Mon Jun 13 17:54:05 CEST 2016 | Hakuna Matata | Kommentare (6) | Stichworte: Norwegen, Roadtrip, Roadtrips
In dieser Blogreihe möchte ich euch meinen diesjährigen Norwegen-Aufenthalt näherbringen. Gemeinsam mit einem Kumpel sollte es ohne Navi und ohne Campingplätze durch das Land der Fjorde gehen. Den vorherigen Teil der Serie findet ihr hier.
[...] Der erste Eindruck von Haugesund war ganz nett. Es war ein kleines beschauliches Städtchen dessen Häuser alle skandinavisch gewohnt top in Schuss waren. Nach einigen Irrungen und Wirrungen im Dschungel der Einbahnstraßen, parkten wir in der Nähe des Zentrums. Die Zeiten, zu denen man hier einen Parkschein brauchte konnten wir nicht hundertprozentig klären, weshalb wir eine sehr junge Mutter fragten, die auch gerade an der Straße parkte. Zwei ausgetauschte Sätze später wussten wir schließlich, dass wir den Rest des Tages keinen Parkschein mehr brauchen würden. Daher ging es umgehend los ins ‘Zentrum’, um ebenjenes zu erkunden. Als erstes Trieb es uns in die Touristen-Information. An einem der beiden Schalter stand eine lange Schlange von Menschen an, an dem Schalter daneben kurioserweise nicht eine einzige Person. Wir wählten keinen der beiden Schalter und blieben an einer Ablage direkt neben dem Eingang stehen.
Nachdem wir schon die ein oder andere Broschüre eingesteckt hatten, kam die Dame des menschenleeren Schalters auf uns zu. “Sie können auch zu mir an den Schalter kommen. Der andere Schalter ist für den Bus, deshalb stehen die Leute dort an.” - “Danke, ist schon in Ordnung”, entgegneten wir. “Haben Sie auch eine Karte von Haugesund, die wir mitnehmen können?” Die Dame zeigte auf einen Block, der vor uns auf der Ablage lag. “Ihr dürft euch dort bedienen und Karten vom Block abreißen.” Gesagt, getan. Und schon verließen wir die Touristen-Information wieder. Die Broschüren steckten wir erstmal weg und sahen uns die Karte an, wonach wir direkt auf den Hafen zusteuerten. Die Straßen ringsherum waren alle schön anzusehen, jedoch fiel uns auf der Karte nichts besonderes ins Auge und als wir die paar Meter bis zum Hafen zurücklegten machte sich langsam eine andere Stimmung breit, die an Stavanger erinnerte: Was wollen wir hier eigentlich?
Die Sonne schien. Es wehte nicht mal ein laues Lüftchen. Am Kai war kaum etwas los. Und in mir machte sich das Verlangen breit etwas zu Essen zu kaufen. “So sehr hat uns der Konsum im Griff, dass wir bei einem Städtebesuch aus Gewohnheit schon Verlangen nach Konsumgütern entwickeln”, dachte ich mir.
“Wie ist der Plan?” Wir wirkten beide etwas ratlos. Der eine mit einer Broschüre in der Hand hin- und herwandernd, der andere auf einem Poller am Wasser sitzend. Nach einiger Zeit entschlossen wir uns dazu, erstmal wieder in Richtung Auto zu gehen. Die Stimmung war etwas gedrückt. Wir wollten uns jedoch nicht damit abfinden, die Stadt nun schon wieder zu verlassen. Zumal sich in den letzten Tage die Stadt Bergen als unser nächster Programmpunkt herauskristallisiert hatte. Was, wenn dort das gleiche passieren würde? Die Zeit könnten wir wahrlich besser investieren.
Der Kampf mit dem eigenen Ich ging weiter. Engel links, Teufel rechts. Es ging am Auto vorbei weiter die Straße entlang in Richtung einer Brücke, die wir vom Kai aus sahen. Bevor wir Haugesund wieder verlassen, sollte eine Grundsatzentscheidung gefällt werden: Städte ja oder nein?
