Aufgebockt, mit Plastik verziert und allradgetrieben: Als Allroad mimt der Audi A4 ein SUV. Mit der Bodenfreiheit steigt allerdings der Preis auf Q5-Niveau. Test.
Berlin – SUVs sind so beliebt, dass manche Kombis gern auch eins wären: Plastik an Radläufen und Stoßfängern, das sieht doch gleich härter, cooler und moderner aus. Solche rustikalen Kombis gibt es zum Beispiel von Volvo, Opel, Mercedes, Skoda, Seat, VW und Audi. Beim A4 heißt das „Allroad“. Dann fährt man kein SUV, hat aber fast so viel Platz unterm Auto. Und Allradantrieb. Quelle: MOTOR-TALK Der steckt serienmäßig im A4 Allroad. Der Aufpreis zum normalen A4 Avant Quattro liegt bei 2.000 Euro. Dafür gibt es einen neuen Grill, außen etwas Plastik, mehr Fahrzeughöhe sowie 17-Zöller mit größerem Reifenumfang. Und die Gewissheit, dass man sich bewusst gegen ein SUV entschieden hat. Die kleinstmögliche Preis-Differenz zum Audi Q5 liegt allerdings bei nur 350 Euro. Die wichtigsten Extras (3-Zonen-Klima, Navi, Matrix-LED, Alcantara/Leder) kosten in beiden Autos das gleiche. Karosserie: Flacher, länger und leichter als ein SUVWarum also ein Kombi? Dafür gibt es gute Argumente. A4 Allroad und Q5 bauen auf der gleichen Plattform auf, sind ähnlich groß und technisch nah beieinander. Doch: Der Kombi wiegt als Benziner 1.655 Kilogramm – 140 Kilo weniger als das SUV. Hinzu kommt eine kleinere Stirnfläche. Beides wirkt sich auf Verbrauch und Fahrleistungen aus. Die Geländeambitionen des A4 Allroad beschränken sich weitestgehend auf kosmetische Elemente. Der Unterfahrschutz ist nur angedeutet. Und den schwarzen Kunststoff lackiert Audi für 950 Euro in Wagenfarbe. Kratzfest? Wohl kaum, aber die meisten SUV fahren ebenfalls nie im Gelände. Doch wenn mal ein Feldweg bezwungen werden muss, helfen Bodenfreiheit, Allradantrieb und Fahrprogramme immerhin ein bisschen. Antrieb: Viel Kraft, aber angestrengter SoundQuelle: MOTOR-TALK Im A4 Allroad bietet Audi nur einen Benziner an: Der 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo leistet 252 PS und 370 Newtonmeter Drehmoment. 40 Kilo zusätzliches Gewicht und die größere Stirnfläche gegenüber einem normalen A4 machen ihn auf dem Papier etwas langsamer. Dennoch sprintet und fährt er ähnlich schnell wie der V6-Kompressor mit 272 PS im Vorgänger. Der Vierzylinder klingt aber nicht so souverän und unter hoher Last sogar angestrengt. Das serienmäßige Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet schnell. Im Stau und bei ungewöhnlichen Lastwechseln nervt es leider mit Unsicherheiten. Langsam rollen und dann schnell beschleunigen mag es nicht, die Kombination Gang-Gas-Kupplung dauert zu lange. Ein manuelles Getriebe gibt es nur für die kleinen Diesel, eine Wandlerautomatik nur beim großen V6 Diesel. Audi gibt den A4 Allroad TFSI mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,4 bis 6,7 Litern pro 100 Kilometer an. Dabei soll der neue Allradantrieb „Ultra“ helfen, der die Kardanwelle an Hinterachs- und Mittendifferential abkopplen kann, um das Schleppmoment zu reduzieren. Im Durchschnitt verbrauchten wir 9,2 Liter Super pro 100 Kilometer. Bei hohen Geschwindigkeiten schluckt der A4 Allroad unverhältnismäßig viel mehr. Fahrwerk: Sicherheitshalber