Radikal: Paris setzt im Kampf gegen Smog auf Fahrverbote für alte Autos. Bisher werden Abgas-Sünder nur verwarnt - doch bald wird es ernst. Für Oldtimer gibt es Ausnahmen.
Paris - Enten und Göttinnen dürfen zwar auch künftig über die Champs-Élysées rollen. Wenn sie älter als 30 Jahre sind und als Sammler-Fahrzeug zugelassen sind. Oldtimer-Besitzer haben gerade noch durchgesetzt: Klassiker zählen zu den Ausnahmen vom Fahrverbot für alte Autos in Paris. Prinzipiell und in der Masse macht die französische Hauptstadt jedoch ernst: Alte Autos sind in der Stadt seit einigen Wochen tabu. Es ist der Anfang eines radikalen Plans gegen die chronisch hohe Luftverschmutzung in Paris. Im Klartext bedeutet das: Wer eine Erstzulassung vor 1997 im Fahrzeugschein stehen hat, darf seit dem 1. Juli vor der Stadtgrenze in die Metro umsteigen. Das Verbot soll in den kommenden Jahren schrittweise ausgeweitet werden. Diesel-Fahrzeuge will die französische Hauptstadt bis 2020 sogar komplett verbieten. Hohe LuftverschmutzungMit dem Plan hatte Bürgermeisterin Anne Hidalgo Ende 2014 für viel Aufsehen gesorgt. Der Handlungsbedarf war jedoch entsprechend groß: Entlang der Pariser Verkehrsachsen sind die Werte für Stickstoffdioxid und Feinstaub teilweise doppelt so hoch wie der Grenzwert. 1,5 Millionen Menschen in der Region sind Luftwerten ausgesetzt, die über den geltenden Regeln liegen. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Messstationen 26 Tage, an denen die Verschmutzung besonders hoch war: "Während einer Verschmutzungs-Spitze in Paris zu leben ist so, als würde man den Rauch von acht Zigaretten in einem Zimmer von 20 Quadratmetern einatmen", warnt die Stadt. Zum Teil entsteht das Feinstaubproblem durch Frankreichs hohen Diesel-Anteil. Zeitweise steckten in mehr als 70 Prozent der Neuwagen Dieselmotoren. Dieser Trend hat sich umgekehrt, in diesem Jahr war bislang nur etwas mehr als die Hälfte aller neuen Fahrzeuge ein Diesel. Langsamer StartDie Ergebnisse der Pariser Verbote sind noch bescheiden, wie die Stadt einräumt. Man habe langsam angefangen, erklärt der Grünen-Politiker Najdovski. "Damit die Leute sich das aneignen und es verstehen". Seit einem Jahr sind alte Lastwagen und Busse (vor 2001) verboten, seit 1. Juli die ersten Privatautos. Najdovski verweist auf Schätzungen: Die nun betroffenen Fahrzeuge machen etwa fünf Prozent der im Verkehr erzeugten Stickoxide aus. Für deutliche Effekte müssen weitere Einschränkungen folgen. Bisher droht bei Verstößen nur eine Ermahnung, doch das ändert sich schon bald. Ab Oktober gibt es ein Bußgeld von zunächst 35 Euro, im kommenden Jahr steigt es auf 68 Euro. Das freut natürlich nicht alle. Der Verband "40 Millionen Autofahrer" kritisiert die Maßnahmen als unsozial, weil ärmere Menschen sich keinen Neuwagen leisten könnten - und verweist darauf, dass viele für den Weg zur Arbeit auf ein Auto angewiesen seien. Die Kritiker bezweifeln die Umweltwirkung der Maßnahmen. Und sie zitieren einen Experten, dass die betroffenen Autos schätzungsweise 50 Prozent ihres Wertes verlören. Der Verband reichte deshalb Klagen auf Entschädigung ein. Wie rigoros die Regeln am Ende durchgesetzt werden, können die Pariser noch nicht abschätzen. Najdovski räumt ein, dass die Polizei nach den Terroranschlägen vom 13. November andere Prioritäten hatte, als das da schon geltende Verbot alter Lastwagen durchzusetzen. Oldtimer-Freunde konnten immerhin durchsetzen, dass mehr als 30 Jahre alte Fahrzeuge mit französischem Sammler-Kennzeichen weiterhin nach Paris dürfen. Doch grundsätzlich lässt die Stadt sich nicht beirren. Im Sommer 2017 soll das Verbot auf Autos ausgeweitet werden, die vor 2001 zugelassen wurden.
(dpa) |