Vor 50 Jahren hat Porsche ein Auto erfunden: Auf der IAA 1963 durfte die Welt zum ersten Mal den 911er bewundern. Das tut sie nun seit fünf Jahrzehnten. Wir widmen dem erfolgreichsten Sportwagen aller Zeiten eine Serie. Und je 50 Zeilen zum 50. Jubiläum.
Weissach – Der Abstand zu meinem Vordermann wächst. Mein Ego sucht nach Ausreden: „Georgs Elfer ist 50 PS stärker als deiner, außerdem 20 Jahre jünger.“ Das stimmt, aber das ist nicht der Grund für seinen Vorsprung. Als ich vor zehn Jahren meine Fahrprüfung bestanden habe, war er schon Testfahrer bei Porsche. Er hat Fahrwerke abgestimmt, als ich in einem Nissan Micra meine ersten Kilometer absolviert habe. Selbst wenn ich meinen 993 gegen seinen 991 tauschen würde – ich hätte keine Chance gegen ihn. Er kennt die Porsche-Teststrecke in Weissach wie seine Schaltkulisse. Das lässt er mich spüren. Die Krönung der luftgekühlten ElferIch tröste mich mit dem Gedanken, das coolere Auto zu fahren. Der 993 ist der letzte und schnellste luftgekühlte Elfer. In allen Nachfolgern hält Glysantin die Boxer auf Temperatur, doch für Porsche-Puristen ist ein Kühlwasser-Kresilauf keine Option. Deshalb steht der 993 bei Fans höher im Kurs als sein Nachfolger: 993-Turbo-Modelle kosten heute über 70.000 Euro, Basis-Elfer mit der neuen Sechsgang-Handschaltung etwa die Hälfte. Den 996 gibt es bereits für rund 20.000 Euro. Neben ideellen Werten begründen sich die hohen Preise durch die ausgereifte Technik – in ihm stecken 30 Jahre Erfahrung. Das Basis-Modell des 993 leistet bis zu 300 PS, der Turbo-Elfer sogar 450 PS. Mehr lässt sich in einem Serienfahrzeug nicht realisieren. Hydraulische Tassenstößel erübrigen das Einstellen des Ventilspiels – ein nicht unerheblicher Posten auf der Service-Rechnung. Insgesamt gilt der 993 als wartungsarm. Der beste, letzte „echte“ 911Bei der Einführung des 993 im Jahr 1993 versuchte Porsche, die kleinen Sünden des Vorgängers auszumerzen. Chefdesigner Harm Lagaay entschärfte die ausladenden Stoßfänger, formte den Po runder und integrierte die Scheinwerfer in die Kotflügel. Innen veränderte sich wenig – das Lenkrad saß nach wie vor tief und das optionale Automatikgetriebe bot nur vier Schaltstufen. Erstmals gab es Xenon-Licht und ein schönes Airbag-Volant. Ein neues Fahrwerk machte den 993 alltagstauglich, fast schon komfortabel. Es federte immer noch straff, entsprach aber den Vorstellungen der meisten Porsche-Kunden. Wasser gegen Luft, 993 gegen 991Zurück in der Gegenwart, zurück in Weissach. Georg lässt mich aufholen, nur um mich kurz danach wieder zu demütigen. Über Funk feuert er mich an und ich höre, dass er sich nicht einmal anstrengen muss. Seine Assistenzsysteme halten ihn in der Spur, gleichen Fahrfehler aus und geben sogar Zwischengas. In meinem Porsche sieht Fahrer-Assistenz anders aus: Die neue Mehrlenker-Hinterachse verschafft dem 993-Heck eine bisher nicht dagewesene Dynamik. Anstatt zu übersteuern, lenkt der Hintern gefühlt mit und schiebt meinen Elfer spurtreu durch die Kurve. Georg kann ich trotzdem nicht einholen, aber immerhin fahre ich schneller als jeder 964 auf der Strecke. Alle anderen Fahrberichte unserer 911-Serie findet ihr hier: Porsche 911 Ur-Modell, Porsche 911 G-Modell Quelle: MOTOR-TALK |