Fri Jun 11 16:10:25 CEST 2010 | MartinSHL | Kommentare (9)
Nachdem wir nun in Teil 4 die ersten "Offroad-Erfahrungen" sammeln konnten, geht es jetzt erstmal wieder auf geteerten Straßen - dennoch mindestens genauso menschenleer - weiter Richtung Norden nach Broome. Erneut über 3.000km. Warum auch immer, rückblickend leicht ärgerlich, haben wir einen Teil der Strecke leider im Schnellflug abgewickelt. Dadurch gingen uns einige interessante Nationalparks abseits der Strecke durch die Lappen, so z.B. der Kalbarri NP. Dennoch gab es auch so viel zu sehen und zu erleben.
An Board sind wir nun zu Dritt, neben Daniel und mir begleitet uns Fiona aus London. Nach der letzten größeren Stadt Geraldton ging es nun erstmal Richtung Monkey Mia, einem Resort, wo man vom Strand aus Delphine beobachten konnte. Auf dem Weg dahin lag noch "Shell Beach", wie der Name schon sagt ein Strand, der nur aus Muscheln besteht. Nicht nur ein paar, sondern Milliarden davon, im Laufe der Evolution fast zu Sand zerwaschen, aber so blendend weiß, dass es schon fast unerträglich ist.
Ebenfalls ein Highlight auf dem Weg waren die Stromatolithen ....die allererste Lebensform auf unserem Planeten. Hat schon etwas, seinen Ururururururur....vorfahren zu begegenen. Überall stiegen Luftblasen aus dem Wasser auf, da diese Lebensform Sauerstoff produziert.
Ein weiterer Stopp führte uns dann zu den sogenannten Blowholes....nein, das ist nichts unanständiges.... dafür aber etwas extrem faszinierendes. Hier mal ein Video, damit man einen Eindruck bekommt, wie sowas in etwa ausschaut. (Ist nicht mein eigenes, sondern nur ein auf youtube gefundenes).
Hierbei wird durch unter der Wasseroberfläche liegende Höhlensysteme Meerwasser hereingedrückt und dann trichterförmig durch eine sich immer weiter verengende Öffnung wieder herausgepresst. Unglaubliches Spektakal und sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Unter günstigen Bedingungen sind hier Fontänen mit bis zu 60m Höhe möglich!
Weiter ging es nach Coral Bay und Exmouth, von wo man perfekte Tauch- und Schnorchelausflüge entlang des Ningaloo Reef machen kann. Dies ist quasi das Gegenstück zum Great Barrier Reef an der Ostküste Australiens, jedoch nicht ganz so überlaufen. Und einmalig hier ist die hohe Dichte an Walen, die jedes Frühjahr vorbeizieht. Solch einen atemberaubenden Tauchgang mit einem Wal habe ich dann auf meiner zweiten Australienreise gemacht, daher werde ich später nochmal auf das Thema eingehen.
Wie immer gab es unterwegs auch skurille - zumindest für uns Europäer seltsame - Dinge zu sehen wie den hier gezeigten "kleinen" Minen-LKW. Ein ausgewachsener Mensch reicht übrigens in etwa bis auf Höhe Unterkante Felge.
Ebenso sicher wie ein Uhrwerk kam auch Daniel mal wieder auf eine haarsträubende Idee....als leidenschaftlicher Angler und Möchtegern-Abenteurer bestand er darauf kurz nach Port Hedland am "80 Mile Beach" ausgesetzt zu werden. Entfernung von hier aus rund 350km bis zu unserem Zielort Broome.... Den Rest der Strecke wollte er trampen und sich unterwegs von gefangenem Fisch ernähren. Nunja, wenn er es denn so will, von mir aus. Hatte ich endlich mal ein paar Tage Ruhe. Nach seiner Ankunft, die er für ca. 3 Tage später geplant hatte, wollte er sich per Handy wieder bei mir melden, damit ich ihn am Ortseingang abholen kann.