Neben der Auffahrt zur Brücke erschloss sich eine kleine Gasse unseren Blicken, die zwischen Felsen und Häusern parallel zum Wasser verlief. An ihrem Ende fanden sich ein Parkplatz, viele Bootsanleger, Boote und eine kleine Sitzbank. Der Weg endete in dieser Sackgasse. Während wir uns auf die Bank setzten, uns erneut die Broschüren ansahen und feststellten, dass sich auf manchen Booten Paare befanden, die offenbar ihre Freizeit entspannt auf ihren im Hafen liegenden Booten verbrachten, entschieden wir uns letztendlich tatsächlich dafür, Städte für den Rest unseres Roadtrips rechts liegen zu lassen. Mandal war eher Zufall und die zwei Städte Stavanger und Haugesund, die sich während der Reise zum Programmpunkt entwickelten waren in dem Sinne Reinfälle. Die bisherigen Touren durch die Natur und hoch zum Preikestolen hingegen faszinierten uns. Und genau so sollte es nun weiter gehen: Faszinierend.
Nachdem wir die Trolltunga als unser langfristig nächstes Ziel setzten, gingen wir zurück zum Auto und fuhren einen großen Teil des Weges nach Haugesund Wohl oder Übel wieder zurück. Doch auch wenn wir die Strecke theoretisch schon kannten, so entdeckten wir immer wieder neue Naturschönheiten, die uns auf dem Hinweg nicht aufgefallen waren. Der menschliche Körper hat bekanntlich nur ein einziges Augenpaar und das befindet sich nicht am Hinterkopf.
FerristNach einigen Stunden Fahrt verließen wir die Hauptverkehrsroute und begannen bei Etne wieder auf abgelegenen Straßen die Übernachtplatz-Suche. Die Straßen wurden immer schmaler und kurviger. Und nach Passieren des ein oder anderen ‘Ferrist’ standen dann auch die ersten Kühe auf der Fahrbahn. Die Straße führte um einen kleinen See herum, und ging auf Höhe eines Wasserkraftwerks von Asphalt in groben Schotter über. Für uns natürlich kein Hindernis und so rollten wir weiter auf der Straße, die sich mittlerweile einmal fast um den ganzen See schlang. Erst nach etwa zwei Dritteln der Runde entriss sich die Straße dem Bann des Sees und führte steil und kurvig einen Hügel hinauf.
Hier tauchten auch plötzlich einige gepflegte Häuser, die durchaus als Siedlung bezeichnet werden konnten auf. Lediglich von Menschen war hier nichts zu sehen.
Die Straße schlängelte sich an den Häusern vorbei und an den steilen Stellen war an großen Furchen im Weg zu erkennen, dass das ein oder andere Fahrzeug hier schonmal zu kämpfen hatte. Auch wir kamen nicht mehr über möglichst gleichmäßiges rollen im ersten Gang hinaus. Bis der Weg plötzlich im Vorgarten des höchstgelegenen Hauses endete. Der Schotterweg ging ernsthaft in die kleine Wiese vor diesem Haus über und endete im Vorgarten. Wir überlegten noch kurz, ob der Weg nicht vielleicht dahinter weiterging, jedoch verflog dieser Gedanke recht schnell.
In einem Mix aus Überraschung und Enttäuschung mussten wir unsere Übernacht-Platz-Suche dann kurz verdrängen, denn diese Sackgasse stellte uns vor eine nicht ganz angenehme Aufgabe. Zu dem teilweise sehr starken Gefälle des kurvigen Weges kam hinzu, dass dieser gerade so breit war wie unser Auto und an beiden Seiten stark abfiel. Ohne Fremde Hilfe würden wir aus dem Graben nicht mehr herauskommen. Und da sich selbst jetzt noch keine Menschenseele hat Blicken lassen, obwohl sich da zwei Deutsche mit ihrem laut schnaufenden Auto den Berg hochkämpften, gingen wir davon aus, dass hier aktuell niemand vor Ort war.
