Wie allgemein erwartet, hat der Bundesrat heute mit der Neufassung der StVO die Winterreifenpflicht beschlossen. Am Tag nach der Veröffentlichung tritt die Verordnung damit in Kraft und gilt damit nach Angaben des ADAC ab der kommenden Woche. Der genaue Wortlaut der Neuregelung ist auf den ersten Blick etwas kryptisch geraten: „Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit Reifen gefahren werden, welche die in Anhang II Nr. 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG des Rates vom 31. März 1992 über Reifen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und über ihre Montage (ABl. L 129 vom 14.5.1992, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie 2005/11/EG (ABl. L 46 vom 17.2.2005, S. 42) geändert worden ist, beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S-Reifen). Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3 gemäß Anlage XXIX der Straßenverkehrszulassungsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1988, zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 872) dürfen bei solchen Wetterverhältnissen auch gefahren werden, wenn an den Rädern der Antriebsachsen M+S-Reifen angebracht sind.“ Ausnahmen für schwere Nutzfahrzeuge Im Klartext: Eine zeitliche Begrenzung der Winterreifenpflicht existiert nicht. Wann immer Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte eintreten, darf nur mit Winterreifen gefahren werden. Winterreifen definieren sich in der StVO durch die Kennzeichnung mit dem M+S (Matsch und Schnee, engl. mud and snow) Symbol. Ausgenommen von der Winterreifenpflicht sind schwere Nutzfahrzeuge wie Busse und Lkw ab einer bestimmten Größe. Hier genügt es, wenn entsprechende Reifen auf die Antriebsachse aufgezogen wurden. Auch Land- und Forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge sind prinzipiell ausgenommen, da sie meist ohnehin mit grobstolliger Bereifung fahren. Bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht wird ein Bußgeld von 40 Euro fällig. In Tateinheit mit der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer verdoppelt sich das Bußgeld auf 80 Euro. Dafür muss das Fahrzeug jedoch bewegt werden, wer sein Auto mit Sommerreifen im Winter lediglich parkt, hat keine Bestrafung zu befürchten. Kritik an der Neuregelung Der Auto Club Europa (ACE) kritisiert die Ausnahmeregelung für schwere Nutzfahrzeuge. Das häufige Querstehen von LKW sei so kaum zu verhindern. Das Bundesverkehrsministerium hatte argumentiert, dass die Reifen an den übrigen Achsen solcher Fahrzeuge grundsätzlich besser für den Ganzjahreseinsatz geeignet sind als PKW-Sommerreifen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Festlegung auf die Kennzeichnung M+S in der Winterreifen-Verordnung. Dieses Symbol ist nicht geschützt oder durch den Gesetzgeber definiert. Jeder Reifenhersteller kann das M+S-Symbol auf jeden Reifen prägen, unabhängig davon ob der Pneu die Eigenschaften von Winterreifen aufweist oder nicht. Auf eine Festlegung auf bestimmte Eigenschaften wurde ebenso verzichtet wie auf eine Neufassung der Bestimmungen zur Mindestprofiltiefe. Weiterhin sind Winterreifen bis zu einer Profiltiefe von 1,6 mm zulässig, obwohl nach einhelliger Auffassung der Hersteller und Automobilclubs die spezifischen Wintereigenschaften unterhalb einer Profiltiefe von 4 mm verlorengehen. Polizei: Winterreifenpflicht wird nicht konsequent kontrolliert Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht unterdessen davon aus, dass die Winterreifenpflicht nicht besonders intensiv kontrolliert wird. Der Polizei fehle dafür das Personal, so ein Sprecher im Saarländischen Rundfunk. Die Polizei sieht demnach weiterhin Alkohol am Steuer und zu hohe Geschwindigkeit als Haupt-Unfallursachen an und richtet daran auch ihre Kontrollen aus. Nach Aussage des ADAC tritt die Verordnung mit dem Passieren des Bundesrats in der kommenden Woche in Kraft. Der Reifenhandel rechnet nun noch einmal mit einem Ansturm von bisherigen Winterreifenmuffeln auf die Saisonpneus. Nach Auskunft des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk werden in diesem Herbst gute 20 Prozent mehr M+S-Reifen an den Fachhandel ausgeliefert als im Vorjahr. Unsere kleine Serie: Gesetzesänderungen und Neuerungen 2011 Teil 1: Winterreifenpflicht Teil 2: Führerschein mit 17 Teil 3: Das neue E10-Benzin Teil 4: Neue und strengere Umweltzonen 2011 Teil 5: Tagfahrlicht, Steuern und weiteres Teil 6: Neue Regional- und Typenklassen in der Kfz-Versicherung Teil 7: Europäisches Ausland
Von Björn Tolksdorf
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 26.11.2010
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