Es kam jedoch wie es kommen musste; nach rund 200km merkte ich, dass sein Handy bei mir im Auto lag. Der Kerl war anstrengender als ein Kleinkind, ständig musste man aufpassen, dass er nicht in neue Schwierigkeiten geriet. Nungut, also noch ein paar Tage mehr Ruhe vor ihm. Nach 5 Tagen fing ich dann an, systematisch alle Pubs in Broome nach Daniel abzugrasen und siehe da, ich wurde auch recht schnell fündig. *hicks* Stark torkelnd holte ich ihn gegen 11Uhr in der früh dort raus und erfuhr, dass er die Nacht auf dem Rasen einer Tankstelle verbracht hatte, bis er gegen 5Uhr morgens nass bis auf die Knochen Dank Rasensprängler erwachte und sich daraufhin in den Pub begab. *ohne Worte*
Broome ist "the Holiday-Town of Australia". Die Strände zählen zu den schönsten weltweit, das Wasser hat Badewannentemperatur und ist absolut sauber. Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten, daher folgten 6 traumhaft schöne Wochen unter Palmen. Auch mein 25. Geburtstag wurde ausgiebig am Strand gefeiert. Ein Ort, an den ich jederzeit wieder zurückkehren würde.
Quartier bezogen wir auf einem Campingplatz direkt gegenüber des berühmten "Cable Beach" und somit auch in unmittelbarer Nähe unseres neuen Arbeitgebers, dem teuersten Hotel am Platze, wo wir nun angestellt waren. Ja ich hatte es endlich geschafft....den Traum, den jeder in seinem Leben hat: vom Banker zum Tellerwäscher....! (oder war der Spruch doch irgendwie leicht anders? )
Sorgloser konnte das Leben echt nicht sein....früh um 10 Uhr ausm Zelt kriechen....direkt an Strand und bis 16 Uhr in der Sonne gebraten, dann direkt vom Strand ins Hotel und die Spätschicht bis nachts 1Uhr gemacht, zurück ins Zelt, 10Uhr wieder Strand.... tagein-tagaus. Im Radio lief "SchnieSchnaSchnappi"....ein vollkommen verblödeter deutscher Song, der es in Australien auf Platz 1 der Charts schaffte.....vermutlich dachten die Aussies, als sie im Lied etwas von "Krokodil" hörten, dass es sich um einen neuen Nationalsong handeln würde.
Aber wie bereits im vorherigen Teil angekündigt, Sicherheitsstandards sind nicht immer die höchsten und ich stellte meinen Körper erneut "freiwillig" auf die Probe mit einer Reinigungschemikalie. Zum säubern der Küche wurde eine grüne Flüssigkeit mit der Beschriftung "Acid" (=Säure) genommen, hiervon reichten wenige Tropfen auf einen 20L Eimer aus, um eine mehr als ausreichende Reinigungskraft zu erzielen. Dummerweise verkippte ich solch eine Flasche und der Inhalt ergoss sich mir über den rechten Unterschenkel, an welchem ich zu diesem Zeitpunkt mehrere Mückenstiche hatte. Diese lösten sich in Null-komma-Nix auf....und hinterließen fingernagelkopfgroße Löcher in der Haut. In den folgenden Tagen brannte sich das immer weiter durchs Fleisch. Ob das baden im salzhaltigen Meerwasser nun positiv oder negativ wirkte, kann ich als Nichtmediziner nicht beurteilen, die Schmerzen waren riesig, aber nach ca. einer Woche stoppte es, seither habe ich am rechten Fuß an den Stellen noch immer deutlich sichtbare Narben.
Achja....und jetzt weiss ich auch, was der Spruch "Wer anderen eine Grube gräbt..." bedeutet. Daniel fand es ganz witzig - um Eindruck bei den vielen englischen Damen zu schinden - ein riesen Loch am Strand zu graben, in welches ich mich dann hineinstellen sollte um wieder zugeschüttet zu werden. Nunja, nachdem man mir dann eine Grube grub, wollten plötzlich alle mit mir ein Foto und Daniel zog schmollend ab.^^ Auf dem ersten Foto nachstehend links unten bin ich der braungebrannte Typ ganz hinten auf der sandbank, da war ich gerade mal 2 Wochen am Strand....es folgten noch weitere rund 5 Wochen...man kann sich also vorstellen, wie herrlich braun ich anschließend war.
