Für VW ist der Passat GTE wichtiger Imageträger. Für VW-Käufer eine interessante Alternative – unter bestimmten Umständen. Testfahrt mit dem Strom-Passat.
Amsterdam – Ökologisch gefühlt liegt Amsterdam weit vor Berlin. Am Flughafen Schiphol können frisch Gelandete in ein Tesla-Taxi steigen und sich surrend in die Innenstadt chauffieren lassen. Dort fahren sowieso alle Fahrrad. In Berlin umrunden Touris die Siegessäule noch oft in rußenden Diesel-Taxis. Quelle: Volkswagen Volkswagen setzt zukünftig mehr auf Strom. Unverändert zaghaft, aber immerhin. Etwas irrgläubig denken die Wolfsburger, mit dem Passat GTE ein echtes Öko-Zukunfts-Auto im Programm zu haben. Der 1,4-Liter-Turbobenziner und seine 85-kW-Elektrounterstützung schaffen mit vollem Tank (50 statt regulär 66 Liter) und voller Batterie rund 1.100 Kilometer. Der Verbrauch liegt theoretisch bei 1,6 Litern pro 100 Kilometer. Die elektrische Reichweite liegt - ebenfalls theoretisch - bei 50 Kilometern. Das ist mehr als beim kommenden 330e von BMW (35 km) oder dem C 350e von Mercedes (31 km). Und klingt gut. Auffallen unmöglichIn Amsterdam locken diese Werte trotzdem keinen Tesla-Taxifahrer aus der Raucherecke. Der GTE rollt lautlos vom Flughafen-Parkplatz - beachtet wird er nicht. Eine blaue Linie und eine Klappe im Kühlergrill, drei Buchstaben am Heck, C-förmiges Tagfahrlicht: Als „sauberes Auto“ nimmt den GTE kaum einer wahr. Dabei soll er genau das sein. Reicht der Ladezustand der Batterie aus, muss der Fahrer den E-Modus beim Start nicht mal anwählen. Der GTE startet dann von selbst rein elektrisch. Dabei bewegt der 85-kW-Elektromotor die 1,7 Tonnen schwere Limousine allein. Quelle: Volkswagen Das funktioniert erstaunlich gut. Das unmittelbar anliegende Drehmoment von 330 Newtonmetern beschleunigt den GTE flott auf Stadttempo und maximal auf 130 rein elektrische Stundenkilometer. Probleme an der Ampel gibt es nicht und auch für die Amsterdamer Stadtautobahn reicht der E-Modus vollkommen aus. Wenn es plötzlich doch mal ganz schnell gehen muss, schaltet sich der Verbrenner zu, sobald der Fahrer das Gaspedal bis aufs Bodenblech durchtritt. Wird die zusätzliche Kraft nicht mehr gebraucht, wechselt der GTE allein zurück in den Elektromodus. Lautlos durch AmsterdamTechnisch entspricht der Antrieb dem des bereits erhältlichen Golf GTE. Damit der schwerere Passat auf ähnliche Fahrwerte kommt, erhielt der Vierzylinder sechs zusätzliche PS, der Elektromotor 10 zusätzliche kW und die Lithium-Ionen-Batterie 1,2 Kilowattstunden mehr Kapazität. Wie beim Golf sitzt der Elektromotor im Gehäuse eines modifizierten Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebes. Der Öko-Antrieb hat kaum Nachteile beim Platz. Zwar verschwindet mehr als die Hälfte des Raumes unter dem Ladeboden. Die ebene Ladefläche bleibt aber dort, wo sie bei Kombi und Limousine sonst auch sitzt. Der Antrieb macht sich jedoch in zusätzlichem Gewicht bemerkbar. Elektromotor (34 kg), Leistungselektronik (10,2 kg), Lithium-Ionen-Batterie (125 kg) unter der Rücksitzbank und ein zusätzliches Kühlsystem machen die GTE Limousine 217 Kilogramm schwerer als den 2,0-Liter-Benziner mit vergleichbarer Leistung (220 PS, 1.505 kg). Im Vergleich zum Top-Diesel mit Allrad (1.721 