MOTOR-TALKer frechdach73 fuhr zwei Wochen lang unseren Dauertester, einen Porsche 911 Cabriolet von 2001. Was er mit dem Elfer erlebt hat, lest Ihr hier.
Quelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Berlin – Mit schwarz-rot-goldenen Streifen zum Porsche: Ihr habt den Volvo S80 von MOTOR-TALKer frechdach73 zum schönsten WM-Auto 2014 gekürt. Eigentlich wollte er gar nicht am Gewinnspiel teilnehmen. Gewonnen hat er trotzdem. Sein Preis: Zwei Wochen mit unserem Dauertester, einem Porsche 911 Carrera 4 Cabriolet der Baureihe 996 aus dem Porsche Museum. Michael, so heißt frechdach73 im echten Leben, erzählt, was er in zwei Wochen und rund 3.000 Kilometern erlebt hat. MOTOR-TALKer frechdach73: Zwei Wochen im Porsche 911Das erste Mal in meinem Leben hatte ich mein Auto für eine Fußball-WM mit Folie verziert. Damit zog ich das große Los: Zwei Wochen Porsche fahren sollten es werden, im Herbst 2014. Manchmal nimmt sich die Bürokratie etwas mehr Zeit. Deshalb startete meine Tour ein Jahr später. Quelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Stilgerecht, im Zuge der IAA, wurde mir der Allrad-911er übergeben. Ein wirklich schönes Auto. Eleganter als auf den Fotos, die ich bei MOTOR-TALK gesehen hatte. Beeindruckend. Den darf ich jetzt zwei Wochen fahren und testen? Kurz noch etwas mehr Bürokratie und eine Einweisung, dann saß ich im Wagen. Das sonore Brummen aus dem Heck war fast lauter als die vielleicht wichtigste Anweisung von Constantin: „Fahr ihn nicht kaputt!“ Langsam warm werden, dann schnell genießenEs wurde mittlerweile schon rasch dunkel, als ich den Porsche voller Ehrfurcht in Richtung Heimat bewegte. Neben mir Markus, Kollege und Kumpel. Meine gesamte Aufmerksamkeit galt aber nun dem Wagen. Ich fuhr erstmal gemächlich mit meinem kleinen Renner auf die Autobahn und war wohl eher Verkehrshindernis als wagemutiger Rennfahrer. Aber der Porsche ist so konstruiert, dass man sich rasch darin wohl fühlt. Eine aufkommende Unterhaltung bringt der Zuffenhausener bei 160 km/h, im Gegensatz zu meinem Volvo, souverän zum Erliegen. Es wird laut im Innenraum! Ein wenig tat mir mein Kumpel in diesem Moment leid, aber nur ein wenig. Die Heimfahrt war zwar noch kein wirklicher Genuss, denn Fahrer und Wagen mussten sich erst aneinander richtig gewöhnen. Das ging aber schneller, als ich anfangs dachte. Der Porsche fährt sich, als wäre er direkt um meinen Hintern geschmiedet worden Quelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Auf zur zweiten Spritztour, mit meinem Vater auf dem Beifahrersitz. In so einem Boliden hat der noch nie gesessen, deswegen schnell auf die Autobahn. Der Motor war warm, ich schaltete runter in den zweiten Gang. Das erste Mal Vollgas im Porsche für meinen Paps und mich. Ich ließ die Puppen tanzen, ach, ich ließ die PS-Dämonen auf den Asphalt los. Die 285er-Pneus krallten sich in den Asphalt und katapultierten uns schlagartig nach vorn. Die 320 PS des Porschemotors trieben uns vor sich her und je höher die Drehzahlen, desto mehr gierte der Wagen nach Geschwindigkeit. Die Porsche-Power schien einfach unerschöpflich zu sein! Ich kann nicht sagen, ob die Fliehkraft unsere Mundwinkel nach hinten zog, oder ob es die pure Freude war. Das Cabrio preschte so brachial nach vorn, dass wir beide unsere Nackenmuskulatur während der Schalt- und Beschleunigungsvorgänge einfach nicht in den Griff bekamen! Wie geil war das denn? Mein Vater grinst wahrscheinlich heute noch in sich hinein, wenn er an diese Fahrt im Porsche zurückdenkt. 14 Jahre alt und toll ausgestattetQuelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Der Wagen hat so ziemlich alles an Ausstattung, was man sich für eine angenehme Fahrt wünschen kann: Einen Tempomaten, der die Geschwindigkeit auch bergab hält, Regensensor mit einstellbarer Empfindlichkeit, bequeme Recaro-Sitze, Sitzheizung, einen automatisch abblendenden Rückspiegel, Klimaautomatik und sogar Getränkehalter vorn. Das Kombiinstrument überflutet den Fahrer beinahe schon an Informationen. Anfangs war ich damit etwas überfordert und beschränkte mich auf das Wesentliche. Erst nach und nach wurden mir dann die anderen Sachen, wie die