Sat Mar 13 11:36:20 CET 2010 | scion | Kommentare (22)
Ich bin Jahrgang 1967 und habe meine Kindheit und Jugend in der DDR verbracht.Nach Abitur und Wehrdienst, habe ich dann in einer Trabantwerkstatt gearbeitet. Auch bei uns war der Wunsch nach Mobilität sehr ausgeprägt. Das es viel weniger Autos gab, als hierzulande, lag nicht daran, das die Leute kein Geld hatten, sondern das es schlichtweg zu wenig Autos gab. Zum einen wurden die Autos sehr lange in erster Hand gefahren und auf Grund mangelnder Qualität, mehr fach überholt. Ein Trabi-Motor hielt teilweise nur 60.000 km, aber diesen Motor grundüberholen oder ein Tauschmotor, waren vergleichsweise günstig. Die Vorderachse musste man fast einmal im Jahr überholen lassen, was auch am schlechten Zustand der Straßen lag. Zum anderen war der Gebrauchtwagenmarkt, eine wichtige Quelle, um an einen fahrbaren Untersatz zu kommen. Dabei gab es Zeitungsanzeigen, wie in der Zeitung "Wochenpost" oder auch sogenannte "Automärkte", in Großstädten. Dort wurden dann Autos, jeglichen Alters und Zustand, zu Rekordpreisen verhökert. Meine Eltern haben 1983 auf dem Automarkt in Leipzig, einen Trabant 601 Kombi Bj.1977 für 11.000 Mark (ost) gekauft, quasi zum Neupreis! Vom Hörensagen wußte ich, das für VW Golf oder gute Lada, teilweise bis 60.000 Mark und mehr, geboten wurden. Wie gesagt, Geld war da, nur die Autos nicht. Handwerksmeister ließen sich nicht selten auch in DM bezahlen.
Volksmotorisierung waren zudem Kleinkraft-und Krafträder. Eine "Schwalbe" oder ein Simson S50/51 hatte fast jeder und sie waren billig im Unterhalb und sehr reparaturfreundlich. Das war für uns Jugendliche ab 15, die Erfüllung eines Traumes. Mein S51 electronic kostete damals 1995.- Mark und war sofort zu haben, wenn vorrätig. Immerhin fuhr man damit 60 km/h oder auch mehr. Mit 16 machten wir dann den Motorradschein. Meine MZ ETZ 250 kostete 4700.- Mark und war auch ohne große Wartezeiten zu haben. Bei Autos sah das ganz anders aus. Die musste man bestellen, in zentralen Bestellbüros und dann musste man warten, bis man eine Benachrichtigung bekam. Meine Eltern haben ihren Trabant Kombi 1979 bestellt und bis zur Wende 1989 nicht bekommen. Einen gebrauchten Trabant konnte man schon eher und bezahlbar bekommen. Mein erster, ein P500 Bj.61 kostete 2500.- Mark und hielt nicht lange. Der 2. war ein 601 Kombi Bj.67 für 5000.- Mark. Der war schon restlos fertig.Ich hab aber dann schon in der Werkstatt gearbeitet und konnte den wieder neu aufgebauen. Bis 1991 habe ich den noch gefahren. Etwas mehr Auto, als der Trabi, war der Skoda S100. 4 Türen und 4 Taktmotor, aber durch Heckmotor/Heckantrieb heikles Fahrverhalten. Neu lag der so bei 16000.- Mark, also weit unter dem Wartburg und war daher eine Alternative. Der Wartburg 353/später 1.3 war schon ein großes und begehrtes Auto und lag weit über 20.000 Mark. Auch gebraucht erzielte er noch hohe Preise, vermittelte er doch schon etwas Prestige. Mein damaliger Chef hat 17 Jahre auf einen neuen gewartet und der kam Ende 1989, als ihn keiner mehr wollte. Moderneres Design, boten damals der Skoda 105/120 LS und der Dacia 1300/1310 Lizenz Renault12. Beim Dacia war man immer gut beraten, einen Zweitwagen zu besitzen, da der Dacia meist in der Werkstatt stand. Über allem stand dann ein LADA. 1500er/1600er später 2104/2107 waren schon Traumwagen, schwer zu bekommen und um 30.000.