kg) ist er genau ein Kilogramm schwerer. Zwei Autos in einem?Volkswagen passt die Dämpfer dem zusätzlichen Gewicht an. Weil die Plug-in-Komponenten tief und in Achsnähe untergebracht sind, macht sich das Gewicht im normalen Betrieb kaum bemerkbar. Der GTE fährt komfortabel und federt holländische Bremsschwellen ab. Dazu bleibt es auch bei zugeschaltetem Verbrenner ruhig im Innenraum. Das ändert sich, wenn der Fahrer aufs Gas tritt oder den sportlichen GTE-Modus aktiviert. Benziner und E-Motor arbeiten mit voller Kraft und gemeinsam. Motor und Getriebe agieren sportlicher, Gaspedal, Lenkung und das optionale adaptive Fahrwerk ebenfalls. Den Innenraum erfüllt jetzt das Dröhnen des angestrengt hochdrehenden Benziners. Zusätzlich lässt Volkswagen über die Audio-Boxen etwas Konserven-Sound einfließen. Es ist, als ob der GTE sein Öko-Image plötzlich abschütteln will. So ganz gelingt ihm das nicht. Zwar macht die Fahrt im Sport-Modus Spaß. Doch ist die Kraft des Elektromotors hauptsächlich bei der Beschleunigung aus dem Stand spürbar. E-Motor und Verbrenner schicken dann bis zu 400 Newtonmeter Richtung Vorderachse. Auf nassem Asphalt lässt das ESP den GTE erst mit den Reifen rubbeln, bevor es losgeht. Der Techniker unter den PassatVolkswagen will den GTE zum technischen Highlight der Passat-Reihe machen. Serienmäßig gibt es LED-Scheinwerfer, das Infotainmentsystem „Composition Media“, Abstandswarner und City-Notbremsfunktion. Optional einen volldigitalen Tacho, der alle vom Fahrer gewünschten Informationen anzeigt – allerdings zu Beginn sehr unübersichtlich wirkt. Für Nerds und Technokraten ist der GTE damit genau das Richtige. Für eiserne Sparer ist er nur bedingt interessant. Bei betont sparsamer Fahrweise mit der Limousine schaltet sich auf der Testrunde bereits nach 36 Kilometern der Verbrenner zu. Nach 69 Kilometern Fahrstrecke ermittelt der Bordcomputer einen hochgerechneten Durchschnittsverbrauch von 2,5 Litern pro 100 Kilometer. 48 Kilometer oder 70 Prozent des Weges wurden elektrisch zurückgelegt. Wer den Kombi flott und im GTE-Modus bewegt, kommt auf einen Durchschnittsverbrauch von 4,6 Litern (Fahrstrecke 75 km). Passat GTE kostet mindestens 44.250 EuroDas Problem an dieser Hochrechnung: Je weiter ohne nachzuladen gefahren wird, desto weniger relevant wird die rein elektrische Fahrstrecke. Der Durchschnittsverbrauch steigt, der Plug-in-Antrieb wiegt schwer und spart nicht mehr. Volkswagen erwähnt stolz, dass man mit dem GTE die Strecke Amsterdam-Paris-Amsterdam zurücklegen kann, ohne Nachzutanken. Das mag stimmen. Aber für die Zielgruppe, die solche Strecken fährt (rund 90 Prozent aller Passat werden gewerblich zugelassen) bleibt der GTE uninteressant. Wirklich gut passt der GTE für Menschen, die jeden Tag 40 Kilometer in der Innenstadt zirkeln und am Wochenende 800 Kilometer zu den Verwandten pendeln. Sie müssen 6.825 Euro zusammenstromern, damit sich der GTE gegenüber dem vergleichbar starken 2,0-Liter-Benziner (220 PS, 6,2 l/100km, Comfortline, ab 37.425 Euro) rechnet. Im Herbst kommt der Passat GTE ab 44.250 Euro auf den Markt. Der Kombi kostet 1.000 Euro mehr. Technische Daten – Passat GTEDie Limousine
Der Kombi
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