Neue Autos können selbstständig parken, bremsen und sogar im Stau mitfahren. Doch der Computer-Komfort birgt Risiken. Zwei Hacker zeigen, welche.
Berlin - Beim autonomen Fahren übernimmt das Auto die Kontrolle. Viele Hersteller entwickeln derzeit die nötige Sensorik und arbeiten an der Umsetzung. Die Grundlagen für ein elektronisch gesteuertes Auto sind aber alt: Seit der Einführung des ABS folgt die Bremse einem elektrischen Impuls. Das elektronische Gaspedal ersetzt ab der Abgasnorm Euro3 den Bowdenzug zur Drosselklappe. Und die elektro-mechanische Servolenkung reagiert auf Lenkbewegungen und ein Steuergerät. All diese Systeme sind miteinander vernetzt. Der sogenannte CAN-Bus übermittelt die Informationen aller Sensoren an jedes Steuergerät im Fahrzeug. Er ermöglicht die Zusammenarbeit von Parksensoren und Lenkung (autonomes Parken), Airbag-Steuergerät und Bremse (Multikollisionsbremse) oder Tacho und Motorsteuergerät (Wegfahrsperre). Laptop als FernbedienungDas bedeutet, dass sich alle Funktionen moderner Fahrzeuge von einem Computer steuern lassen. Wie das geht, zeigen zwei Hacker und der Forbes-Redakteur Andy Greenberg. Die Computer-Spezialisten verschaffen sich über die Diagnose-Schnittstelle Zugriff auf die Steuergeräte und manipulieren das Auto während der Fahrt: Sie verändern Tankfüllstand und angezeigte Geschwindigkeit, stören die Lenkung, aktivieren die Hupe und schalten sogar die Bremse ab. Der Versuch findet in einem Toyota Prius und einem Ford Escape statt, beide Fahrzeuge wurden zuvor modifiziert und miteinander verkabelt. Doch selbst bei einer Kabelverbindung können nur Experten ein Auto manipulieren. Die Hacker Charlie Miller und Chris Valasek im Video werden von der DARPA unterstützt – einer Behörde des US-Verteidigungsministeriums. Ein kabelloser Zugriff ist möglichTheoretisch lässt sich ein Auto aber auch ohne Kabelverbindung fernsteuern. Das ist Wissenschaftlern des „Center for Automotive Embedded System Security“ (CAESS) in diesem Jahr gelungen. Sie haben eine Sicherheitslücke in der Freisprech-Anlage genutzt und sich Zugriff auf den CAN-Bus verschafft. Verschwörungstheoretiker mutmaßen, dass der US-amerikanische Journalist Michael Hastings durch ein derart manipuliertes Fahrzeug ums Leben kam. Er erlitt im Juni dieses Jahres einen tödlichen Autounfall. Die Ursache konnte bisher nicht geklärt werden. Hollywood hat diese Möglichkeit längst aufgegriffen. Im Action-Film „Stirb Langsam 4.0“ lässt Matthew Farrell (gespielt von Justin Long) einen BMW über den Concierge-Service fernstarten. „Die Systeme sind sicher“Das funktioniert im wahren Leben natürlich nicht. Simon Euringer, Leiter Connected Drive bei BMW, sagte zu MOTOR-TALK: "Dem BMW Callcenter werden nur Daten zur Identifizierung und Lokalisierung übermittelt." Damit funktioniert ein Fernstart nicht. Die BMW-Remote-App könne zwar auf Klimatisierung, Zentralverriegelung und Lichtanlage zugreifen, weitere Befehle wie einen Startversuch ließe die Fahrzeugelektronik aber nicht zu. Alle Zugriffe auf das Fahrzeug seien aufwändig verschlüsselt und laufen über einen BMW-Server. "Hack-Angriffe auf BMW-Fahrzeuge sind uns nicht bekannt." Die Sicherheit steht bei allen Herstellern im Vordergrund. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK bestätigte ein VW-Sprecher, dass die Vernetzung innerhalb der Fahrzeuge sicher ist. Man könne ein Auto nicht auf die Schnelle hacken, vor allem nicht im Vorbeifahren. Die Entschlüsselung der Datenpakete würde mindestens zwei Tage dauern. Ein größeres Problem sei ein anderes: Hacker könnten über die Bordelektronik die Wegfahrsperre deaktivieren und Fahrzeuge stehlen. Erst kürzlich hat VW eine Verfügung gegen einen Akademiker erwirkt, der die Algorithmen entschlüsselt hat und in einem Vortrag veröffentlichen wollte. Die Daten hätten den Diebstahl von Fahrzeugen der Volkswagen-Gruppe extrem vereinfacht. Quelle: MOTOR-TALK |