Im Teutoburger Wald erfüllte sich ein Adliger einen Traum: Eine eigene Rennstrecke im Grünen, mit Walter Röhrl als Werbegesicht. Klingt toll, nur nicht in den Ohren der Örtlichen.
Bad Driburg - Neue Rennstrecken braucht kein Mensch in Deutschland. Der Lausitzring, immer kurz vorm Aus. Die Nordschleife? Im Verkaufsprozess. Hockenheim und Oschersleben sind auch keine Goldgruben. Auf einer Rennstrecke zu fahren, macht zwar verdammt viel Spaß. Doch eine neue Rennstrecke zu bauen, das widerspricht dem Zeitgeist. Einer hat es dennoch getan: Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff erfüllte sich einen Traum. Mitten im Naturschutzgebiet Teutoburger Wald. An diesem Wochenende wird das Bilster Berg Drive Resort offiziell eröffnet. Begleitet wird die Eröffnung von Protesten und schlechter Presse: „Das Bilster Berg Drive Resort ist eine Katastrophe“, schreibt die taz. Mit sanftem Tourismus, den die Region Bad Driburg anstrebe, habe die für Geschwindigkeiten bis etwa 250 km/h gebaute Piste nichts zu tun. Mit einer Rennstrecke eigentlich auch nicht: Der Bilster Berg ist eine reine Test- und Schulungsstrecke. Autohersteller werden hier ihre Kunden betreuen, Autos testen und Presseveranstaltungen durchführen. BUND will weiter klagenDie Bürgerinitiative „Ruhe am Bilster Berg“ versucht seit einigen Jahren, den Widerstand zu organisieren. Sie strengte mehrere Prozesse an und erreichte strenge Lärmschutz-Auflagen. Gerodet, planiert und gebaut wurde trotzdem, obwohl der Bilster Berg nach Meinung des Umweltverbandes BUND „keine Rechtsgrundlage“ besitzt. Der Umweltverband will deshalb weiterklagen und die lokale Initiative unterstützen. Einer der Kritiker ist Ulrich Kros. Er hat 2004, drei Kilometer von der Strecke entfernt, ein Haus gebaut. „Als ich die Pläne sah, war mir schnell klar, dass hier mehr Lärm kommen würde; und dass die Natur mit den Füßen getreten wird.“ Kros sagt, viele Menschen in der Region trauten sich nicht, offen gegen das Projekt aufzutreten. Sie hätten Angst, um Jobs und Perspektive, weil der Graf ein „wirtschaftliches Schwergewicht“ sei. Dem gehören vor Ort eine Mineralwasserquelle, ein Luxushotel und vier Kurkliniken. Walter Röhrl wird BotschafterNun gehört dem Grafen auch ein Rundkurs. 1993 zogen die britischen Truppen hier ab, hinterließen 84 Hektar Brachland und ein paar ehemalige Munitionsdepots. Das Gelände geht an den früheren Besitzer zurück, Johann Friedrich Freiherr von der Borch. Auf einer Radtour von Freiherr und Graf entsteht die Idee einer Autostrecke. Oeynhausen-Sierstorpff überzeugt Anleger, 34 Millionen Euro in das Projekt zu stecken. Der renommierte Streckenbauer Hermann Tilke entwirft die Piste, Walter Röhrl wird zum Botschafter des Projekts. Die StreckeDas Besondere am Bilster Berg ist der Verlauf der Strecke durch hügeliges Gelände. Pro Runde müssen 44 Kuppen und Senken passiert werden. Der komplette Höhenunterschied beträgt 200 Meter. Besonders schwierig ist die "Mausefalle". Sie erinnert an eine ähnliche Passage in Laguna Seca. Neben der 4,2 Kilometer langen Teststrecke bietet das Areal eine bewässerbare Dynamikfläche, einen Offroad-Parcours sowie das Teststreckenzentrum mit Restaurant, Tagungs- und Schulungsräumen. Für das Kind im MannDer Graf von Oeynhausen-Sierstorpff ist stolz auf die neue Anlage. „Hier werden Männer für ein paar Stunden zu Kindern“, sagt er. Die Strecke sei auf Monate fast ausgebucht. „Wahnsinn, oder?“ Das findet Ulrich Kros von der Bürgerinitiative auch: Wahnsinn sei es, 34 Millionen Euro in die sterbende Technologie der Verbrennungsmotoren zu stecken. Quelle: m. Material von dpa; SP-X |
