Thu Jan 13 21:03:34 CET 2011 | Rotherbach | Kommentare (1) | Stichworte: Capri, Ford, GECP
Mit dem Capri versuchte Ford - sehr erfolgreich - in Europa den Erfolg des Mustangs zu widerholen. Der Capri wurde von Ford 1968 eingeführt und 1974 durch den Capri II abgelöst. Der Capri II sollte in seiner Urform jedoch nur eine Lebensdauer von knapp 4 Jahren haben. Die Formensprache des Capri II entsprach schneller, als von Ford geplant und vermutet, nicht mehr dem Massengeschmack. So kam das Facelift bereits 1978 auf den Markt und geriet so umfangreich, das sogar Ford von einem neuen Modell sprach. Das zuerst nicht angetastete Motorenprogramm wurde 1981 ebenfalls überarbeitet. Als Topmodell wurde der 2.8i mit 160 PS lanciert. Nur bei ausgewählten Händlern gab es zusätzlich einen 2.8L Turbo, der allerdings kaum eine Rolle auf dem Markt spielen sollte.
Autos wie den Capri sieht man heutzutage kaum mehr. Der Capri stellt einen Anachronismus dar. Er ist komplett anders, als die meisten heutigen Autos. Egal ob man sich dem Capri von der Seite oder von vorne nähert, er wirkt kräftig, ungehobelt und wenig feinfühlig. Er erzählt uns von hart arbeitenden und schwitzenden Kerlen in Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen und anderen Industriezentren. Der Capri ist Testosteron – dies wird durch schwarz lackierte Stoßstangen, Doppelscheinwerfer, einer Powerhutze und einem „bösen Blick“ ab Werk deutlich gemacht. Allerdings sollte man sich niemals – außer man muss den Capri beladen – das Heck ansehen. Weder Rückleuchten, noch Linienführung oder Auspuffanlage verströmen irgendetwas hier scheint es kein Konzept mehr gegeben zu haben. Die Auspuffendstücke könnte man auch am Fiesta finden, den Rest auch an einem schnöden Escort.
Zum Glück hatte man im Innenraum bei Ford noch Spaß an der Sache und genug Geld. Die Orgie in Schwarz setzt sich hier – bis auf vielleicht in den Sitzen, die auch mal in 70er oder 80er Jahre Schockfarben gestaltet sein können – fort, gerne auch mal in Kombination mit billig wirkendem Kunstleder. Einzige farbliche Entlastung für das Auge sind die orangenen Zeiger. Wie auch außen – gibt es auch innen einen stilistischen Totalausfall, wer bitte hat die Analoguhr im Stil einer Mulinette freigegeben? Die Stoffsitze des Capris sind bequem und bieten guten Seitenhalt. Eine Gemeinsamkeit mit modernen Autos besitzt der Capri allerdings und das ist seine überaus miserable Sicht zum Heckabschluss des Autos, dieses ist wie auch bei den meisten modernen Autos schlicht und einfach unsichtbar.
Der Capri 2.8 wird von einem klassischen und überaus kultiviert arbeitenden V6 Motor befeuert. Das der Motor nicht nur den Capri, sondern auch den Granada antreiben musste bemerkt man sofort. Der Motor ist überaus leise, unaufdringlich und läuft sehr unangestrengt, direkt nach dem Starten verhält der Motor in einen stabilen und ruhigen Leerlauf. Ups! Das würde man so eigentlich nicht erwarten. Der Sound könnte – nein eigentlich müsste er kerniger und sportlicher sein. Neben der schon erwähnten billigen Erscheinung dürfte dies ein weiterer Grund sein, weshalb es vermutlich keinen einzigen Ford Capri gibt, unter dem keine Sportauspuffanlage hängt. Zuerst gab es für den Capri übrigens nur ein 4 Gang Getriebe, das 5 Gang Getriebe kam erst recht spät als Option dazu. Doch ob 4 oder 5 Gänge ist eigentlich unwesentlich, der Motor schiebt schon kurz oberhalb der Leerlaufdrehzahl stark an. Er ist überaus elastisch und kräftig. Erst ab 3500-4000/min. grummelt und faucht es ein wenig. Obwohl der V6 ein altertümliches Graugussmonster ist produziert man eben keinen ungebührlichen Krach, ungebührlich nein eher erschreckend ist allerdings der Durst des Capris – 15 und selbst 17L auf 100 km stellen für den Capri gar kein Problem dar.
Mit dem Capri zu fahren ist eine Mischung aus Horror, Faszination und wirklich harter Arbeit. Das Fahrwerk und der Antrieb sind mit dem Motor in jeder Lebenslage überfordert. Die hintere Starrachse mit Blattfedern keilt schon bei moderatem Leistungsabruf aus, als ob eine Horde wilder Mustangs im Kofferraum galoppieren würde. Außerdem ist der Capri 2.8 ein hemmungsloser Übersteurer, für den geübten Fahrer ist das auf trockener Straße ein Freudenquell. Doch spätestens bei Feuchtigkeit wird ein ungeübter Fahrer komplett überfordert sein und auch ein geübter Fahrer sollte den Capri dann mit Vorsicht genießen. Kurze Fahrbahnstöße werden erst gar nicht gedämpft sondern stumpf an die Insassen weitergegeben. Die Servolenkung ist derart Gefühls- und Rückmeldungsarm das man als Fahrer meinen könnte in einem Eimer mit Honig rumzudrehen.
Der Capri ist definitiv kein leicht zu fahrendes Auto, doch gerade dies macht einen Teil des Reiz aus solch ein Auto zu fahren. Der Capri ist ein Macho mit vielen Unzulänglichkeiten und verlangt einen wachen, einen zupackenden und starken Fahrer, wer nur spielen will sollte die Finger von diesem Auto lassen. Nach einer sportlichen Fahrt steigt man vielleicht verschwitzt aus dem Capri aus – doch man weiß ganz genau was man geleistet hat und kann mit Stolz auf die Fahrt zurückblicken. |
Wed Apr 03 21:45:59 CEST 2013 | Trackback
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