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Halbgott

Eindrücke niedergeschrieben

Wed Jan 09 09:24:43 CET 2008    |    Druckluftschrauber2011    |    Kommentare (11)    |   Stichworte: Gesellschaft

Nach Arm sein, reich leben?!, Erlebnisse der letzten 24 Stunden , Zivilcourage und Aktion Licht aus jetzt mein dritter Blog, wo das Stichwort „Gesellschaft“ zum tragen kommt.

 

Wie alle an der Überschrift erkennen können, schnappe ich ein zurzeit vieldiskutiertes Thema auf. Jugendkriminalität!

Im Zuge der Diskussionen in der Politik darüber, wird auch immer wieder die Kriminalität der jugendlichen Ausländer benannt und findet einen besonderen Augenschein in der Öffentlichkeit.

Nun bin ich ausreichend dazu motiviert, dieses Thema anzupacken und einige Gedanken und Informationen „auf Papier“ zu bringen.

Ausländer sind krimineller als Deutsche?!

 

Ausrufezeichen, Fragezeichen

Je nach Satzzeichen haben wir hier also einen Satz, der entweder nach Schlachtrufen einer Person/Organisation mit rechtem Gedankengut klingt oder aber die Frage, was daran stimmt.

Da ich mich hoffentlich immer weit von Parolen distanziere, versuche ich dir Frage zu beantworten.

Begehen laut Statistik Prozentual mehr Ausländer verbrechen als Deutsche? Hier muss man klar mit „ja“ antworten. 2004 besaßen laut Statistik 22,9 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung liegt nur bei 9 Prozent. Aber jeder sollte wissen, dass man keiner Statistik trauen kann. (außer, man hat sie selbst gefälscht;))

Was hierbei nämlich nicht ausgesagt wird ist, dass Besucher, Durchreisende, Grenzpendler oder Stationierungsstreitkräfte, die sich in Deutschland aufhalten zwar in die Statistik als kriminelle Ausländer zählen, nicht aber zu dem Ausländeranteil in Deutschland.

Ebenso unzählige illegale Einwanderer oder um ein krasses Bsp. zu nennen: Mitglieder international operierende Verbrecherbanden.

Sie werden somit in ein Verhältnis zu einer statistischen Gesamtmenge gesetzt, in der sie selbst gar nicht auftauchen. Zudem kommt, dass kein deutscher gegen das Ausländerrecht oder gegen Asylverfahren verstoßen kann. Ich bitte auch explizit auf die Wörter nach der Prozentangabe zu achten. „der ermittelten Tatverdächtigen“. (Nicht Täter)

Ausländer geraten generell schneller unter Tatverdacht als Deutsche („Tatverdachteffekt“), unter anderem, weil die Anzeigefreudigkeit der Bevölkerung gegenüber „Ausländern“ größer ist als gegenüber Deutschen („Anzeigeeffekt“).

 

Verbrechen geschehen. Fakt! Leute die verbrechen begehen, gehören bestraft. Auch Fakt!

Doch wie sollten diese Strafen aussehen? Dazu hat sich wohl schon jeder so seine Gedanken gemacht.

 

Der Herr Koch, der in dieser Debatte immer wieder vorn dabei ist(ein Schelm wer dabei denkt, dass die Landtagswahlen ein Auslöser sein könnten), hatte dort schon einen Sechs-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren sowie eine Erhöhung des Höchststrafmaßes von zehn auf 15 Jahre vorsieht. Kriminelle Ausländer sollen nach Kochs Vorstellungen künftig bereits das Land verlassen müssen, wenn sie zu einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werden. Bislang liegt die Grenze bei drei Jahren.

 

Andere hingehen sehen keinen Bedarf an den Gesetzlichkeiten etwas zu ändern.

Wieder andere plädieren dafür, dass bereits bestehende Strafmaß auszuschöpfen.

 

So hat jede Partei ihre eigene Meinung, über den geeigneten Weg. Wie sollte es auch anders sein…

Man verzeihe mir den Zweifel an der Regierung. Aber ich neige dazu Leute anzuhören und denen mehr Glauben zu schenken, die sich mit dem Thema auf Grund ihrer Tätigkeit auskennen. Hier vorneweg der deutsche Richterbund, der härtere Jugendstrafen bzw. die Debatte darüber als überflüssig ansieht.

Ich zitiere auch gern den Satz des Vorsitzenden Christoph Frank :

"Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch." Des Weiteren wird gesagt, dass die Politik hier erneut der Versuchung erliegt, Fragen des Strafrechts für schnelle und plakative Botschaften zu missbrauchen. Das Thema aber viel zu ernst sei, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden.

