Der neue Opel Astra wiegt weniger als sein Vorgänger, fährt sportlicher und moderner. Wir finden das richtig gut. Nur ein Teil trübt das stimmige Bild. Ein Fahrbericht.
Wien – Schlank wirkt er, sportlich, durchtrainiert - und elegant. Die Rede ist nicht von Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, einem passionierten Marathonläufer und Asket, sondern vom neuen Astra. Genau wie der Opel-Boss vor wichtigen Wettkämpfen setzte auch der Kompakte vor dem Modellwechsel auf Training und Diät. Durch die D2-Plattform von General Motors spart der Astra rund 80 Kilogramm an der Karosserie und etwa 40 Kilogramm an den Achsen. Die Basisversion wiegt 140 Kilogramm weniger, beim Volumenmodell mit 1,4 Litern Hubraum und 150 PS sind es 150 Kilogramm. Für eine bessere Gewichtsverteilung sitzt die Starterbatterie unter dem Kofferraumboden. Dadurch muss der Kompakte eigentlich leicht durch die Kurven fetzen. Doch dazu später mehr. Weniger Radstand, mehr PlatzErst einmal heißt es einsteigen und anschnallen. Die Designer haben den Innenraum komplett umgekrempelt. Dadurch wirkt er nicht nur größer, er ist es auch. Die Knie im Fond haben 3,5 Zentimeter mehr Platz als vorher, vorn wuchs die Kopffreiheit um 2,2 Zentimeter. Das klingt nach wenig, fühlt sich aber nach mehr an. Vier Erwachsene finden im neuen Astra ausreichend Platz. Dabei wurde der Astra K im Vergleich zum Vorgänger fünf Zentimeter kürzer und fast drei Zentimeter flacher. Der Radstand schrumpfte um 2,3 Zentimeter auf 2,66 Meter. Die Sitze fühlen sich auf den ersten Metern gut an, lassen sich weit und tief verstellen. Gegen Aufpreis (ab 1.750 Euro, inklusive Leder) installiert Opel Sitze mit Massagefunktion, Belüftung und Sitzwangenverstellung. Für die Kompaktklasse ein ungewohnter Luxus. Gut gemeint, aber die Sitze passen nicht: Nach ein paar Stunden im Auto zwicken die Wangen in den Seiten, halten in schnell gefahrenen Kurven den Körper nicht im Sitz. Auch lassen sich die Kopfstützen nur in der Höhe verstellen, nicht in der Neigung. Touchscreen mit 7 oder 8 ZollDas Cockpit des Astra kommt ohne die vielen kleinen Knöpfe des Vorgängers aus. Stattdessen gibt es getrennte Menübereiche für Klima, Navi und Fahrassistenzsysteme. Das sieht aufgeräumt aus und ist logisch angeordnet. Vier Rundinstrumente sowie ein großes Display für den Bordcomputer sorgen für Durchblick, der Touch-Monitor in der Mittelkonsole steuert das Infotainment-System. Ab Ausstattung „Edition“ verbaut Opel ein 7-Zoll-Touchscreen mit dem „IntelliLink“-System. Das unterstützt Smartphone-Verbindungen Apple CarPlay und Android Auto. Der größere 8-Zoll-Monitor kostet mindestens 790 Euro Aufpreis. Zusätzlich gibt es einen LTE-Hotspot für bis zu sieben Geräte und den Service-Dienst „OnStar“ (490 Euro, ab Ausstattung „Dynamic“ Serie). Der bietet Hilfe nach Unfällen und Hilfen rund ums Auto an. 150-PS-Benziner: leise und sparsamDoch wir konzentrieren uns auf die Fahrt, auch wenn wir schon am Steuer eines seriennahen Prototypen saßen: Unter der flachen Haube sitzt der 1,4-Liter Volumen-Motor mit 150 PS statt vormals 140 PS, gekoppelt an ein manuelles Sechsgang-Getriebe. Opel geht davon aus, dass 35 Prozent aller Kunden zu dem Motor greifen. Eine gute Wahl: Ab 2.000 Touren zieht der Benziner kräftig durch, die 245 Nm Drehmoment stehen bis 3.500 Touren zur Verfügung. Der Turbobenziner hält sich angenehm zurück, akustisch und ökologisch. Der NEFZ liegt bei 5,5 Liter, bei der Testfahrt rund um die kleinen Karpaten in der Slowakei zeigte der Bordcomputer nach ein paar hundert Kilometern 5,9 Liter an. Für einen 150-PS-Motor geht das in Ordnung. Seltsam nur: Opel verlangt für die Start-Stopp-Automatik bei dem Motor 200 Euro Aufpreis. Der Astra federt gut abLeichtgängig fliegen die Gänge durch die Sechsgang-Box, das Fahrwerk wirkt komfortabel aber nicht weich. Trotz der Standard-Bereifung mit 16-Zöllern flitzt die neue Generation zügig und sportlich durch Kurven, ohne über die Vorderräder zu schieben. Der Astra federt gut ab, die Karosserie schwankt nur wenig auf. Selbst die vorher synthetisch wirkende Lenkung hat Opel besser abgestimmt – sie vermittelt mehr Fahrgefühl. Schnelle Kurvenkombinationen pariert der Astra schnell und sicher, auf Autobahnetappen bleibt das Lenkrad angenehm ruhig. Erfreulich auch, dass nur wenige Geräusche in den Innenraum dringen. Gut gemacht, Opel. Die MotorenpaletteNeben dem 150-PS-Benziner bietet Opel weitere Benzin- und Dieselmotoren mit 1,0 bis 1,6 Litern Hubraum und 95 bis 200 PS an. Alle neu entwickelt. Der 1,0-Liter-Turbobenziner aus Opel Adam und Corsa ersetzt den 1,6-Liter-Vierzylinder des Astra J. Im neuen Astra leistet der Dreizylinder 105 PS und 170 Newtonmeter Drehmoment. Dazu kommen zum Marktstart noch die beiden Benziner mit 100 PS (1,4-Liter-Vierzylinder-Sauger) und 125 PS (1,4-Liter-Vierzylinder) sowie drei Diesel mit 95, 110 und 136 PS (1,6-Liter-Vierzylinder). Ein 200 PS-Benziner folgt bald, ebenso wie ein stärker Diesel um die 170 PS. Der Astra startet bei 17.260 Euro, das sind 270 Euro mehr als beim Vorgänger. Grenzen überschreiten - das ist es, was Marathonis regelmäßig tun. Die Opelaner suchten neben neu entwickelten Antrieben eine Abgrenzung zu ihren Konkurrenten. Und fanden sie im Licht: Als erstes Auto in der Kompaktklasse gibt es den neuen Astra optional mit LED-Matrix-Licht (ab 1.350 Euro). Eine Kamera erkennt andere Fahrzeuge, die LED blenden sie im Lichtkegel aus, das Fernlicht bleibt dabei an. Zieht das Auto vorüber, blendet das Fernlicht automatisch wieder auf. Dem Fahrer steht dadurch immer die maximale Lichtausbeute bereit. Bisher gibt es diese Technik nur in Mittel- und Oberklassefahrzeugen, beispielsweise von Audi oder Mercedes. Xenonscheinwerfer wird es im Astra dagegen nicht mehr geben. Wir werden es verschmerzen. Apropos Schmerz: Frage niemals einen Marathon-Läufer, ob er Schmerzen hat. Frage ihn, wie er damit umgeht. TECHNISCHE DATEN: Opel Astra 1.4 Ecotec Direct Injection Turbo
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