Du bist kein Rennfahrer, fühlst Dich aber wie einer? Dann geht es Dir wie MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse. Nach zwei Tagen beim Motorsport Special der BMW Driving Experience fühlte er sich, nun ja, wie ein sehr, sehr platter Rennfahrer. Aber, immerhin, auch ein kleines bisschen schneller. Was kosten zwei Tage als Rennfahrer? Das Wichtigste zuerst: Ein Fahrertraining kostet. Und zwar viel Kraft, Ausdauer, Leidenschaft, Reifen und auch Geld. Bei der BMW Driving Experience beginnt das Compact Basic Training bei 195 Euro. Über Intensive-, Professional-, Perfection- und Fascination-Trainings wird fahrerisches Können in allen Stufen gedrillt. Für das nur ein bis dreimal im Jahr stattfindende Motorsport Special verlangt BMW 3.850 Euro pro Person. Dafür gibt es zwei Tage Gummiabrieb und Mann (oder Frau) macht einen ganz erheblichen Schritt auf dem Weg zum Hobby-Rennfahrer. Was gibt es? Die An- und Abreise bezahlt man beim BMW Motorsport Special selbst. Sonst nichts. Essen, Übernachtung, Snacks und Softdrinks sind so frei wie der Asphalt, auf dem trainiert wird. Absolut wie bei einem Rennfahrer fühlt sich das an: M3, Formel BMW FB02 sowie eine international renommierte Rennstrecke warten bestens präpariert. Angesichts des Aufwands, gerade für die Formel BMW Fahrzeuge, scheint der Preis fair. Nach einer ersten Theoriestunde am Anreiseabend sitzt man am ersten Tag von früh bis spät im M3: Bremsen in der Kurve, Unter- und Übersteuern, geleitete und freie Runden über die Strecke. Am zweiten Tag gibt es drei Blocks à 20 Minuten im FB02. Je nachdem wie gut die Gruppe fährt, kann daraus auch mehr werden. Wen trifft man? Das Training ist teuer, deshalb wird so eine Veranstaltung von Leuten mit „stabilem Einkommen“ gebucht. Oder mit großem Freundeskreis. Wer zwischen 35 und 55 Lenzen zählt, fällt hier nicht aus der Rolle. Viele der deutschen Teilnehmer fahren von Haus aus M-Fahrzeuge und sind in Sachen Fahrertraining „Serientäter“. Beim Abendessen sitzt links ein Israeli, rechts ein Australier und gegenüber Vater mit Sohn aus Singapur. Geht’s auf die Strecke wird in deutsche und internationale Gruppen unterteilt. Die Instruktoren bei Driving-Experience-Veranstaltungen sind meist Ingenieure aus dem BMW-Konzern mit langjähriger Erfahrung im Bereich Fahrertraining. Man kann mit ihnen also auch über Getriebeentwicklungen oder das Mini-Fahrwerk plaudern. Unserer Gruppe machte der nette, aber zielstrebige oberbayrische Instruktor eines mehr als deutlich: Hier geht es um die Ideallinie. Wer die sauber fährt, den M3 zu nichts zwingt oder „überfährt“, wie die Instruktoren es nennen, der wird von alleine schnell. Auch mit Fahrhilfen. Wenn sich alle brav an die Regeln halten und keiner den Helden spielt, winken am nächsten Tag freie Runden im Formel-BMW. Zwischendurch gibt es bei ein paar Runden mit BMW-Werksfahrern wie Dirk Adorf Anschauungsunterricht. Mit denen quatscht man so locker-flockig über Handling, Ideallinie und das „Anlehnen“ an die Curbs, dass man sich selbst gleich viel schneller fühlt. Welche Autos fahre ich? M3 Genau genommen wird man beim Motorsport Special nur für einen Tag zum Rennfahrer. Wie es sich für einen „Profi“ gehört, wird der andere Tag nur von einem bestimmt: Training, Training, Training. Und zwar im BMW M3. Mit 420 PS und 400 Nm bei 3.900 Touren. Wer noch nie auf einer Rennstrecke war, lernt hier, was so ein Auto überhaupt kann. Besonders, wenn Dirk Adorf bei der Taxifahrt mal eine Kurve nicht richtig erwischt und dann mit den Worten „Na gut, eins für die Galerie“ kurzerhand driftet. Der M3 E92 fährt in 4,6 Sekunden von Null auf 100 km/h und wiegt 1.655 Kilogramm. Der MDM-Modus (späteingreifendes DSC-Stabilitätsprogramm) ist ideal, um die Linie zu lernen und sich an die eigenen und die physikalischen Grenzen heranzutasten. Im Formelwagen gibt es kein DSC, kein ABS, keine Lenkhilfe. Im Gegensatz zum M3 muss hier auch noch gekuppelt werden. Von einem höheren in einen niedrigeren Gang müssen alle Gänge einzeln ein- und ausgekuppelt