Der Porsche 914 hatte viele Spitznamen, aber keinen netten. Als Opfer der Markenstrategie von VW und Porsche hatte er keine Chance. Wir können das sogar verstehen.
Berlin – Wenn zwei sich streiten, kommt so ein Auto raus. Der Porsche 914. Mit ihm wollten VW und Porsche ein gemeinsames Fahrzeug vertreiben. Wollten? Eher mussten. Eigentlich war Anfang der 1970er Jahre kein Platz neben den Göttern. Die hießen bei VW Käfer und bei Porsche 911. Modellvielfalt? Fehlanzeige. Beide Unternehmen konzentrierten sich aufs Kerngeschäft und auf wenige Fahrzeuge. Der 914 mit Targa-Dach war ein Versuch, beide Lager zu vereinen. Er sollte kläglich scheitern. Rückblick: Einstigesporsche mit Karmann-Genen1965 sucht VW einen Nachfolger für den Karmann Ghia, Porsche plant ein Fahrzeug unterhalb des Elfers. Zwischen Stuttgart und Wolfsburg entsteht eine Zusammenarbeit. Die beiden unterschiedlichen Firmen vereinbaren ein gemeinsames Modell auf Großserientechnik. Lange vor Porsche Cayenne und VW Touareg. 1966 steht das Fahrzeugkonzept. Als Motor soll ein 1,7-Liter-Vierzylinder des VW 411 („Nasenbär“) dienen. Achsen, Getriebe und Bremsen sollen aus dem VW-Regal stammen. Sie sind billiger als Komponenten von Porsche, für den Einsatz in einem Sportwagen aber ungeeignet. Porsche rebelliert das erste Mal, setzt auf Teile des 911ers. Es bleibt vorerst beim Vierzylinder. Die schwäbischen Tüftler bereiten aber schon alles für den Sechszylinder des 911 T vor. Der passt dann wenig später perfekt rein. VW-Porsche verkauft ein ZwischendingDoch der Frieden hält nur kurz. Porsche hat neben seiner Arbeit als Hersteller einen Entwicklungsauftrag für den Käfer-Nachfolger angenommen. Das Projekt verschlingt sämtliche Ressourcen des kleinen Herstellers. VW will die Entwicklung des 914 stornieren. Porsche bäumt sich auf, will den Zweisitzer notfalls selbst bauen. Nach zähen Verhandlungen lenkt VW ein, aber unter neuen Voraussetzungen. Eigentlich sollte der Vierzylinder unter dem Markennamen VW laufen, der Sechszylinder unter Porsche. Erst gab es (wieder) Streit, dann die Einigung und die neue Vertriebsfirma „VW-Porsche“ – ein Unternehmen ohne große Fortune. Mit der flachen und engen Karosserie und dem Vierzylindermotor hängt er zwischen den beiden Marken. Vom Vierzylinder entstehen bis zum Produktionsende 1975 immerhin 115.646 Stück bei Karmann. Vom Sechszylinder bis 1972 nur 3.332 Fahrzeuge in Stuttgart. So schnell wie ein ElferDer 914 mit sechs Zylindern kostete 19.000 Mark. Mehr, als die meisten Kunden bezahlen wollten. Ein VW 1200er-Standard kostete 1970 nur 4.695 Mark, der Porsche 911 T Targa rund 23.200 Mark. Der 914-6 konnte zu viel für einen VW, denn er war so schnell wie ein Elfer. Der 911 T hatte zur selben Zeit 15 PS mehr. Beide sprinten in 8,6 Sekunden auf Tempo 100 und fahren 207 km/h Sptize. Für den Firmenfrieden wurden die technischen Daten des 914er gedrückt. Einen der raren 914 mit Elfer-Technik hat das Porsche-Museum vor Kurzem aufgekauft. Ein unrestauriertes, mit schöner Patina und genauso schönen Narben. Unter dem Blech des 914-6 hängt der 2,0-Liter-Sechszylinder des 911 T mit 110 PS. Als Mittelmotor, also vor der Hinterachse. Porsche 914-6: Ein Auto für MasochistenEng, laut, heiß. Komfort kennt der 914 nicht. Der Motor strahlt seine Hitze in den Innenraum ab. Mit geschlossenem Dach wird es schnell unerträglich, oben ohne bleibt es heiß. Der 914 ist ein Auto für Masochisten: Enge und Hitze nerven, der Einstieg fordert. Bei geschlossenem Dach sollte man gelenkig sein. Die Sitze liegen tief, viel tiefer als in einem Elfer, sind dünner und bieten Komfort und Seitenhalt einer Serviette. Man sortiert die Beine neben das große Lenkrad. Ab und zu schaut man auf den mittigen Drehzahlmesser, fährt aber sonst nach Gehör. Vorteil: Man rutscht mit dem Hintern gefühlt direkt auf der Straße. Wenig andere Autos kommen diesem Go-Kart-Gefühl so nahe – erst recht kein VW-Modell. Der 914 fährt direkter, zackiger durch Kurven als der Elfer – trotz weicher und unpräziser Hinterachse. Der Sechszylinder dreht sogar leichtgängiger und gieriger hoch als im Motorenspender, die beiden 40er-Weber-Vergaser schlürfen dabei gierig Sprit. Unterhalb von 4.000 Touren kommt allerdings das Käfer-Gen durch, so träge arbeitet der Motor. Die Maschine sägt direkt hinterm Rücken höllisch laut, der Druck bleibt aber aus. Erst kurz darüber packt es den Sechszylinder und seine Herkunft wird deutlich. Die Klangorgie reicht dann bis rund 6.000 Touren, bis der nächste Gang folgt. Wenn es denn klappt. Schlimme Getriebemechanik, gute RennhistorieDenn das Getriebe ist eine mittlere technische Katastrophe. Es sitzt ganz hinten im Auto, die Schaltmechanik wird mehrfach mechanisch umgelenkt. Haben die einzelnen Umlenkungen zu viel Spiel, wird der Gangwechsel zur Glückssache. Vor allem wenn Kurven die weiche Karosserie verspannen, wird es eng. Zahnräder knirschen, Nerven liegen blank. Doch Profis können mit dem Mittelmotor-Sportwagen umgehen. 1970 gewinnt bei den 24 Stunden in Le Mans in der GT-Klasse ein 914 vor einem 911. Ein Fiasko! Denn mit dem Auto verdient Porsche kein Geld, Werbung ist unerwünscht. Dazu kommen noch die Sprüche: Aus VW-Porsche wird im Volksmund Volksporsche, wird VoPo. Ein Volkspolizist aus Stuttgart. Dabei ist er kein langweiliger Beamter, sondern ein Sportwagen. So reinrassig, wie es ein Elfer nie war und nie werden wird. Die fehlende Lobby im Haus und Streitereien zwischen VW und Porsche lähmen die Weiterentwicklung. Der Sechszylinder wird nur bis 1972 gebaut, der Vierzylinder läuft noch drei Jahre länger. Für sein nächstes gemeinschaftliches Projekt hat sich Porsche da schon längst einen neuen Partner gesucht. Der 924 entsteht ab 1976 mit Audi. Eine Beziehung, die länger halten sollte. Technische Daten: Porsche 914-6
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