In einer Woche startet der Langstreckenklassiker von Le Mans. Mit dabei, wie vor 50 Jahren: Der Ford GT. Am Anfang des Projekts stand jedoch ein persönliches Motiv.
Köln - Am Mythos Ferrari kratzen, das wollen seit den 1950er Jahren viele Sportwagenmarken. Einer wollte Ferrari lieber kaufen: Henry Ford II schlug Enzo Ferrari im Jahr 1963 eine Übernahme vor. Eine Tochterfirma Ford-Ferrari sollte den Amerikanern einen schnellen Wiedereinstieg in den Motorsport ermöglichen, den sie 1960 verlassen hatten, und Ford mit Ferrari-Faszination aufladen. „Il Commendatore“ lehnte jedoch nach längerem Hin und Her ab. Das machte Ford wütend. Er beauftragte kurzerhand ein eigenes Sportprogramm. Schon 1964 präsentierte Ford auf der Weltausstellung in New York einen ersten Prototypen des GT. Mit mächtigem V8 hatte der nur einen Zweck: Ferrari auf der Rennstrecke schlagen. Weniger als 40 Straßenautos entstanden vom Ur-GT, für den Ford zweimal Nachfolger entwickelte. Zuerst lancierte Ford zum 100. Firmenjubiläum im Jahr 2004 einen GT im Retrolook. Den Nimbus des originären GT40 pflegen soll stattdessen der neue GT. Vorausgesetzt, er siegt in Le Mans, wo Ford die Serienversion vorstellt - und die SPortversion auf die Strecke schickt. Shelby brachte die RettungQuelle: FordFords damaliger Vizepräsident Lee Iacocca fand bei seinem Chef Henry Ford II offene Ohren, als er den Wiedereinstieg ins Sportsponsoring vorschlug. Das sollte zunächst den Serienstart des Mustang fördern. Vor allem aber beeindruckte Ford II die endlose Serie von Ferrari-Siegen und deren Werbewert. Nach der gescheiterten Übernahme von Ferrari überließ er Lee Iacocca 1963 freie Hand zum Aufbau einer Motorsportdivision. Es war die Geburtsstunde von Ford Advanced Vehicles mit Sitz in England. Henry Ford II machte Druck. Iacooca lieferte und zeigte schon im April 1964 zeitgleich mit dem Mustang den Prototypen des Ford GT. Der später eingeführte Typencode GT40 (Grand Touring 40) war eine Referenz an die Bauhöhe von 40 Zoll (1,02 Meter), entsprechend dem Rennreglement. Ganz glatt lief das Projekt jedoch nicht. Damals wie heute muss eine Le-Mans-Sieger vor allem zuverlässig sein. Ob auf dem Nürburgring, in Reims oder in Le Mans, der von einem 4,2-Liter-„Indianapolis-V8“ befeuerte Prototyp enttäuschte. Eine Schmach für Henry Ford II, der deshalb den "Motorenmagier" Carroll Shelby engagieren ließ. Shelby implantierte als Sofortmaßnahme einen 4,7-Liter-Cobra-V8, mit dem der GT40 in Daytona Anfang 1965 einen ersten Sieg herausfuhr. Der Rest der Motorsportsaison verlief ähnlich desaströs wie im Vorjahr. Immerhin begann nun offiziell die Kleinserienproduktion von Straßenautos in Slough bei London. Ford II fühlte sich jedoch 1965 in Le Mans einmal mehr von Ferrari gedemütigt und wandte sich an Iacocca. Der sollte sich nicht länger in den Erfolgen seines Megasellers Mustang sonnen, sondern das Ford-Racing-Team zum Sieg treiben - schon aus eigenem Karriereinteresse. Ford deklassiert Ferrari
Siegessicher traf die Ford-Mannschaft im Juni des Folgejahres in Le Mans ein. Der weiterentwickelte GT40 mit gewaltiger 7,0-Liter-V8-Maschine hatte bereits zum Jahresbeginn bei den 24 Stunden von Daytona die Plätze 1 bis 3 herausgefahren. Der Beginn einer Siegesserie, die der Daytona-Sieger Ken Miles mit Formel-1-Fahrer Denis Hulme an der Sarthe fortführen sollte. Im zweiten Team saßen die Neuseeländer Bruce McLaren und Chris Amon, das dritte Team formten amerikanische Routiniers. Diesmal konnte Henry Ford II Enzo Ferrari bezwingen. Die werksseitig gestarteten P3 fielen 1966 aus. Nur ein Ferrari schaffte es am Ende unter die ersten zehn. Dagegen fuhren McLaren und Amon im GT40 MK 2 mit einem Schnitt von 210 km/h über eine Gesamtdistanz von 4.843 Kilometer den Sieg heraus, knapp vor Miles/Hulme und einem dritten GT40. Gesteigert wurde der Triumph durch die Tatsache, dass dies der erste Le-Mans-Sieg eines amerikanischen Herstellers war. Kein Wunder, dass die Italiener 1967 mit einem neuen 4,0-Liter-V12 zurückschlagen wollten. Vergeblich. Der weiterentwickelte Ford GT40 MK 4 war auf der Les Hundauières um 30 km/h schneller als alle Ferrari 330P4, die am Ende die Ränge zwei und drei herausfuhren.
Auch auf den Straßen machte Ford inzwischen GT40-Träume wahr. Schon die Werbeprospekte erzielten unter Sammlern höhere Preise als die meisten Ferrari-Broschüren. Die Autos selbst zählten zu den rarsten Supercars der tempoverliebten späten Sechziger. Die Serienwagen stellten sicher, dass Ford auch 1968 und 1969 in Le Mans siegen konnte. Duften doch fortan nur noch Modelle mit einer Auflage von mindestens 50 Einheiten mehr als 3,0 Liter Hubraum haben. 2016: Nachfolger Nummer zweiQuelle: Ford Vom Ruhm dieser siegreichen GT40-Jahre zehrte Ford bis 2004. Ein Transit Supervan mit GT40-Technik (1971 und 1978) sowie die Studie GT90 (1995) versichten, den Nimbus "GT40" am Leben zu halten. Einen echten, neuen Ford GT gab es jedoch erst zum 100-jährigen Firmenjubiläum. Die Rechte an der Typenbezeichnung GT40 besaß Ford nicht mehr, also hieß er nur noch "Ford GT". Entwickelt wurde das neue Modell im „Ford Living Legend“-Studio, das für Markenikonen zuständig war. In den Jahren 2004 und 2005 übertraf die Nachfrage nach dem bis zu 330 km/h schnellen Retro-Modell deutlich die Produktionskapazität. Dann brach der Hype - wie so oft bei Hypercars - abrupt ein. Insgesamt wurden von diesem 5,4-Liter-V8 deshalb nur gut 4.000 statt geplanter 4.500 Einheiten ausgeliefert. Vielleicht ist es deshalb nur konsequent, wenn die Käufer des neuen 2016er Ford GT nicht nur eine halbe Million Euro mitbringen müssen, sondern auch Glück. Ford beschränkt das Produktionsvolumen dieses ersten GT mit Downsizing-Sechszylinder auf 250 Einheiten jährlich. Eine Zahl, die zwangsläufig zum Verteilungskampf führt. Selbst, wenn es mit dem Le-Mans-Sieg im 40. GT-Jahr nicht klappen sollte. Ford GT40 und Ford GT: Motoren und MaßeFord GT40 (1964-1969)
Ford GT (2004-2006)
Ford GT (ab 2016)
Ford GT40 und Ford GT: Chronik
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