An einem freien Wochenende machten wir uns dann auf Richtung Norden entlang der Halbinsel "Cape Leveque", um mal wieder dem "Großstadtleben" zu entfliehen. War mal wieder ein klein bisschen Outbackfeeling und ich habe ein paar Lektionen hinsichtlich Fahren+Outback+Daniel gelernt. Zum Einen ist es wichtig, keine weißen Klamotten zu tragen, denn die wurden nie wieder so richtig weiß, egal wie oft ich die danach noch gewaschen habe. Zum anderen.....friedlich den Heimweg angetreten und nichts schlimmes ahnend...schrie Daniel plötzlich wie am Spieß "Stopp!!! Unbedingt anhalten!!!". Nach meiner heldenhaften Bremsung auf losem Untergrund sprang er ausm Auto, lief zum Kofferraum, packte sich ein Sixpack Bier und setzte sich wieder ins Auto, ich könne jetzt weiterfahren. Ähm....ja....WTF?!?!?!
Auch traf ich direkt am Strand einen alten Bekannten von mir: Dorie stand da plötzlich....der Zustand war noch ein bisschen schlimmer im Vergleich zu dem, wie ich den Wagen vorher verkauft hatte. Ich knipste ein letztmaliges Abschiedsfoto und war froh, wieder in meinen Lanny einsteigen zu können um den nächsten aufregenden Abenteuer entgegenzufahren... |
Fri Jun 11 16:43:05 CEST 2010 | Lewellyn
Hmm, was wäre wohl passiert, wenn Du mal in einer Mine mit Sprengstoff hättest hantieren müssen?
Wahrscheinlich hätten wir hier nicht so unterhaltsame Reiseberichte lesen können...
Fri Jun 11 17:33:30 CEST 2010 | Dellenzaehler
Du bist aber auch ein Tollpatsch.....
Naja... das Glück ist ja bekanntlich mit die Doofen...
Aber jetzt mal im Ernst Martin:
Wenn du irgendwann einmal im Rollatror vom Zimmer im Altenheim in den Essensraum wanderst um mit der Schabeltase dein Süppchen zu trinken, dann wirst du noch von diesem Abenteuer zehren und träumen.
Etwas, wofür dich bestimmt ganz viele Menschen (ich auch) beneiden.
Gruß
Delle
Fri Jun 11 22:21:05 CEST 2010 | Dr Seltsam
Immer wieder genial zu lesen
Das das Meerwasser so gebrannt hat ist klar, dass "salzen" von offnen Wunden war und ist eine beliebte Foltermethode. Es heißt ja nicht umsonst auch noch "salz in offne Wunden reiben". Wobei das "Acid" sicher schon gute vorarbeit geleistet hat
Aber man, ich will auch nach Australien
Fri Jun 11 22:53:12 CEST 2010 | MartinSHL
Hehe....das war zum glück der letzte unfall dieser art....ab jetzt hab ich mich von Chemikalien ferngehalten und mich mit Krokodilen und Haien angelegt...
die waren berechenbarer als meine ungeschicktheit.^^
Sat Jun 12 03:08:16 CEST 2010 | TooT-217
Geile Geschichte
*neid*
Bis mitte 20 hab ich noch 4 Jahre, mal gucken wo es mich noch hin verschlägt
Sat Jun 12 16:56:08 CEST 2010 | mk1290
Wie immer ein sehr interessanter und lesenswerter Reisebericht
Nach meinem Studium habe ich auch vor unserem Deutschland für ein Jahr ade zu sagen und mich auf den Weg nach Australien zu machen. Wer weiß, vllt. kann ich dann ja auch über solche Geschichten berichten wie du
Naja, mach auf jeden Fall weiter mit deinen Berichten, freu mich schon auf den Nächsten
Sat Jun 12 20:17:40 CEST 2010 | MartinSHL
keine angst, da kommen noch ein paar berichte meinerseits.
wenn ichs jetzt mal so im kopf überschlage, mindestens noch 4 oder 5 Stück.
Tue Jun 15 10:26:54 CEST 2010 | MaCaddyGyver
Wer auch immer die Möglichkeit hat, mal ein paar Wochen (oder länger) Australien zu besuchen, der sollte es unbedingt tun.
Ich beneide dich auf jeden Fall. 6 Wochen Australien waren zu wenig.
Wed Jun 16 15:10:12 CEST 2010 | MartinSHL
Wenn er nicht gefressen wurde, dann bloggt er weiterhin recht fleißig: Teil 6 ist da!
Deine Antwort auf "Teil 5: saufende Mitfahrer und neue Chemie-Experimente"