Der letzte Opel Kadett ist nicht totzukriegen. Erst eroberte der kleine Bochumer alle Kontinente, dann machte er seinem Nachfolger Konkurrenz. Noch heute wird er gebaut.
Köln - Der Opel Kadett E feiert seinen 30. Geburtstag, wird hierzulande mit dem H-Kennzeichen zum Oldtimer geadelt. An einem anderen Ende der Welt läuft er als Neuwagen vom Band: als Uz-Daewoo Avto Nexia in Usbekistan und Indien. Opel schaffte es mit dem letzten Modell der seit 1936 gebauten Kadett-Familie noch einmal auf alle Erdteile. Der Kadett E ist das meistgebaute Kadett- und Opel-Modell aller Zeiten. Allein in Deutschland liefen 3,8 Millionen Kadett E vom Band. Darunter waren 58.572 Cabriolets, 685.171 Caravan und 742.634 Stufenheck-Limousinen. Hinzu kommen Ableger, die unter zehn anderen Quelle: Opel Markennamen und 20 weiteren Modellbezeichnungen gefertigt wurden, als Asüna (Kanada), Bedford und Vauxhall (UK), Chevrolet, Isuzu, Pontiac oder Passport. Daewoo in Korea wurde durch den Kadett zum Global Player, wovon auch der Oldtimer-Opel bei Uz-Daewoo kündet. In Südafrika taufte GM den 1991 vorgestellten Nachfolger Astra in Kadett um. Möglich wurde diese beispiellose Karriere des letzten Opel mit maritimem Namen durch seine avantgardistische Form, fortschrittliche Technik und eine damals konkurrenzlose Karosserievielfalt. Aerodynamik-WunderMutiges Design wird selten belohnt: Als etwa Ford 1982 den kantigen Taunus durch den Sierra ersetzte, stürzten die Verkaufszahlen ab. Opel war kaum weniger mutig, beim Wechsel vom Kadett D auf den Kadett E, der einen cW-Wert von 0,30 aufwies. In Großbritannien fuhr der Kadett als Vauxhall Astra an, die Stufenheckversion hieß Belmont. Der Kadett wurde besser angenommen: Mit dem Kadett E konnte Opel dem konservativ gehaltenen Golf II Kontra geben und dem Ford Escort deutlich davonfahren. Schon am Anfang seiner Karriere würdigten die Medien den kompakten Bochumer mit der Auszeichnung „Auto des Jahres“ und hervorragenden Platzierungen in fast allen Vergleichstests. Zwar basierte der Kadett E auf der technischen Basis des Kadett D von 1979, der Neue sorgte aber mit innovativen Sicherheits- und Spritspartechniken, Sportversionen und einem nie dagewesenen Kaleidoskop an Karosserien für Furore. Helmut Schmidt fuhr Sport-KadettDie Fortschrittlichkeit der Form fand ihre technische Entsprechung im GSI. Die sportliche Spitzenversion mit bis zu 156 PS Leistung bot Esprit, wie ihn bei kleinen Opel noch niemand gesehen hatte. Digitale LCD-Instrumente, luxuriöse Ausstattungsdetails aus höheren Klassen und ab 1987 ein überlegener 16V-Motor bewegten sogar manchen BMW-3er-Fahrer zum Umstieg. Quelle: bmt Erstmals hatte der VW Golf GTI seinen Meister gefunden, nicht nur weil der Opel GSI mit 215 km/h Spitze und 8,0 Sekunden auf 100 km/h allen davon fuhr. Auch bei Rundstreckenrennen war der Kadett GSI in der Zwei-Liter-Klasse über Jahre unschlagbar. Als Opel 1989 in die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft (DTM) einstieg, wurden die 199 kW/270 PS leistenden GSI im DTM-Trimm sofort absolute Publikumslieblinge. Zuvor hatte der Kadett bereits die Rallyeszene aufgemischt, in der WRC und bei nationalen Serien. Sogar Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt fuhr damals fünf Jahre lang einen schwarzen Kadett GSI Champion, der optional mit edlem Connolly-Leder aufgerüstet werden konnte. Erfolgreich mit StufeNoblesse strahlte auch das von Bertone gezeichnete Kadett Cabriolet aus. Der offene Viersitzer wurde auf der IAA 1985 vorgestellt und ging zwei Jahre später bei der Carrozzeria Bertone in Serie. Auf den Überrollbügel durfte der Luftikus zwar nicht verzichten. Dafür vermied Opel den hässlichen Verdeckwulst hinter den Rücksitzen, der die Linienführung der Konkurrenz von Ford und VW beeinträchtigte. Die großen Stückzahlen machte Opel natürlich mit einfachen Limousinen und Kombis. Neben der drei- und fünftürigen Schräghecklimousine gab es eine 4,22 Meter lange viertürige Limousine, die sich mit 740.000 Fahrzeugen sogar besser verkaufte als der Kombi Caravan. Die Kombiversion gab es als drei- und fünftürigen Familien- und Freizeitfrachter, als Lieferwagen und als Kleintransporter Combo. Für Vortrieb sorgten 1,2 bis 2,0 Liter große Vierzylinder-Benziner mit einem Leistungsspektrum von 55 PS bis 156 PS. Eine Vorreiterrolle übernahm Opel bei der Einführung des geregelten Drei-Wege-Katalysators. Auch Diesel durften natürlich nicht fehlen. Der Kadett E Diesel bewies seine Zuverlässigkeit auf einem 30.000 Kilometer langen Stresstest, der den nur 54 PS „starken“ Selbstzünder von Alaska nach Feuerland führte. Der E-Kadett als E-MobilQuelle: Opel Im Unterschied zum unüberhörbar nagelnden Diesel arbeitete der Antrieb des 1991 vorgestellten Kadett Impuls völlig geräuschfrei. Die Elektro-Version des Kadett fuhr gerade einmal 100 km/h schnell und besaß eine 310 Kilogramm schwere Batterie. Nach nur fünf Stunden Ladezeit an Haushaltssteckdosen war der E-Kadett fit für 80 Kilometer Reichweite. Zu einer Serienproduktion des Stromers kam es nicht mehr. 1991 ersetzte Opel den Kadett durch den Astra, aber damit war noch nicht Schluss. Das Kadett Cabrio bleibt bis 1993 im Angebot, wird aber nur noch als Opel Cabrio beworben. Und 1995 gab es Konkurrenz für den Astra: Der Kadett kehrte als Daewoo Nexia zurück. Der Lizenzbau aus Korea lockte mit Preisen, die sich auf dem Niveau gut erhaltener gebrauchter Kadett E bewegten. Mancher Opel-Fahrer griff da lieber zum Neuwagen aus Fernost als zum deutschen Gebrauchten. |