untersteuerndQuelle: MOTOR-TALK Fahrerisch fällt die zusätzliche Höhe des A4 Allroad in den meisten Fällen kaum auf. Ein gut ausbalanciertes, adaptives Fahrwerk (980 Euro) fängt den drei Zentimeter höheren Schwerpunkt ab. Querdynamik gibt es dennoch vor allem nach dem Scheitelpunkt – und dann auch nur, bis der A4 über alle vier Räder schiebt. Insgesamt legt Audi den A4 Allroad untersteuernd aus. Viele Fronttriebler sind agiler und spontaner. Um Sport kümmern sich in dieser Baureihe eben andere Modelle. Der Allroad fährt komfortabel, leise und narrensicher. Eine nervöse Hinterachse wie im Audi A4 mit Frontantrieb konnten wir nicht feststellen. Innenraum: Tolle Materialien, überschaubarer KofferraumBesonders großzügig sitzt man nicht im A4. Auf den vier äußeren Sitzen genügt der Platz für große Erwachsene, auch auf längeren Strecken. 505 Liter Kofferraumvolumen reichen in den meisten Fällen aus. Mit dem Kinderwagen wird es eng, bei einem zweiwöchigen Familienurlaub mit vier Personen stapelt man bis unter das Dach. BMW 3er Touring und Mercedes C-Klasse T-Modell laden ähnlich viel ein. Viele Kompakt-Kombis können das heute besser als die Vertreter der Mittelklasse - ebenso wie SUV. Ein Q5 schluckt 45 Liter mehr als der A4. Bei Materialien, Verarbeitung und Ergonomie erlaubt sich Audi keine Fehler. Bequeme, langstreckentaugliche Sitze, eine übersichtliche Mittelkonsole, verständliche Bedienung und gut erreichbare Schalter – viel besser kann man es nicht machen. Infotainment und Assistenten: Viel Technik in der MittelklasseQuelle: MOTOR-TALK Das gilt auch für die Bedienung des Infotainments. Die Steuerung mit Dreh-Drück-Regler arbeitet selbsterklärend und übersichtlich. Für die Technik verlangt Audi ordentlich Aufpreis: Ein Navigationssystem mit 7-Zoll-Display und Sprachsteuerung gibt es für 1.500 Euro. Das große System mit Online-Diensten, Handschrifterkennung und 8,3-Zoll-Display kostet 2.820 Euro. Teuer, schnell, simpel und zuverlässig. Besonders positiv ist uns der Effizienzassistent aufgefallen. Der meldet enge Kurven und Geschwindigkeitsbegrenzungen im Voraus. Ist der Tempomat aktiviert, lässt er den A4 selbständig ausrollen. Schlecht: Der Stau-Assistent hindert das Auto weiterhin am Bilden einer Rettungsgasse auf der Autobahn, wenn der Vordermann nicht auch zur Seite fährt. Das monierten wir bereits am neuen Q7. Preis: Q5-Niveau im aufgebockten A4Quelle: MOTOR-TALK Zurück zum Anfang: Der A4 Allroad startet bei 41.700 Euro – gut 10.000 Euro mehr als ein Basis-A4. Dafür gibt es einen Kombi mit 150-Diesel-PS, Schaltgetriebe und Allradantrieb. Unser Testwagen mit 252-PS-Benziner, großem Navi, 3D-Sound, LED-Licht und allerhand Assistenten kostet laut Preisliste üppige 70.620 Euro. Ohne Allroad-Paket wäre das Auto 2.000 Euro günstiger – und kaum unpraktischer. Ein Audi Q5 kostet ungefähr so viel wie der A4 Allroad. Das SUV ist breiter und höher, dafür kürzer und bietet mehr Platz im Kofferraum. Derzeit fehlen noch einige Assistenzsysteme und Motoren im Konfigurator, langfristig bekommt er aber alle Technik-Optionen. Die Entscheidung zwischen Möchtegern- und echtem SUV trifft letztlich also der Geschmack. Audi A4 Allroad 2.0 TFSI Quattro: Technische Daten
|