Also ging es zurück: Ausgekuppelt, in den Rückspiegel geschaut und langsam Zentimeter für Zentimeter rollen lassen. Die knapp 100 Meter bis zur nächsten Wendemöglichkeit dauerten eine halbe Ewigkeit, doch letztendlich schafften wir es. Wir rollten wieder an den Fuß des Hügels, fuhren am See entlang und am Wasserkraftwerk vorbei.
Kurz hinter dem Kraftwerk hielten wir an einer Stelle, die uns bereits auf dem Hinweg aufgefallen war. Anfangs bestand noch ein wenig Skepsis, doch entschieden wir uns letzten Endes dazu, hier zu campieren. Während der dahinführenden Diskussion betrachteten wir mit Hilfe unseres Fernglases die um uns liegenden Berge und entdeckten eine Straße, auf der immer mal wieder ein Auto zu sehen waren. Wir hörten diese dann auch wenige Minuten später in unserer Nähe über einen Ferrist rasen. Wirklich rasen! Das Interesse war geweckt, und da wir unser Lager nicht aufgeschlagen hatten, fuhren wir zurück bis zum letzten Abzweig und den Hügel hinauf. Meter für Meter, Serpentine für Serpentine schraubte sich die Straße nach oben, ehe wir an einem kleinen Häuschen ankamen, an dem einige Fahrzeuge parkten.
Das Studium der Infotafeln klärte uns auf: Hier begann ein Wanderweg durch die hier liegenden Berge. Lediglich Parkgebühren für das Auto müsste man zahlen, die auch selbstständig an dem Infohäuschen zu entrichten wären. Begeistert von der Idee zwei bis drei Tage durch die Berge zu wandern und in Berghütten zu schlafen tauschten wir uns angeregt aus, mussten jedoch zugeben, dass wir dafür nicht ausreichend ausgerüstet waren. Sollte es während dieser Wanderung anfangen zu regnen oder etwas kälter werden, dann würden wir auch fernab von jeglichem Mobilfunknetz in eine recht gefährliche Situation geraten. Von daher begaben wir uns wieder zurück zum geplanten Lager und machten auf dem Weg dorthin noch zu Fuß einen kurzen Abstecher auf einem Versorgungsweg zu den Rohren, die vom Berg ins Tal führten.
Wieder am See angekommen bauten wir schnell unser Zelt auf und hatten zum ersten Mal seit Antritt der Reise Zeit unsere Campingstühle zu nutzen und nicht nach dem Zeltaufbau direkt Schlafen zu gehen.
Nachdem wir uns aufgrund der Mücken ganzkörperbedeckten, verbrachten wir den Rest des Abends mit den Haugesunder Broschüren, einer M&M’s-Tüte und einem herrlichen Seeblick. Wir führten uns nochmal vor Augen, dass wir tatsächlich für mehrere Tage Wandern am Stück ohne Kontakt zu unserem Auto nicht gerüstet waren und entschlossen uns dafür am nächsten Tag den Langfossen zu besichtigen. Mit der dazugehörenden Wanderung nach oben versteht sich.
Die BergeDie BergeUnser SeeblickAltes GebäudeAltes GebäudeDie Siedlung aus der FerneAltes Gebäude
to be continued.. Hakuna Matata |
Wed Jun 15 13:53:56 CEST 2016 | STEFANE39
Wie immer genial geschrieben, gespickt mit tollen Fotos. Sehr authentisch. Daumen hoch
Thu Jun 16 01:28:44 CEST 2016 | Hakuna Matata
Dankeschön, das freut mich! @STEFANE39
Thu Jun 16 17:43:20 CEST 2016 | STEFANE39
Bitte Gerne
Thu Jun 16 22:13:22 CEST 2016 | Spurverbreiterung82
Echt klasse dein Blog. Lese ich immer sehr gerne.
Mon Jun 20 13:28:31 CEST 2016 | Hakuna Matata
Danke dir! @PD03
Mon Jul 11 16:07:06 CEST 2016 | Trackback
Kommentiert auf: Hakuna Matata: Erfahrungen eines Unerfahrenen.:
Norwegen Roadtrip - Teil 9: Langfossen
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Der fünfte Tag begann gewohnt ruhig. Das Zelt wurde abgebaut und das Mittagessen zubereitet. Wieder [...]
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