Auf der Konferenz der "Automobilwoche" 2015 sprach MOTOR-TALK-Chef Tom Kedor über vernetzte Autos. Und zeigte, dass vor allem die Hersteller darauf warten, nicht die Autofahrer.
München – Big Data, Car Data. Beide Begriffe stehen für Zukunft und für eine Sinnkrise der Autoindustrie. Zukunft deshalb, weil die Datenströme in und um unsere Autos mit beeindruckendem Tempo an Bedeutung gewinnen. Viele nutzen Echtzeit-Informationen in einem Stau, um die beste Ausweichroute zu finden. Das Notrufsystem eCall wird ab 2018 Pflicht. Daten über Kauf- oder Mietverhalten werden gesammelt, Carsharing-Autos per App gefunden. All das sind Dinge, die vor zehn Jahren noch außerhalb der Vorstellung der meisten Autofahrer lagen. Quelle: MOTOR-TALK Sinnkrise deshalb, weil die Autoindustrie beim Einsatz neuer Technologien oft hinterherläuft. Moderne Bord-Infotainment-Systeme erreichen bei der Präsentation eines Autos meist nicht den technischen Stand, der auf Smartphones und Tablets erlebbar ist. IT-Giganten wie Apple oder Google drängen mit innovativen Lösungen ins Auto. Wie denken Autofahrer über vernetztes Fahren?Big Data, Car Data, unter diese Themen stellt die Branchenzeitschrift "Automobilwoche" ihre aktuelle Konferenz in München. Tom Kedor, Geschäftsführer von MOTOR-TALK, hielt dazu eine beachtete Keynote. Dabei folgte er einer einfachen Idee: Wie denken Autofahrer über vernetztes Fahren? Gefühlt hat dazu jeder eine Meinung. MOTOR-TALK wollte es aber konkret wissen und befragte dazu die Community, die Teilnehmer der Konferenz sowie Autofahrer in Nordamerika. Insgesamt antworteten knapp 3.000 Menschen. Das Ergebnis schreckte die Konferenzteilnehmer auf. Denn die Umfrage zeigte klar: Der Großteil der Autofahrer kann im sogenannten Connected Car noch keinen Mehrwert erkennen. Sie sind weder besonders bereit, Daten dafür zur Verfügung zu stellen, noch entschieden mehr Geld beim Autokauf zu investieren. Die deutschen Autofahrer würden 900 Euro pro Auto ausgeben, wenn die Technologie einen echten Mehrwert für die Autofahrer bringt. Aktuell kommt dieser Mehrwert bei digitalen Anwendungen von App-Anbietern, von Google oder Apple. Autohersteller müssen die Plattform, das Fundament seinQuelle: MOTOR-TALK In den seltensten Fällen schaffen die Autohersteller selbst einen digitalen Mehrwert. Zwar versuchen einige, in diesen Bereich vorzudringen. Der Erfolg ist aber noch bescheiden. „Viele Autohersteller glauben, sie müssten in ihren Autos selbst die beste App, die beste digitale Technik anbieten. Doch das müssen sie gar nicht. Sie dürfen nicht der Gatekeeper für Innovationen sein, sondern die Plattform, die Basis, das Fundament, um Entwicklern, Programmierern oder Studenten den Raum für kreative Lösungen zu bieten,“ sagte Kedor zu den Vertretern aus der Automobil-Industrie. Aktuell gibt es 1,4 Millionen Apps im App-Store. Im Jahr 2007, als Apple das erste iPhone auf den Markt brachte, gab es keine einzige. Der Umfrage zufolge sehen zwar 53 Prozent der Befragten aus der Autoindustrie eben diese als Vorreiter für Innovationen. Aber 32 Prozent der deutschen Autofahrer sehen eher die IT-Industrie oder E-Auto-Anbieter wie Tesla als Innovationsführer. In den USA glauben sogar 50 Prozent der Verbraucher, dass diese Unternehmen die Autohersteller bei Innovationen im Auto abhängen werden. Dazu zeichnete Kedor eine Vision für die Autos der Zukunft. Das Auto bleibe als individuelles Transportmittel in seiner Grundeigenschaft erhalten. Es könne aber mit entsprechender Technik wie ein weiteres Gerät genutzt werden, neben dem Smartphone, Tablet, Laptop, Fernseher und der Apple Watch. Es sei nun an den Autoherstellern, aus alten Strukturen auszubrechen und neue Entwicklungsmöglichkeiten zu erlauben. Wichtiger denn je wird es dabei, den Autofahrer mitzunehmen, sein Vertrauen zu gewinnen. Und zu behalten. Besonders in Deutschland stehen Autofahrer der Nutzung ihrer Daten skeptisch gegenüber. Ein Drittel möchte gar nicht, dass die Daten benutzt werden. Ein Grund dafür ist die unklare Rechtslage, und die Unsicherheit: Was machen Unternehmen mit meinen Daten, ohne dass ich es kontrollieren kann? Immerhin: Wenn Daten aus dem Auto genutzt werden dürften, dann vertrauen Autofahrer diese am ehesten ihrer Werkstatt (Deutschland: 45 Prozent) oder dem Hersteller selbst (Deutschland: 42 Prozent) an. |