 

Dam schließe ich mich ohne Widerworte an. Dass die Formel keinerlei Wirkung zeigt, erkenne ich immer wieder beim Thema Handy und Auto. Wenn ich sehe, welche Unmassen mit dem Handy am Ohr Auto fahren, dann ist dies ein sehr guter Beweis.

Man muss keine Strafen fürchten, wenn man keine Angst davor haben muss erwischt zu werden. Wo kein Kläger, der kein Richter!

 

Im dem politischen Meinungsaustausch kam immer wieder der Vorschlag, dass sogenannte Erziehungscamps helfen würden. Augenmerk wohl stärker auf Erziehung und Schaffung von Autoritätsgefühl. Erziehungscamps sollen sich wohl von amerikanischen Bootcamps unterscheiden.

Die Grundidee ist sicher nicht verkehrt. Klare Regeln schaffen. Pünktlichkeit, Respekt, Disziplin und Ausdauer. Alles Sachen, die eigentlich normal und alltäglich sein sollten. Dinge, die ein Leben miteinander wohl erforderlich machen. Die guten alten Werte, die durch unsere heutige Welt anscheinend nicht mehr ausreichend vermittelt werden. Gründe ließen sich sicher Dutzende finden.

 

Also klares pro für Camps?

Ich sage Ja und Nein.

 

Wenn Kinder/Jugendliche so weit sind, dass sie in solch ein Camp müssen, dann hat Jahrelang etwas versagt. Sei es das Elternhaus, seien es die Ämter.

Solch ein Camp behandelt vielleicht das Problem – nicht aber die Ursache. Entledigt man sich der Ursache, so entstehen solche „Massen“ von gewaltbereiten Jugendlichen sicher nicht. Das Problem wird man zwar nicht endgültig lösen können. Aber das Eingrenzen sollte in der Macht des Staates liegen, wenn man mich fragt.

 

Aber die Versäumnisse werden wir wohl noch Jahrelang spüren. Ob nun dadurch, dass die Gewalt zunimmt oder, dass es einen nicht einmal mehr schockt, wenn man in den Nachrichten hört, dass ein junge Mutter ihr Kind hat verhungern lassen, weil es einfach schon zur Gewohnheit geworden ist dies zu hören.

 

Lösungsansätze habe ich leider auch nicht. Die üblichen Verdächtigen wir Perspektiven schaffen ist schnell dahergesagt. Vielleicht sollte man den Menschen auch einfach wieder mehr Selbstverantwortung anlernen. Das man für das was man tut und für das, was einem geschieht selbst verantwortlich ist.

Das man darüber hinwegkommen muss, dass einem das Leben vielleicht schlechte Karten gegeben hat. Aber eigentlich ist das auch alles nur bla bla…. Leider :( und man verfällt zu schnell dazu, Parolen zu grölen und das will ich ja nicht…

 

Mein Gedanken und Erlesenes kurz zusammen gefasst.


Wed Jan 09 14:19:30 CET 2008    |    rallediebuerste

Oha, ein sehr interessantes Thema - und sicher kein leichtes.

 

Fangen wir mal mit dem vielzitierten Abschreckungseffekt an: Volker Pispers, ein von mir hochgeschätzter Kabarettist, sagte dazu mal sinngemäß: "höhere Strafen sollen abschrecken? Klar: die USA hat ja nur deshalb so friedliche Einwohner, weil die da drüben die Todesstrafe haben. Und wenn dann doch einmal etwas passiert, nach was rufen die Konservativen dann? - Genau, härtere Strafen!"

Wenn ich mir so die "typischen" Gewaltverbrecher - und um die geht's in der Diskussion doch vornehmlich - anschaue, dann überlegt der bevor er dir die Fresse poliert doch nicht noch "komm ich dafür jetzt 8 Jahre oder doch nur 2 innen Knast?". Abschreckung über schärfere Strafen funktioniert nicht, erweckt aber immerhin den Eindruck, dass man sich des Problems annimmt.

 

Funktionieren könnte es (IN EINIGEN FÄLLEN) mit der Abschreckung, wenn man die Aufklärungsrate verbessert... dazu gibt es viele Ansätze, und dummerweise birgt jeder so seine Probleme:

  • Mehr (und besser qualifizierte) Polizisten:
  • Eine gute Idee, allerdings kosten die Jungs und Mädels einen Haufen Geld. Angesichts der derzeitigen Entwicklung wird wohl nix in die Richtung passieren.