- Mark teuer. Dabei waren das auch nur FIAT 124 Nachbauten aus der 60er Jahren. Andere sowjetische Automobile, wie Moskvich oder Wolga, waren nicht so verbreitet und wurden oftmals an Betriebe und als Taxi veteilt. Auch an einen Golf 1, Mazda 323 oder Volvo 244, die in Kontingenten zu 10.000 Stück importiert wurden, war schwer heranzukommen. Diese wurden an verdiente Funktionäre oder Künstler verteilt und erzielten auf dem Automarkt Rekordsummen. Über die Handelsgesellschaft GENEX konnten Bürger der BRD, ihren Verwandten aus der DDR, unter anderem auch Autos kaufen. Ob Trabant, Wartburg, Ford Orion oder Fiat Uno.... es gab da eine gewisse Auswahl. Der DDR-Bulli Barkas B1000, wurde meist von Betrieben und Gewerbetreibenden genutzt und selten von privat. Kurz vor Ende der DDR, kamen 2 Modelle auf dem Markt, die vom Design und der Motorisierung, schon eher den Anschein eines modernen Kleinwagens hatten. Das war 1984 der Lada Samara und 1987 der Skoda Favorit. Stückzahlmäßig spielten sie zu Zeiten der DDR keine große Rolle. |
Sat Mar 13 12:13:10 CET 2010 | Multimeter5539
Dankeschön für die Rückblende in meine Jugend. Ich bin 1972 in der DDR geboren und kann mich teilweise noch sehr gut an diese Fahrzeuge erinnern, obwohl ich selbst nie eins davon besessen oder selbst gefahren habe.
Nochmals Danke
Sven
Sat Mar 13 12:15:55 CET 2010 | qniss
schön geschrieben, aber der abgebildete Wartburg ist ein 1.3 und kein 353. Den Trabant 1.1 hast du auch vergessen, ebenso die kleinen Mopeds wie Star, Habicht und co. Da hab ich aber auch keine Ahnung von.
Sat Mar 13 12:45:33 CET 2010 | Hoppels18t
Tolle Bilder davon kenne ich noch einige aus meiner Kindheit!
Sat Mar 13 12:50:03 CET 2010 | Batterietester31465
@qniss, nein, das ist ein Wartburg 353 (facelift), ich hatte selbst einen. der 1.3er sieht so aus: www.stephanw.net/wartburg1.3.jpg
Sat Mar 13 12:53:13 CET 2010 | qniss
asche auf mein haupt. trotzdem sieht der typische 353 so aus.
Sat Mar 13 12:58:39 CET 2010 | Spiralschlauch31838
ich hab mir letztes jahr ne schwalbe gekauft
und mein opa hat noch nen himmelblauen barkass pritschenwagen bei sich stehen
Sat Mar 13 13:42:47 CET 2010 | tino27
Schöner Abriß durch deine Autohistorie.
Ich war auch nur Kind in der DDR, aber kann mich an viele Autos errinnern. Ich glaub, wir hatten damals einen Wartburg 311 oder 312 - da müsst ich meinen Vater noch mal fragen, aber ich kann mich gan genau an die runden Formen errinnern. Später hatten wir einen Skoda 120 oder 130. Kann mich da an den Heckmotor errinnern und dass das Ding mehr stand, als fuhr.
Mein einer Opa hatte einen Moskwitsch 2140, an den ich mich mit Grauen errinner. Der hatte so gelbe Kunstledersitze mit einer seltsamen Noppenstruktur oder sowas in der Art. Bei Hitze im Sommer haben die Dinger extrem ausgedünstet, so das mir jedes Mal schlecht wurde und ich einige Mal in die Kiste gekotzt habe.
Mein anderer Opa hatte einen Trabi Kombi in grün. Da konnte man immer so schön von der Rückbank aus in den Kofferraum springen. Ich errinner mich noch genau, wie ich immer auf die Dioden neben dem Tacho geschaut habe. War das Drehzahl?
Meine Tante hatte einen Wartburg 353. Damit stand man schon ziemlich gut da. Ich weiß noch, dass wir bei großen Reisen alle im Wartburg fahren wollten, da einfach mehr Platz war und man etwas "cooler" war.
Naja und die Mopeds sind bis heute genial.
Wenn ich hier diese 45km/h-Roller seh, greif ich mir an den Kopf. Die sind mehr Gefahr für die Jugendlichen. Im Osten fährt dagegen fast jeder 16-Jährige noch heute S51. Die Dinger sind nicht kaputt zu bekommen und schaffen echte 60. Sind auch oft getunt und kommen bis 100.
Namen wie ETZ und TS stehen noch heute für gute Motorräder.
