Diese Pflege war nötig. Mercedes baut die E-Klasse so um, dass sie wie ein neues Modell aussieht. Das Beruhigende: Damit bleibt sie so, wie sie ist (und immer sein sollte) findet Motor-Talk-Redakteur Björn Tolksdorf.
Barcelona - Was ein Mercedes ist, definiert die Ahnengalerie der E-Klasse seit 1936. E-Klasse heißt die Modell-Linie erst seit 1993. Vorher schrieben Strich-Achter, W 123 und andere Modelle längst Geschichte. Die kippte zuletzt ins Negative. Der W 211 sah toll aus, fiel aber immer wieder aus. Die E-Klasse wurde zum Elektronik-Opfer. Der Nachfolger sollte alles besser können. Konnte er auch. Beim Handel fiel er trotzdem zurück, weil das Design enttäuschte. Deshalb erhält die E-Klasse nach nur drei Jahren ein neues Gesicht und begradigte Hüften. Unter der durchgehenden Glasfront verbergen sich komplett überarbeitete Scheinwerfer: LED-Tagfahrlicht und LED-Abblendlicht sind serienmäßig, gegen Aufpreis verzichtet die E-Klasse-Front künftig ganz auf Glühbirnen. 1. E wie EinsteigenSo fühlt sich ein Mercedes an. Feines Material, gute Verarbeitung, übersichtliche Instrumente und Schalter, klare Formen, gerade Linien. Tempomat und Blinkerhebel haben die Positionen getauscht, ansonsten nichts Neues. Nur auf der Haube fehlt der Stern, wenn der Kunde diesen lieber im Kühler mag. Nicht neu und trotzdem schade: Das satte Tür-„Plopp“ früherer Benz-Jahrgänge opferte man dem Leichtbau. 2. E wie EinschaltenMit Erleichterung stelle ich fest: Immerhin noch ein Zündschlüssel zum Umdrehen. Sofort ist es da, dieses leise E-Klasse-Säuseln. Ganz weit weg, da wo es hingehört. Sehr schön. 3. E wie ErfahrenNach wenigen Kilometer wird klar: Die Kerntugenden der E-Klasse hat Mercedes kaum angefasst. Das Fahrwerk wiegt uns sanft, hier zeigt das Auto Perfektion bis zur Tiefenentspannung. Ja, der Benz kann es dynamischer mit seiner hochpräzisen Lenkung. Aber das würde nur die Ruhe und Erhabenheit stören. 4. E wie Enthaltsam„Weniger ist mehr“ ist das Motto der kleinen 2,0-Liter-Benziner. Der E-250-Antrieb passt gut zum gemütlichen Naturell der E-Klasse. Ausreichend kräftig und wunderbar laufruhig. Nur leider ließ sich das Weniger nicht erfahren. 5,8 Liter Super soll der Mercedes E 250 laut Prüfstand verbrauchen. Bei unserer Testfahrt fiel die Verbrauchsanzeige nur selten unter neun Liter pro 100 Kilometer. Mit diesem Trinkverhalten wäre der zweite neue Benziner in der E-Klasse bestens bedient. Der E 400 mit 3,0-Liter-Biturbo-V6 beschleunigt in 5,3 Sekunden auf Tempo 100 und soll theoretisch 7,5 Liter brauchen. Die Praxis sieht anders aus und hängt vom Gewicht des rechten Fußes ab. Allein, diese Hast widerspricht dem Charakter der E-Klasse. In der Praxis bedeutet das: Der E 400 fährt schnell – es fühlt sich aber nicht so an. 5. E wie EntspannungDie neue E-Klasse wird zum Leitstern am Assistenzsystem-Himmel. Das Beste verbirgt sich hier hinter dem sperrigen Namen „Distronic Plus mit Spurhalteassistent“. Schon bisher konnte die Distronic, die modernste Ausbaustufe des guten alten Tempomaten, den Abstand zum Vordermann selbständig halten. Jetzt hält sie dabei auch allein die Spur. Wer das mal wie ich über ein paar Kilometer ausprobiert hat, der kommt (wie ich) zu der erschreckenden wie bezaubernden Erkenntnis: Selbst zu lenken, Gas zu geben und zu bremsen, das ist doch alles ganz schön viel Aufwand. Entspannt zieht die E-Klasse ihre Bahnen und erlaubt es mir, den Blick schweifen zu lassen. Wie von Geisterhand führt das Lenkrad kleine Korrekturen aus. Loslassen darf ich es allerdings nicht, sonst blinkt es hektisch und rot und das System schaltet sich ab. Im dichten Verkehr, wo Autofahren mehr Last als Lust ist, überlasse ich das Kommando gern der Distronic. Diesem aufmerksamen Diener, der sich zurückzieht, sobald ich per Fußtritt signalisiere: Ich will wieder steuern. 6. E - wie ExtremEine Erfahrung ganz anderer Art: Die Demonstration der Bremsassistenten Bas Plus und Pre Safe. Zur Sicherheit auf einem abgesperrten Parcours. Ein querendes oder statisches Hindernis, hier zum Glück aus Pappe, kommentiert die fahrende E-Klasse zunächst mit Blinken und Piepsen. Wir reagieren nicht, denn wir wollen wissen, was da gleich passiert. Die Elektronik setzt zum Bremsen an. Erst dezent, dann heftig, bis das Auto steht. Darunter leidet mein Magen. Aber nicht meine Gesundheit. Bis 50 km/h verspricht Mercedes nahezu Unfallfreiheit. Wer viel schneller fährt, hat immer noch beste Chancen auf einen weniger schweren Unfall. 7. E wie ErleichterungBeruhigt lehnen wir uns zurück: Auch in Zukunft wird die E-Klasse das Gefühl definieren, das wir beim schönen Mädchennamen Mercedes empfinden. Sie bleibt eine Konstante, die man ruhig mit den Schlagworten „souverän“ und „gelassen“ beschreiben darf. Für 2016 oder 2017 ist der Serieneinsatz einer neuen LED-Lichttechnik geplant - wahrscheinlich in der nächsten E-Klasse. Weitere Infos zu Assistenzsystemen und Erlkönig-Bilder der Mercedes E-Klasse 2016 findet Ihr hier. Technische Daten: Mercedes-Benz E-Klasse
Der Effizienzklasse-A-Benziner
Der neue Biturbo-V6
Quelle: MOTOR-TALK |