     

     

  • Private Sicherheitsfirmen übernehmen z.T. Polizeitätigkeiten (also nicht Mörder-Ermitteln, aber Streifegehen und so was):
  • Sicher wesentlich günstiger... aber wohl auch schlechter qualifiziert. Außerdem sollten hoheitliche Aufgaben meiner Meinung nach beim Staat bleiben.

     

     

  • Automatische Systeme: Überwachungskameras mit Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen, Mautdatenerfassung zur Verbrechensbekämpfung, Vorratsdatenspeicherung, Biometrische Daten in Ausweispapieren etc pp.... da wird ja momentan schon viel geplant und unternommen. Am besten wir verpassen jedem Bürger einen RFID-Chip inklusive GPS-Erfassung!
  • Hat halt den kleinen Haken, dass das ganze laut Verfassung nicht zulässig ist, und dass ein paar Querdenker und Wirrköpfe damit nicht einverstanden sind. Aber die haben eh nur alle was zu verbergen.

    Naja, auch diese Probleme bekommen unsere Volksvertreter schon in den Griff, da bin ich mir ganz sicher.

     

     

  • ...

Aber auch damit werden Symptome bekämpft, nicht die Ursachen.

 

Was wohl definitiv funktionert hast du oben schon erwähnt... so abgedroschen es ist: Perspektiven schaffen.

Das große Problem hierbei: Das kostet gleich noch mal ein paar Euro (und vor allem ein paar Stunden Nachdenken) mehr als die komplette Polizei mit Hummer-Einsatzfahrzeugen und diamantbesetzten Pistolen auszurüsten.

Und wo soll dieses Geld herkommen? .... genau ;)

 

Dennoch ist es nötig, genau in die Richtung zu steuern, die du oben beschrieben hast: Selbstverantwortung antrainieren. Das große Problem hierbei ist doch aber: Es ist so viel bequemer, andere für sich denken und lenken zu lassen. Warum soll ich für einen Hungerlohn arbeiten gehen, wenn ich genausogut von der Stütze leben kann? Warum soll ich out-of-the-box denken, wenn es eine genaue Anleitung für alles gibt? Warum soll ich über die komplizierten Aussagen eines Politikers nachdenken, wo mir doch meine RTL2-Actionnews alles in kopfgerechte Happen übersetzen?

Und was noch schlimmer ist: Diese Haltung ist so weit verbreitet, dass ich gar kaum Möglichkeiten habe, auszubrechen...

 

Ich bekomme alles Denken abgenommen, und wenn ich mal selbst denke bekomme ich auch noch Probleme. Und - so bequem das auch ist - genau das frustriert. Was soll ich denn noch mit mir anfangen, wenn eh alles geregelt ist, egal was ich mache?

 

...

 

Hach, so ein komplexes Thema. Ich würde gerne mehr dazu schreiben, aber dazu muss ich erst mal meine Gedanken etwas ordnen.

Vielleicht gibt's morgen mehr :)

 

Gruß

Ralle

 

 

 

€dit: Schön, dass MT in den Blogs zwar alle Formatierungselemente (Liste, etc.) anzeigt, sie aber nicht umsetzt :(

Ich bitte um Entschuldigung, dass das da oben etwas wüst aussieht.

Wed Jan 09 14:31:51 CET 2008    |    rallediebuerste

interessant übrigens auch, dass du offenbar rückwärts durch die Zeit bloggst (siehe Einleitungssatz) :D

Wed Jan 09 15:32:27 CET 2008    |    Druckluftschrauber2011

Chronologisch ordnen ist so Kommerz...

Ich entferne mich da lieber vom mainstream :D

Wed Jan 09 16:34:39 CET 2008    |    Druckluftschrauber2011

Zitat:

Private Sicherheitsfirmen übernehmen z.T. Polizeitätigkeiten (also nicht Mörder-Ermitteln, aber Streifegehen und so was):

 

Sicher wesentlich günstiger... aber wohl auch schlechter qualifiziert. Außerdem sollten hoheitliche Aufgaben meiner Meinung nach beim Staat bleiben.

Die Qualifikation ist oft wirklich katastrophal. Um dort tätig zu sein benötigt man lediglich eine Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe nach § 34a Gewerbeordnung.

Sprich ca. 4 Wochen Schulung in Vollzeit, um die Prüfung zu bestehen. Vermitteltes und nützliches Wissen strebt gegen 0.

Abschreckeffekt ja. Aber die Leute könnten sich eben auch schnell in Gefahr bringen und die Hemmschwelle nen popligen Sicherheitsfutzi anzugreifen ist sicher niedriger als einen Polizisten.