Die Errinnerungen werden wohl ewig halten und einige heutige Autos überleben.
Sat Mar 13 14:04:54 CET 2010 | Spiralschlauch31838
bei uns gibts auch s51 mit 120+.....das hat dan aber nichmehr viel mit dem grundmodell zutun
ich bin 88 erst geboren daher kann ich dazu nich viel sagen.ich weiss nur das meine oma nen wartburg 353 hatte (gestern erst einen gesehen mit H-kennzeichen) und meine eltern nen schwarzen lada-kombi
Sat Mar 13 14:05:59 CET 2010 | emil2267
als geborener karl-marx-städter muss ich aber noch was nachreichen,denn wenn der barkas dabei is,darf auch sein frankenberger vorfahre,der framo V901 net fehlen
im hinterhof eines nachbarhauses konnt ich als kleiner junge nen berliner roller beim vergammeln zu schauen,mein vater hatte nen grauen star im schuppen rumstehen,die simson duo`s fand ich schon immer lustig
nen onkel von mir fuhr (was mir am meisten in erinnerung blieb) nen lada & den fiat 1500 in der exlusiven wurstfingerversion
meine mutter machte erst nach der wende den führerschein & neben dem rekord E caravan & zuletzt omega A ausm fuhrpark ihres damaligen arbeitgebers fuhr sie noch verschiedene trabanten,einen W353 (so wie er typisch aussah,kieselgrau mit orangenen dach,stossstangen & alugrill ) & nen geschenkten skoda 135L,der immer den auspuff verloren hat & unter dessen "motorhaube" platz für 3 kinder zum verstecken war
hab mich selber zum anfang meiner autofahrerkarriere ab 1998 auch mit paar trabbis rumgeschlagen,u.a. mit nem delphingrauen 71`er universal hycomat,der mit hörnerlosen chromstossstangen,vorn mit ner tieferlegungs-,hinten mit neuer originalfeder & schwarzroten stahlfelgen mit nachgezogenen goodyear-reifen auf wildwest-optik getrimmt wurde
wenn mich mein oller audi 90 net mehr bockt,leg ich mir bestimmt auch wieder einen zu
Sat Mar 13 14:36:44 CET 2010 | 2xPapa
Was heisst hier:" jeder 16jährige"? Ich bin 35 und freue mich auf die Saison. hab mein S50 erst wieder general überholt. Dafür gibt es noch alle Teile Neu zu kaufen.
Schaut Euch mal diese 4 Filme an.
Schade das es den Film nicht auf deutsch gibt. Aber Bilder sagen mehr als tausend Worte. Echt gruselig.
Sat Mar 13 14:46:54 CET 2010 | emil2267
soviel anders als heut is es doch gar net
http://www.motor-talk.de/.../wie-man-kleinwagen-baut-e-t2447363.html
ps.: sauerei,war eines von schwer zu findenden deutschen filmchen über trabbiproduktion
Sat Mar 13 14:53:00 CET 2010 | scion
Der Trabant 1.1 kam ja erst 1990 auf den Markt und spielte stückzahlmäßig keine Rolle.
Sicher gab es noch viele Fahrzeuge mehr, die Trabi 500/600, Wartburg 311/312/313, Skoda 1000MB/Octavia/Felicia, Shiguli, Saporoshez, Zastava, PolskiFiat usw. Simson Vogelreihe,AWO ;MZ ES, ETS, TS, JAWA; die "SUV" GAS, UAS, ARO..... aber alles aufzuzählen führt zu weit.
Schön wenn ihr euch daran erinnert.
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Sat Mar 13 16:15:35 CET 2010 | yooman
Die Aussagen zum Dacia sind falsch. Wir hatten 20 Jahre lang in zeitlicher Reihenfolge Dacis 1300, 1310 und 1310TX. Werkstattaufenthalte (ausser Durchsicht) gab es lediglich einmal mein 1310 wo eine Antriebswelle gewechselt wurde. Ansonsten Super Autos, wenn auch ein wenig weich gefedert. Kein Vergleich zu einem Wartburg 353. Motor und Fahrwerk um Welten besser und die Starrachsen-Heckschleuder Lada war im Winter auch Geschmackssache.
