Mit Euren Fragen im Gepäck besuchte MOTOR-TALK das Herz von Mercedes, das Entwicklungszentrum in Sindelfingen. Was wir gefunden haben? Viel Herzblut und noch mehr Antworten.
Sindelfingen - Die neue Mercedes E-Klasse fährt im Kreis oder besser gesagt: im Oval. 12,3 Kilometer, voll symmetrisch. Weit und breit ist kein anderes Auto zu sehen. Dennoch bremst und lenkt der Fahrer, schert aus und ein. Dieses Spielchen wiederholt sich, Runde für Runde, 75.000 Kilometer lang. Der Marathonlauf mit den unsichtbaren Hindernissen ist Teil der Langzeiterprobung und eines der Themen, die Euch rund um die Entwicklung der neuen E-Klasse am meisten interessiert haben. Die anderen Themen folgen. Bei Mercedes nennt sich der Härtetest Dauererprobung. Die Schwaben nehmen das beim Wort und schicken ihre Autos auf regelrechte Endlostouren. Im vergangenen Jahr haben alle Testfahrzeuge mehr als 47 Millionen Kilometer auf ihren Tachostand gespult. Um genau zu sein waren es 47.535.042 Kilometer. Mehr als 22 Millionen davon fuhren die Autos auf öffentlichen Straßen in Deutschland. Weitere 10 Millionen auf dem Prüfgelände in Papenburg. Eine CD statt stockendem VerkehrQuelle: Mercedes-Benz Das Dauerkreisen in Papenburg gehört zum Autobahn-Testlauf. 75.000 Kilometer Rundkurs, 25.000 Kilometer Autobahn. Während der eine Fahrer echte Lkw überholt, im Feierabendverkehr feststeckt und am Ende des Tempolimits kräftig aufs Gas tritt, erlebt der andere all das wie in einer Geisterwelt, diktiert vom Navigationsgerät, das die Baustellen und Rushhour von einer CD aufs freie Testfeld holt. Gefahren wird überall auf der Welt, in allen Höhen und Tiefen, im kalten Skandinavien und bei Hitze in den Vereinten Arabischen Emiraten, im feuchten China und im trockenen Las Vegas. Neben dem Autobahn-Dauerlauf gibt es den Offroad-Parcours, den Taxibetrieb und vieles mehr. 300.000 km im ZeitrafferDie Erprobungszeit ist knapp. Die Fahrer sind im Drei-Schichtbetrieb auf der Straße. Dennoch bleiben nicht genügend Stunden, alle Kilometer tatsächlich zu fahren. Ein Zeitraffer muss her, die E-Klasse muss in kurzer Zeit so stark belastet werden, dass es weh tut, dass es knarzt und ächzt und kracht. Schließlich müssen 300.000 Kilometer simuliert werden. Die Dauerläufer gehen an die Grenzen der Fahrzeuge. Die Autos werden mit Säcken voller Steine bis zum Maximum beladen. Die Strecken sind teilweise so rau, dass Reinhard Paulus, Leiter der Dauererprobung, niemals gedacht hätte, dass ein Auto sie überhaupt fahren könnte. Mercedes verspricht: Die Autos werden so heftig gestresst, gepiesackt und geschlaucht, dass ihnen 300.000 Kilometer auf der Straße nichts mehr anhaben können. Das gilt sowohl für den gemütlichen Sonntagsfahrer als auch für den Taxibetrieb im Berliner Chaos-Verkehr. Die ganze Welt auf einem ServerQuelle: Mercedes-Benz Die Testfahrzeuge sind getarnt. Je nach Stufe der Erprobung klebt mehr oder weniger schwarze Folie auf dem Blech. Im Kofferraum steckt die Technik. Sie zeichnet alles auf und schickt die Daten via WLAN an einen zentralen Server. Hier kommen die Testdaten aus den USA, Deutschland, China und von allen anderen Teststätten zusammen. Über der Mittelkonsole ist ein Laptop montiert, für die Notizen des Fahrers. Nach jeder Fahrt muss ein Bericht geschrieben werden. Alles läuft sehr akribisch und systematisch ab. Doch das war nicht immer so. „Wir wissen, dass es früher Probleme gab“, sagt Paulus, „Doch wir haben aus unseren Fehlern gelernt“. In den vergangenen Jahren sei sehr viel digital getestet worden. „Man dachte, die simulierten Tests könnten die praktischen ersetzen“, sagt der Dauerlauf-Experte. Heute weiß Mercedes, wie die anderen Hersteller auch, dass dies nicht der Fall ist. 47 Millionen Kilometer über Stock und Stein sind durch nichts zu ersetzen. Nicht nur die Redaktion ist für Euch nach Sindelfingen gefahren. Auch MOTOR-TALKer MB Dieselmaster war mit dabei. Was er erlebt hat, lest Ihr in seinem Blog. |