Zitat:

Überwachungskameras mit Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen, Mautdatenerfassung zur Verbrechensbekämpfung, Vorratsdatenspeicherung, Biometrische Daten in Ausweispapieren etc pp

Alles kein Problem, wenn man genügend Angst in der Öffentlichkeit schürt. Angstvolle Menschen sind gefügiger als Personen, die sich sicher fühlen. Mit Panikmache kann man viel erreichen!

Wenn Freiheit zu einer Illusion wird...

Zitat:

Ich bekomme alles Denken abgenommen, und wenn ich mal selbst denke bekomme ich auch noch Probleme.

Dem kann ich nur zustimmen. Andersdenkende werden oft merkwürdig angeschaut. Keiner will unbequeme Wahrheiten hören.

Man vertraut blind auf das, was einem täglich gepredigt wird. Wenn einseitig berichtet wird, dann glaubt man es halt irgendwann.

 

Ich werde mich dann morgen weiter zu dem Thema auslassen. Leider fehlt mir jetzt dir Zeit :(

Wed Jan 09 20:18:50 CET 2008    |    Achsmanschette51801

Schwieriges Thema. Gut, daß es angesprochen wird.

Das Problem ist (mal wieder) die teils auch politisch gewollte Panikmache auf der einen und zunehmende Perspektivlosigkeit der Leute auf der anderen Seite.

Abhilfe sehe ich keinesfalls in Verschärfung von wasauchimmer, sondern nur in besserer (Aus-)Bildung.

 

Die nächsten Tage (wenn es mir gesundheitlich besser geht) werde ich mich auch noch tiefgreifender zu der Problematik äußern.

Wed Jan 09 21:38:24 CET 2008    |    Druckluftschrauber2011

Dann sage ich ersteinmal gute Besserung meehster :)

Wed Jan 09 22:04:42 CET 2008    |    Achsmanschette51801

Dankeschön! Es sind zum Glück nur noch die Reste einer Magen-/Darm-Grippe. Spätestens am Wochenende bin ich wieder auf dem Damm.

Thu Jan 10 17:15:03 CET 2008    |    Druckluftschrauber2011

Schaut mal

 

Da weiß man ja schon fast nicht mehr, was man sagen soll.

Ein in meinen Augen sehr guter Artikel!

Fri Jan 11 13:02:25 CET 2008    |    Schattenparker8132

Sehr guter Artikel, ebenso dein Blog...Es ist wahnsinn, wie die CDU mal wieder (!!!) auf Stimmenjagd am rechten Rand der Bevölkerung geht. Das da noch nicht der grosse Aufschrei durchs Land geht, ist zwar scahde, aber in Ansicht der Tatsache, das die CDU/CSU ja das bräunnliche Gedankengut hoffähgig macht, nicht weiter verwunnderlich.

Ich bin aber froh, das ich mit meinen Ansichten nicht weiter auf verlorenen Posten hier stehe, und es och klar denkende Mitmenschen gibt. Dazu möchte ich auch gerne auf meinen Blog verweisen (Score 12's Blog ), in dem ich das Thema speiziell auf ein Vorkomnis hier auf MT beziehe.

 

Score12

p.s. Ich finde, die Blogs bieten eine sehr gute Diskussionsplattform auch für solch wichtige Themen, gerade auch mit den Menschen , mit denen wir es virtuell eigentlich täglich zu tun haben.

Wed Apr 22 15:49:51 CEST 2009    |    Trackback

Kommentiert auf: Halbgott:

 

Hart, Härter, Aushilfslehrer in England

 

[...] Respektlosigkeit mündete bisher darin, dass es drastische Strafen gab. Doch da wir ja alle lange wissen, dass harte Strafen nichts bringen, geht man jetzt halt einen Schritt weiter.

Man schafft einen neuen Trend der darin endet, dass Aushilfslehrer [...]

 

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Mon Sep 14 09:42:35 CEST 2009    |    Trackback

Kommentiert auf: Halbgott:

 

Was für ein Wochenende: Gewalt, Unkenrufe, Aufschreie und sogar Politik

 

[...] Oder vielleicht doch die populistische Scheiße der CSU nach härteren Strafen. Wobei denen sogar klar, dass es nix bringt. Aber das Thema gab es ja schon einmal bei mir.

 

Die friedliche Demonstration „Freiheit statt Angst“ an der Uhu und ich zusammen [...]

 

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Deine Antwort auf "Kriminalitätsbereitschaft bei Jugendlichen und dessen Bestrafung."