Sat Mar 13 17:44:27 CET 2010 | Spiralschlauch31838
trabant sieht man immer seltener und wartburg eig garnichtmehr.ich hab zufällierweise gestern seit jahren malwieder einen gesehen
und die preise steigen auch langsam.ich überleg ob ichs wie der schrottplatz ausm nachardorf mache.der bunkert nämlich schon fleissig trabbis
Sat Mar 13 18:19:12 CET 2010 | 2xPapa
Also bei der Werksführung in WOB haben die Mitarbeiter auch den Hammer für die letzen Feineinstellungen benutzt.
Sat Mar 13 18:26:16 CET 2010 | emil2267
den F9 gabs auch noch & da soll mal jemand behaupten,es hätte keine auswahl gegeben
Sat Mar 27 17:07:29 CET 2010 | Michael Gehrt
Ich bin ja auch ein DDR-ler (dort 1971 geboren). Ich kann mich noch daran erinnern, daß unserer Nachbar einen der ultraseltenen Melkus besaß. War immer ein Auflauf, wie als fährt ein Ferrari vom Hof.
Meine Fahrzeugkarriere fing auch im Gros mit DDR-Fahrzeugen an: Geübt auf einem Trabant, während der Führerscheinausbildung Trabant gefahren (bis ihn ein Mitschüler geerdet hat), Prüfung und Fahrstunden dann auf Fiat Tipo und Seat Ibiza als einzige westliche Einflüsse damals. Und nach dem Bestehen des Führerscheins nach Mindeststundenzahl+1 dank Trabantschaden waren die ersten beiden Autos die ich hatte 2 Wartburg 353.
PS: Mein Onkel fuhr jahrzehntelang einen F8 und F9. Konnte mich noch in meiner sehr frühen Kindheit an die Exemplare erinnern. Ab Mitte/Ende der 70er hatte er diese dann nicht mehr (leider).
Auswahl gabs ja. Hab ja noch 1989 im Frühjahr eine Bestellung aufgegeben. Hatte die Wahl zwischen Trabant als Limo/Kombi in Normal/deluxe, Wartburg 353 Limo/Kombi, Lada in diversen Versionen, Skoda und sogar Wolga. Aus Rumänien gabs auch den Dacia.
Was halt fehlte war bis auf die rare Marke Melkus ein Sportwagen. Und einer der entsprechend motorisiert war. Das war aber sozialistischerseits nicht gewollt. Beim Melkus war mit etwas Nachhilfe bei knapp unter 100 PS Schluß.
Sun Mar 28 10:04:08 CEST 2010 | scion
Bei uns im Häuserblock, fuhr einer einen Skoda S 110 R in orange, das war ja immerhin ein Sportcoupé, wenn auch selten zu sehen. Das Coupé vom Wartburg 311, der 313 war seiner Zeit, ein sehr elegantes Automobil.
Die Ingenieure im Osten, waren ja auch nicht dümmer, nur die Funktionäre waren so borniert.
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Sun Apr 04 12:27:56 CEST 2010 | Michael Gehrt
Eben. Genau die Bornhiertheit der "alten Knacker" ließ vielversprechene Prototypen nicht zur Serie reifen. Damals gabs auch im Osten einen vergleichbaren Wagen wie den VW Golf. Er hats leider nur nicht über die parteipolitische Hürde geschafft. Wie so viele andere Projekte.
Thu Sep 30 19:14:17 CEST 2010 | Trackback
Kommentiert auf: andyrx:
der Trabant/Trabbi & Co--> die Bestände lichten sich....
[...] z. B. einen Lada.
...welche Mittelschicht?
Hier mal ein Artikel aus meinem Blog zur DDR Autoszene:
http://www.motor-talk.de/.../...toszene-aus-meiner-sicht-t2613986.html
Skoda ist dank VW erfolgreich und Dacia und Lada haben auch überlebt.
[...]
Artikel lesen ...
Fri Oct 01 05:10:43 CEST 2010 | GT-Liebhaber
Das flackernde Instrument im Trabant war der "Verbrauchshinweis" oder Econometer oder wie auch immer. Der sollte dir anzeigen, wann du umweltschonend fährst. Hatte der 88er von meinem Opa auch, beim 89er Kombi von meiner Mutter weiß ich das gar nicht mehr.
Tue Jan 08 08:27:58 CET 2013 | Trackback
Kommentiert auf: Scion's Blog:
Mein Einstieg ins Autofahrerleben
[...] weil hier Interesse aufkommt, an alten Zeiten:
http://www.motor-talk.de/.../...toszene-aus-meiner-sicht-t2613986.html
ein Artikel aus meinen Blog-Anfangszeiten
[...]
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