elektronische Ölstandsanzeige, Motortemperaturanzeige und Batterieladestandsanzeige bewusst. Besonders die Ölstandsanzeige war mir wichtig, denn der Ölstand lässt sich nur schwer vom Peilstab ablesen. Der Porsche und seine MackenDer erste richtige Ausflug trübte die Stimmung des stolzen Pfälzers (also meine) aber doch etwas. Meine Freundin und ich fuhren in die Weinberge zu einer kulinarischen Wanderung. Während der Parkplatzsuche tauchte eine Fehlermeldung im Display auf: „Ausfall Motorraumgebläse“ - der Porsche mag es wohl nicht, wenn er langsam fahren muss. Wir stellten den Wagen ab und ließen ihn abkühlen. Vermutlich handelte es sich um einen Softwarefehler, denn der Lüfter war deutlich zu hören. Quelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Auf dem Heimweg ließen wir dann zum ersten Mal die Sonne in den Porsche. Die Anbringung des Windschotts war beim ersten Mal etwas fummelig, so ohne Bordbuch, aber selbsterklärend. Wie eigentlich alles an diesem Porsche – abgesehen vom Becker-Radio. Das nervt. Nehmt das Teil und tauscht es gegen was Vernünftiges aus, eine Blumenvasenhalterung zum Beispiel. Die Sonne schien warm, aber der Wind zog streng bei Tempo 70. Also das Verdeck wieder drauf, bei stehendem Auto. Windschott weg, Handbremse anziehen, Knöpfchen gedrückt halten, knack. Irgendetwas war kaputt, nur erkennen konnten wir nichts. Den Schaden sahen wir zu Hause: Der Spanndraht zwischen A-Säule und Verdeck-Kasten war gebrochen. Nach Rücksprache improvisierte ich, erst mit Klebeband, später mit Kabelbinder. Zwei Wochen sind zu wenigMeine beiden Testwochen vergingen beinahe wie im (Tief-)Flug. Der 911 machte keine Probleme mehr, ich genoss seine positiven Seiten ungebremst auf vielen Touren durch die Pfalz. Der luxuriöse Sportler machte mir so viel Spaß, dass ich in diesen zwei Wochen ca. 3.000 Kilometer fuhr. Vom Bremsverhalten hätte ich mir allerdings mehr erhofft. Bevor er den Anker wirft, muss man doch hart in die Eisen steigen. Mein Volvo reagiert schneller – was ich auf den ersten Kilometern nach der Testphase wieder lernen musste. Quelle: frechdach73 für MOTOR-TALK Der Carrera 4 liegt wie ein Brett auf der Straße, die Sitze waren aber nie unangenehm und fingen alle Unebenheiten souverän ab. Er ist sogar langstreckentauglich. Meinen Alltag konnte ich, mit Einschränkungen, auch recht gut bewältigen. Immerhin passte ein ganzer Kasten Bier und eine Kiste Wein in den Kofferraum. Für alles andere gibt es noch die Rückbank. Als nicht langstreckentauglich empfand ich die Geräuschkulisse im Innenraum. Der Wagen lebt. Er sirrt, keucht und röchelt bei normaler bis langsamer Fahrt und brüllt, wenn man ihm Auslauf gönnt. Besonders dann macht er am meisten Spaß. Das Wüten des Heckmotors und der Peripherietechnik ist im Innenraum immer präsent. Die 320-Porsche-PS habe ich laut Bordcomputer nie unter 10 Litern auf 100 Kilometern fahren können, aber im Schnitt auch nicht über 11. Auch der Ölverbrauch von ungefähr 0,5 Litern auf 2.000 Kilometern ist recht moderat. Er ist kein komfortabler Gleiter, machte aber immer einen beherrschbaren Eindruck auf mich. An seine Grenzen brachte ich ihn allerdings nie – höchstens er mich an meine. FazitEin beeindruckender Wagen, der die Blicke auf sich zieht, Leuten entweder ein Lächeln oder ein Naserümpfen ins Gesicht zaubert. Ein Auto, das nicht nur wegen seiner Lackfarbe polarisiert. Auf der Bahn ist er in seinem Revier und wird weitgehend respektiert. Manche machen Platz, andere wollen stänkern. Überrascht hat mich ein Citroën C5, der erstaunlich gut mithalten konnte. Dabei war er wahrscheinlich komfortabler unterwegs als ich im Porsche. Hin und wieder hatte der Porsche wohl auch Sehnsucht. Dann rief er mit seiner Alarmanlage nach mir. Ich konnte sehr viele schöne Eindrücke in diesen beiden Wochen gewinnen. Ich verabschiedete mich vom Porsche auf einer letzten, sechsstündigen Fahrt nach Berlin, trotz der Länge ohne Schmerzen in Rücken oder Hintern. Nach einer kurzen Tour durch die MOTOR-TALK-Werkstatt ging es wieder zurück. Unspektakulär mit dem Flugzeug und einem Opel Astra. Nach zwei Wochen im Porsche fühlte ich mich plötzlich irgendwie geerdet. |