Aufgeblähter Markt: Fast ein Drittel der gewerblichen Neuzulassungen geht auf Händler und Hersteller zurück.
Bonn - Der deutsche Automarkt wird durch unnötige Tageszulassungen statistisch geschönt. Zu diesem Schluss kommt Robert Rademacher, Präsident des Zentralverbandes des deutschen KFZ-Gewerbes (ZDK).
Seiner Einschätzung nach wird derzeit fast ein Drittel des Gesamtmarktes durch Zulassungen von Herstellern und Händlern bestimmt. Von den 60 Prozent gewerblichen Zulassungen in den ersten sieben Monaten des Jahres entfielen 22,1 Prozent auf Fahrzeugflotten, 10 Prozent auf Autovermieter, 8,9 Prozent auf die Hersteller und 19,8 Prozent auf die Händler.
Die zusammen rund 29 Prozent Händler- und Herstellerzulassungen addieren sich auf 540.000 Fahrzeuge. Nach Einschätzung Rademachers sind allerdings lediglich zwei Drittel dieser Menge tatsächlich als Dienst- oder Vorführwagen im Einsatz. Folglich „schönen" 180.000 Autos in sieben Monaten die Statistik. Im Vorjahr wurden insgesamt 250.000 Fahrzeuge als Tageszulassungen zum Erreichen von Händlermargen und Marktanteilen eingesetzt.
Probleme sind hausgemacht
Diese Menge bläht den Gesamtmarkt auf und bringt „mit hohen Preisabschlägen das Preisniveau sowohl für Neu- und Gebrauchtwagen als auch für Leasing-Rückläufer durcheinander“, analysiert der ZDK-Präsident. Er hält die steigende Zahl der Tageszulassungen nicht für eine Auswirkung der Finanzkrise. Vielmehr seien die Probleme hausgemacht, und Folge von Fehleinschätzungen der Vertriebschefs der Automobilhersteller und Importeure.
Der deutsche Automobilmarkt ist, wie auch der westeuropäische, weitgehend gesättigt. Man lebt vom Ersatzbedarf, der in Deutschland um drei Millionen Einheiten liegt. „In konjunkturell guten Jahren können das auch schon einmal 3,2 - 3,3 Millionen Einheiten werden, in schwächeren Jahren dafür nur 2,7 - 2,8 Millionen Einheiten“, beziffert Rademacher den Markt.
Die Verantwortlichen befänden dennoch, „dass ihr neues XYZ-Modell die Konkurrenz in die Flucht schlagen wird und sich daraus für ihr eigenes Fabrikat höhere Lieferzahlen ableiten lassen.“ Zudem würden die alten Modelle unverändert mitgeliefert, deshalb seien zu viele unverkaufte Autos in der Pipeline. In der Folge kommt es zu den Rabattschlachten, die dann wieder von Hersteller und Händler beklagt werden. Rademacher rät, „die für Autos wie Südfrüchte gleichermaßen geltende Grundregel“ einzuhalten und den Markt nachfrageorientiert zu beliefern.
Problem Überkapazitäten
Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen nimmt die Hersteller in Schutz. Zurzeit stünden weniger die Marktanteilsziele im Mittelpunkt, sondern die hohen Überkapazitäten in West-Europa, sagt der Experte: „In der heutigen Lage ist es für einige Autobauer mit geringeren Verlusten verbunden, Fahrzeuge mit über 35 Prozent Rabatt in den Markt zu schieben, als Fabriken still stehen zu lassen“.
Die Situation sei typisch für Märkte, in denen deutlich zu viel Kapazität vorhanden ist. Der Verdrängungswettbewerb gehe über Preisdruck und die taktischen Zulassungen seien „ ja nichts anderes als Neuwagen, die mit 25 Prozent Rabatt verkauft werden.“
Quelle: SpotPress