Eine Macht, diese Triumph. Das hubraumstärkste Motorrad der Welt ist scheinbar über alles erhaben – auch über jeden Zweifel? MOTOR-TALK-Autor Ralf Schütze hat den Kampf mit der Schwerkraft aufgenommen, die am Sieben-Zentner-Bike zerrt. Text: Ralf Schütze Fotos: Ralf Schütze (außer wo angegeben) Gigantisch tritt sie auf, die Triumph Rocket III Roadster. Mit einem längs eingebauten 2,3-Liter-Dreizylinder das hubraumstärkste Serienbike der Welt, mit 148 PS und 221 Nm Drehmoment unaufhaltsam stark, mit 367 kg Leergewicht ganz schön schwer, mit mattschwarzer Lackierung ein cooles Statement auf zwei Rädern. Bei aller Macht und Kraft: diese Maschine bringt nichts aus der Ruhe. Eine Eigenschaft, die ihr Fahrer übernimmt. Blech & FormMattschwarzer Lack kann aggressiv wirken, den mächtigen Triumph-Powercruiser lässt er jedoch eher lässig und edel erscheinen. Das liegt am Chrom, der überall blitzt, vor allem aber am monumentalen Motor. Seine Pracht in drei Zylindern bestimmt das Aussehen dieses Bikes. Auch ihn ziert reichlich echter Chrom. Das wirkt wie ein Geschenk so schön - und hebt sich wohltuend vom galvanisierten Kunststoff mancher Rivalin ab. Zwei riesige Rohre entlassen die Abgase ins Freie. Vorne zerstreuen zwei markentypische Rundscheinwerfer jegliche Zweifel an der Familienzugehörigkeit. Knapp darüber informieren zwei klassische Rundinstrumente, sogar über den eingelegten Gang oder den Füllstand des 24 Liter-Tanks. Ballonreifen der Dimension 150/80 R17 vorne und 240/50 R16 hinten verleihen dem Dickschiff, auch optisch, Bodenhaftung. Platz & VerhältnisseDer Roadster-Rider sitzt überraschend aufrecht. Zusammen mit den weit hinten und schräglagenfreundlich hoch platzierten Fußrasten ergibt das eine fahraktive Körperhaltung, die man auf dem Sieben-Zentner-Koloss zunächst kaum erwarten würde. Der breite Lenker führt dazu, dass sich der Fahrer im Stile eines Windsurfers gegen den Fahrtwind stemmt. Wer auf Fernreisen gehen will, greift entweder zum Schwestermodell Triumph Rocket III Touring und verzichtet für Scheibe und Koffer auf 42 PS und 15 Nm, oder er verpasst der stärkeren Rocket III Roadster praktische Behälter aus dem Zubehör von Triumph. Auch zu zweit kann man es sich auf der Sitzbank gemütlich machen. Selbst Langstrecke fühlt sich für Biker und Sozia entspannt an. Das mag man zwar von einem Motorrad mit satten 1,695 Meter Radstand und 2,50 Metern Länge erwarten. Trotzdem bietet die Roadster viel mehr Komfort als manch langgestreckter Cruiser aus Übersee. Britische Ingenieurskunst überzeugt bei diesem Modell mit ausgefeilter Ergonomie und Liebe zum Detail – bis hin zum ausreichend bestückten Werkzeugfach, das gut aufgeräumt unter der Cruiser-Couch liegt. Kraft & QuelleDrei Zylinder? Typisch Hinckley, könnte man sagen. Doch mit dem Hinweis auf Triumphs Heimat zwei Fahrstunden nordöstlich von London ist es hier nicht getan. Die drei riesigen Zylinder mit je 765 ccm werkeln hintereinander. Der Vorteil der Idee: Schmale Baubreite und die ideale Laufrichtung, um ohne Umlenkung die Motorkraft an einen pflegeleichten Kardanantrieb weiterzuleiten. Ein Nachteil wäre an sich die Kühlung vor allem des hintersten Zylinders, doch Wasserkühlung sorgt für Abhilfe.
Das Kraftwerk liefert Power in allen Lebenslagen. Schon knapp über Leerlauf steigt die Drehmomentkurve so steil an wie ein Bergmassiv. Der schiere Überfluss an Newtonmetern hält die Triumph Rocket III Roadster stets in Schwung – auch, wenn man sehr früh in den fünften Gang schaltet und aus Faulheit dort bleibt. Der Sound der beiden Chromrohre kann sich hören lassen. Die bekannte, leicht röchelnde Heiserkeit eines Dreizylinders entwickelt sich hier zum sonoren Soundtrack fürs engagierte Cruisen. Je nach Drehzahl reicht die Partitur von Brabbeln bis Brüllen. Hubraum säuft – ein Vorurteil, das die durstige Britin bestätigt. Trotzdem kann von Tankstellen-Hopping nicht die Rede sein. Das gigantische 24 Liter-Reservoir, das der Pilot mit seinen breit gespreizten Schenkeln umschließt, reicht selbst bei 6,6 l Durchschnittsdurst immerhin für 364 km Reichweite. Fahr & SpaßTrotz 240er Hinterreifen, und trotz 367 kg Lebendgewicht: Triumphs cooler Roadster legt sich ganz schön in die Schräge, ohne aufzusetzen. Die agile Sitzposition verleitet zum Angasen. Immerhin teilen sich stolze 148 PS die Herausforderung, den Ballast in Schwung zu halten. Weniger souverän als die Be- fällt die Entschleunigung aus: Bei kräftigen Bremsmanövern mit serienmäßigem ABS geht die Upside-Down-Gabel schon mal auf Anschlag. Das kann man verschmerzen. Denn bis es soweit ist, muss man wesentlich mächtiger in den Bremshebel greifen, als das der typische Roadster-Pilot in der Praxis machen wird. Ende & UrteilDie nahezu unterträgliche Leichtigkeit des Seins übermannt fast jeden Biker, sobald er mit der Triumph Rocket III Roadster in Bewegung kommt. Der oft voreilig verwendete Begriff vom „Big Bike“ ist von der Papierform her angebracht. Trotzdem: Jegliches Trägheitsgesetz scheint außer Kraft, wenn man die zunächst behäbig aussehende Fuhre durchs kurvige Geläuf zirkelt. Es steckt voller Überraschungen, das wahre Big Bike aus Good Old Britain. Technische Daten: Triumph Rocket III Roadster
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 30.09.2012
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