ist das Bremspedal dazu zweistufig. Leicht gedrückt nimmt die Rekuperation zu, wenn man weiter tritt merkt man wann die Bremse wirklich fasst. Der Kangoo fährt in der Hinsicht eher wie ein Modellauto per Fernbedienung, die Anderen versuchen das Gefühl von konventionellen Fahrzeugen wiederzugeben. Vermutlich sagt mir deshalb die Kangoo-Variante auch mehr zu ;).

 

Leaf und Zoe kommen in der Testfahr-Reihe noch...

Deine Antwort auf "Elektrisch fremdfahren: Renault Kangoo Z.E."

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Mein Blog hat am 04.12.2013 die Auszeichnung "Blogempfehlung" erhalten.

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Meine ganz alltäglichen Begleiter: Wahlweise Mini Paceman, Smart Roadster oder Renault Twizy. Und wer mehr wissen will, muss fragen... ;)

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