werden. Der geübte Hobbyrennfahrer gibt zusätzlich Zwischengas. Das Auto steht am zweiten Tag eindeutig im Mittelpunkt. Wer dann noch mit der Linie kämpft, wird mit Bremsen, Schalten und Lenken zu viel zu tun haben und untergehen – im Kiesbett. Rosberg, Vettel und Hülkenberg saßen noch vor ein paar Jahren in den Wagen dieser Nachwuchsserie. Bis zu 2,5 g zerren im ca. 80.000 Euro teuren FB02 im besten Fall am Fahrer. Schon beim ersten Probesitzen wird mir mulmig. Werde ich den Formelrenner mit 1200er-BMW-Motorradmotor, 140 PS und 128 Nm bei 6.750 U/min als Einziger abwürgen? Wer schon mal mit einer hakeligen Motorradschaltung zu tun hatte, kommt mit dem sequenziellen Hewland-Getriebe gut klar. Bei nur 465 kg Gesamtgewicht (ohne Fahrer) sind Beschleunigung und Kurvengeschwindigkeiten für Normalsterbliche wie mich atemberaubend – vor allem, weil der eigene Popo nur einen gefühlten Zentimeter über den Asphalt fegt. Was muss ich können? Wer ein Schwergewicht im Schnellfahren werden will, der sollte nicht zu viel wiegen. Die Anforderungen: Alter 18 Jahre, gültiger Führerschein, körperlich fit, Körpergröße zwischen 1,60 und 1,88, maximal 99 Kilogramm. Sonst wird’s zu eng im Formel BMW FB 02. Ab Schuhgröße 45 wird der Platz zwischen Gas und Bremse verdammt knapp. Fahrerische Ansprüche stellt die BMW Driving Experience auf dem Papier zwar keine. Fahrerisches Können und ein Schuss Mut sollten aber vorhanden sein. Die Instruktoren machen von Anfang an Tempo. Wer zum ersten Mal dabei ist, kommt schnell ins Schwitzen. Besonders beansprucht werden Hände, Arme und der rechte Fuß. Was muss ich wollen? Der Wille zählt mehr als das Können. Motorsport betreiben bedeutet: Volle Konzentration und eine Extra-Portion Selbstbeherrschung. Zur korrekten Sitzposition zwingt man sich. Das saubere Umgreifen am Lenkrad muss man sich erst einbläuen. Hier geht es in erster Linie um sauberes und in zweiter um schnelles Fahren. Wer nur qualmen und quietschen will, der sollte die Drift Experience wählen. Was kann ich lernen? „Von gaaanz außen bis an den Scheitelpunkt heran, dann die Lenkung öffnen und ordentlich wieder rausbeschleunigen. Die gesamte Strecke ausnutzen. Wer am Ausgang langsam ist, dem mangelt es an Beschleunigung und er wird auf der Geraden überholt. Wer zu langsam in die Kurve fährt, kann danach schon wieder alles besser machen.“ Zugegeben, man lernt viele Dinge, die im Straßenverkehr absolut gar keine Rolle spielen. Aber ein Auto ohne Gefahr und unter professioneller Anleitung zum Über- oder Untersteuern zu bewegen und wieder abzufangen kann auch lehrreich sein. Zum Rennprofi wird in zwei Tagen niemand und Jungspunde glauben danach gerne, ihr Fahrzeug jederzeit beherrschen zu können. Als Teilzeit-Rennfahrer wird man aber auf jeden Fall besser, schneller und bekommt mehr Gefühl für die Fahrphysik. Was werde ich nie vergessen? Einmal in einem Rennanzug stecken, mit feuerfester Sturmhaube und Rennschuhen. Mit leichter Platzangst in das Monocoque gezwängt, bis man es kaum noch aushält und endlich losfahren darf. So müssen sich echte Rennfahrer fühlen. Was übrig bleibt sind blaue Flecken, Muskelkater und das gute Gefühl zu wissen, dass man als (bislang) einziger in seinem Freundeskreis einmal richtig schnell war. Dabei gut gesichert und mit ähnlich viel Adrenalin im Blut, wie bei einem richtigen Rennfahrer.
Das Kleine zum Driften Name: BMW Snow Drift Training Wo: Sölden, Österreich Dauer: halber Tag Fahrzeug: aktuelle BMW Modelle, z.B. M3 Coupé Preis: 370 Euro Das für Fans deutscher Rennpisten Name: BMW M Perfection Training - Nationale Rennstrecken Wo: Nürburgring Sprintstrecke, Bilster Berg, Hockenheimring Dauer: 2 Tage Fahrzeug: aktuelles BMW M Modell, z.B. M3 Coupé Preis: 2.300 Euro Das Große im Schnee Name: BMW Ice Fascination Training Wo: Arjeplog, Schweden Dauer: 5 Tage Fahrzeug: aktuelles BMW Modell, z.B. M3 Coupé mit Spikes Preis: 3.850 Euro
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 15.07.2012
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