Noch eben schnell parken: Das kann in Großstädten auch mal länger dauern. Die Industrie will dem Autofahrer diese Aufgabe künftig abnehmen, und natürlich daran verdienen.
Stuttgart - Rund 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs entsteht heute beim Parkplatzsuchen. Jeder Autofahrer verbringt im Durchschnitt einen Tag pro Jahr nur mit der Parkplatzsuche. Klarer Fall: Das riecht nach Optimierungspotenzial. Das hat auch die Industrie verstanden. Bosch will Dienste, die das Parken übernehmen, noch vor Ende dieser Dekade anbieten. "Ein Konzertbesuch beginnt und endet dann nicht mehr in einem zugigen Parkhaus", malt sich Bosch-Geschäftsführer Dirk Hoheisel die Zukunft aus. Thomas Form, Leiter der Elektronik-Konzernforschung bei Volkswagen, rechnet in fünf bis sechs Jahren mit Parkhäusern, in denen Autos von selbst einparken können. Die nächste Stufe sei danch das Parken im öffentlichen Raum. "Wir stellen uns vor, dass ein Fahrzeug in einem Wohngebiet selbstständig einen Park- oder Ladeplatz sucht und den Besitzer möglicherweise morgens auch wieder abholt." Doch dafür fehlen bislang die rechtlichen Voraussetzungen und die Technik. Neues GeschäftsfeldQuelle: DaimlerDie Autohersteller statten Fahrzeuge schon heute mit Sensoren und Kameras zum Einparken aus. Daimlers E-Klasse lässt sich genau wie der 7er BMW mit Hilfe einer Fernsteuerung einparken. Auch Audi und Continental entwickeln entsprechende Systeme. Voraussetzung ist stets, dass sich der Fahrer in der Nähe des Fahrzeugs aufhält. "In der Öffentlichkeit ist das Fahren ohne Fahrer noch nicht erlaubt", gibt Alfred Eckert, Leiter der Zukunftsentwicklung bei Continental, zu bedenken. "Automatisiertes Fahren ist bei niedrigen Geschwindigkeiten bereits zu realisieren", sagt Wolfgang Bernhart, Autoexperte bei der Strategieberatung Roland Berger. "Für die Hersteller ist das ein weiteres Feature, das sie mit hohen Deckungsbeiträgen und ohne großen Aufwand verkaufen können. Denn die notwendige Hardware steckt schon in modernen Fahrzeugen." 2015 lagen die Umsätze mit Parkhilfen Schätzungen von Bernhart zufolge weltweit bei 1,8 Milliarden Euro. 2020 dürften es etwa zwei Milliarden Euro sein. Bis 2020, schätzt der Experte, werde die Funktionalität einzeln angeboten. Danach werde die Technik zunehmend in Systeme zum automatisierten Parken integriert. Neue Apps werden entstehenNeben dem Komfort sieht Bernhart für die Fahrer noch einen Vorteil: "Automatisches Parken kann helfen, Bagatellunfälle zu verhindern." Rund 40 Prozent aller Unfälle mit Sachschaden sind heute Parkschäden. "Beim Trained Parking fährt das Auto einen bekannten Weg ab - zum Beispiel auf eigenem Grund und Boden die Einfahrt zur und in die Garage", erklärt Conti-Forscher Eckert. Laut Bosch verfügt schon jetzt jeder zweite Pkw über ein Parkassistenzsystem. Bernd Bienzeisler vom Fraunhofer IAO in Stuttgart schätzt, dass 2018 alle Neuwagen damit ausgestattet sind. Für das automatisierte Parkhaus sei das aber gar nicht nötig. Die Technik könne auch im Parkhaus angebracht werden. "Die Frage ist, wer am Ende Geld damit verdient", sagt Bienzeisler. Das Geschäft mit dem Parken funktioniere nur in großen Städten und an attraktiven Orten. Apps, die Parkplätze finden und in direktem Kontakt mit dem Kunden stehen, könnten den Markt neu aufrollen. Bosch plant bis 2018 einen solchen Dienst. Ausgestattet mit Sensoren sollen die Fahrzeuge Parklücken erkennen und die Ergebnisse weitermelden. Die Daten werden anonymisiert gesammelt und verwertet. So soll eine stets aktuelle "Parkplatzkarte" entstehen. Wer am Ende das neue Geschäft mit dem Parken beherrschen wird, ist nach Bienzeislers Einschätzung offen. "Wahrscheinlich werden sich neue Akteure etablieren."
Quelle: dpa; SP-X |