Mitsubishi baut das erste Großserien-Auto, das seine Batterie auch ins Stromnetz entladen kann. In Holland schrieb der Outlander PHEV Verkaufsrekorde. Bei uns auch?
Frankfurt - Elektromobilität ist ein zähes Geschäft. Bei Opel freut sich schon lange keiner mehr über den Ampera, VW kommt spät und Fiat-Chef Sergio Marchionne beschränkt seine Hybrid-Strategie von vornherein auf das absolute Minimum und kauft lieber CO2-Zertifikate. Werner Frey sieht Elektromobilität als Chance. Der neue Geschäftsführer von Mitsubishi Deutschland sagt: "Für Mitsubishi soll der Strom in Europa zur Identität werden.“ Und zwar bei jedem neuen Modell. Der japanische Hersteller will viele Probleme der Elektromobilität lösen. Zusammen mit Bosch soll die Kapazität von Batterien bis 2020 verdoppelt werden. Mindestens. Bis dahin setzt Mitsubishi bei Kleinwagen auf Elektroantrieb oder Mild-Hybrid-Lösungen und baut Plug-in-Hybride in potenzielle Erstwagen wie den Outlander Plug-in-Hybrid (PHEV). Er kostet 39.990 Euro, das sind knapp 15.000 Euro weniger als der Audi Q5 Hybrid. 52 Kilometer fährt er elektrisch, die Gesamtreichweite liegt bei 800 Kilometern. Quelle: Mitsubishi Der Normverbrauch des Fahrzeugs liegt bei 1,9 Liter pro 100 Kilometer. Der reale Verbrauch hängt stark vom Fahrprofil ab: Wer nur Kurzstrecken fährt, verbrennt nur etwa 1,7 l/100 km beim Überholen und Beschleunigen. Wer regelmäßig weite Autobahnetappen fährt, braucht mitunter mehr als 8 l/100 km. Mehr zur Technik des Mitsubishi Outlander Plug-in-Hybrid lest Ihr hier! Der Outlander wird bidirektionalDer Verbrauch wäre für Kunden in dieser Preisklasse kein Grund, einen Mitsubishi einem Audi vorzuziehen. Doch Mitsubishi kann viel mehr. Als erster Hersteller bieten die Japaner Autos an, die Strom nicht nur speichern, sondern auch ans Netz wieder abgeben können (bidirektionales Laden). Dafür wandelt ein externes Modul den Gleichstrom des Autos in Wechselstrom um. Ein Outlander mit Benziner kann so als Notstromaggregat funktionieren. Im Japan des Jahres 2014 kommt es häufig zu Stromengpässen, weil praktisch alle Atomkraftwerke abgeschaltet wurden. Da macht das Sinn. Und bei uns? Ein kleiner Exkurs: Zu den Eigenschaften regenerativer Energien gehört, dass sie nicht konstant Strom liefern. Bei Sonne oder Wind produzieren sie viel, nachts oder bei einer Flaute keinen Strom. Der zu viel produzierte Strom kann von Hausbesitzern ins Netz eingespeist oder gespeichert werden. Dafür gebräuchliche Batterien kosten in Lithium-Ionen-Technik ab 10.000 Euro. Mit einem bidirektional ladefähigen Fahrzeug könnte man den Strom aber auch im Auto speichern. Der Outlander verfügt über eine 12-kWh-Batterie und kann etwa 10 Kilowattstunden (kWh) entladen. Kleinere Batterien für Photovoltaik(PV)-Anlagen sind nur halb so groß. Mit einem Speicher - oder dem Outlander - können Betreiber von Solaranlagen ihren Eigenverbrauch deutlich steigern, und das ist attraktiv. Pro Kilowattstunde erhalten PV-Betreiber maximal 13 Cent vergütet, während der Versorger seinen Kunden 25 Cent berechnet. Trotzdem sagt Elmer Stöwer, Energieberater beim EU-Projekt FINESCE: "Kurzfristig sollte man sich keine Hoffnung machen, durch mehr Eigenverbrauch Geld zu sparen. Dafür stehen den Einsparungen zu hohe Investitionen gegenüber". Beitrag zur Netzstabilität?Quelle: dpa/Picture Alliance Ist es überhaupt sinnvoll, mit dem Auto eine Speicherbatterie im Haus ersetzen? Nicht alles, was technisch möglich ist, passt auch in den Alltag, sagt Elmer Stöwer. „Solarstrom-Anlagen erzeugen ihre Stromüberschüsse tagsüber. Dann sind die meisten Menschen mit ihrem Auto bei der Arbeit“. Und wer abends mit dem Strom aus dem Auto die Waschmaschine und Zimmerbeleuchtung betreibt, könnte mit leerer Batterie dastehen, wenn er zur Arbeit will.
An Lösungen für solche Probleme arbeitet Markus Emmert, wissenschaftlicher Beirat beim Bundesverband eMobilität e.V. (BEM). Seine ComBInation GmbH erforscht das intelligente Stromnetz, neudeutsch: Smart Grid. „Wir müssen heute den Grundstein dafür legen, dass das Laden vieler Elektrofahrzeuge keine Überlastungen im Stromnetz verursacht. Eine dauerhafte Netzstabilität bei sehr vielen gleichzeitigen Ladevorgängen ist nur durch ein gesteuertes Laden zu erreichen“, sagte er dem Verbandsportal bem-ev. Dafür, so Emmert, braucht es genau die Elektroautos, die Strom annehmen und abgeben können. Dann könnten diese Autos einen „wichtigen energiewirtschaftlichen Beitrag zur Steigerung der Netzstabilität“ leisten. Zukunftsmusik Smart GridBeide Experten sind sich einig: Das Smart Grid, das sich mit bidirektional ladefähigen Elektroautos selbst stabilisiert, ist maximal Zukunftmusik. „Was würde aktuell ein intelligentes Stromnetz bringen, wenn wir noch nicht in der Lage sind, damit umzugehen?“ fragt Markus Emmert. Die technischen Lösungen seien zwar vorhanden. Aber derzeit wisse niemand, wann und wo Strom in welcher Menge benötigt wird. Trotzdem sei es für Betreiber einer Photovoltaik-Anlage sinnvoll, über Elektromobilität nachzudenken, sagt Elmer Stöwer: „Regenerativen, selbst erzeugten Strom zu verfahren ist immer effizienter als ihn nicht zu nutzen und einzuspeisen“. Plug-in-HollandQuelle: dpa/Picture Alliance So kompliziert denken nur wenige Autofahrer, sie treffen einfach eine rationale Kaufentscheidung. Vom Outlander PHEV verkaufte Mitsubishi allein in den Niederlanden 10.000 Autos. Zum Vergleich: Im sechsmal so großen deutschen Markt wurden 2013 insgesamt nur 1.385 Plug-in-Hybride zugelassen. Wie ist das möglich? Die Niederlande belohnen Fahrer von Autos, die weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, mit Steuer- und Abgabenvorteilen zwischen 14 und 25 Prozent. So kostete der hybride Outlander 2013 in den Niederlanden nicht mehr als sein Diesel-Pendant. Ein Teil der Förderung lief zum Jahreswechsel aus, aber der verbleibende Vorteil überzeugt immer noch viele Niederländer. Genauso wichtig scheint im Nachbarland die wohnwagentaugliche Anhängelast von 1,5 Tonnen, die in keinem Werbespot unerwähnt bleibt. Denn Mitsubishi weiß: Bidirektionales Laden ist gut, aber wirklich weich wird der Holländer erst beim Gedanken an sein liebstes Urlaubsutensil. |