Vor 30 Jahren gelang Fiat mit dem Croma ein erstaunliches Comeback in der gehobenen Klasse. Mit dem weltweit ersten Diesel-Direkteinspritzer und einer modischen Heckklappe.
Köln - Heute verbindet man Fiat vor allem mit schicken Minis wie dem Fiat 500. 1985 war das anders: Damals wartete die Autowelt gespannt auf die Enthüllung von Fiats neuem Flaggschiff. Eine stattliche Berlina war der neue Fiat Croma, aber mit klassisch gezeichneten Vorgängern wie Fiat 130 oder Argenta hatte er nichts gemeinsam. Setzte der Croma doch trotz kurzen Stufenhecks auf eine praktische Heckklappe, ganz so wie die wenige Monate zuvor eingeführten großen Renault 25, Ford Scorpio und Saab 9000. Mit dem Schweden verband den Fiat weit mehr als nur die fünfte Tür, denn der Croma war in Zusammenarbeit zwischen Saab, Fiat, Lancia und Alfa Romeo entwickelt worden. Ein Markenquartett, das geeint wurde durch klamme Kassen und den Willen zum Erfolg. Das Gemeinschaftsprojekt Tipo 4 (Saab 9000, Fiat Croma, Lancia Thema und Alfa 164) sollte die Lösung bringen. Die deutsche Fachpresse hielt das für möglich. Testresümees wie „größtes Raumangebot seiner Klasse“, „geringster Verbrauch und bessere Fahrleistungen“ oder „Im Fahrverhalten vollauf überzeugend“ verfassten die Medien nur selten über Importfahrzeuge. Dabei kostete der Fiat je nach Version bis zu 10.000 Mark weniger als die teutonische Konkurrenz. Quelle: Fiat Das allererste Fiat-Spitzenmodell mit Frontantrieb und quer eingebauten Motoren schrieb eine Erfolgsstory fort, die in der oberen Mittelklasse Anfang der 1950er Jahre von der 1400/1900-Serie begonnen worden war und mit Einstellung der im Trapezdesign geformten 1800 bis 2300-Reihe im Jahr 1969 abriss. Wie sie, setzte sich der neue Croma in Deutschland schnell an die Spitze seines Importsegments und übertraf auch in Italien alle Erwartungen. Mit dem Croma fand Fiat eine letztmalige Bestätigung als erfolgreicher Generalist – als Massenhersteller, der auch gehobene Modellreihen erfolgreich anbietet. Motoren fürs GeschichtsbuchEinen Fiat wie die turboaufgeladene Topversion hatten Stammkunden noch nicht erlebt. 215 km/h Spitze und eine Sprintzeit von nur 7,9 Sekunden auf 100 km/h schaffte der bis zu 158 PS starke 2,0-Liter-Vierzylinder. Vor 30 Jahren beschleunigte nicht einmal der Porsche 944 S rasanter. In der Höchstgeschwindigkeit konnte es der Fiat-Familienjet sogar mit einem Maserati Biturbo Coupé aufnehmen. Raketengleich hoben auch die Verkaufszahlen des Fiat ab, wobei im Alltag dann doch die schwächeren und billigen Vierzylinder-Benziner gefragt waren. Auch hier konnte Fiat Besonderes bieten. Der neue 2,0-Liter-Magermix-Motor Croma CHT erreichte im Stadtverkehr rund 20 Prozent Verbrauchsersparnis und verbrauchte im Normzyklus 5,5 Liter auf 100 Kilometer. Die in Italien populären Turbo-Diesel dagegen fuhren vernehmlich nagelnd mit fast 200 km/h auch den schnellen deutschen Sechszylindern BMW 524 td und Mercedes 300 D (W 124) mühelos davon. Besonders faszinierend war der Meilenstein, mit dem sich der Croma 1.9 TD i.d. im Jahr 1987 in die Geschichtsbücher eintrug. Der weltweit erste in einem Pkw eingesetzte Diesel-Direkteinspritzer leistete 92 PS und glänzte mit dem sensationell niedrigen Normverbrauch von 3,9 Liter/100 km bei 90 km/h. Ein Rekordwert, kein Auto war sparsamer. Selbst der kleine Panda konsumierte gut 20 Prozent mehr. Stiller Abschied 1996Mehr als 1.200 Fiat-Händler gewährleisteten eine Distribution bis in entlegenste Dörfer. Anfang Mai 1986 war Fiat stärkster Importeur in Deutschland. Die Händler freuten sich über volle Auftragsbücher, und die Italiener hatten anfangs Mühe, genügend Croma über die Alpen zu liefern. Der Boom hielt mehrere Jahre, zumal der Fiat ebenso wie die Geschwister Lancia Thema, Saab 9000 und Alfa 164 solide verarbeitet und gut gegen Rost geschützt war. Erst in den 1990er Jahren stürzten die Verkaufszahlen ab, woran auch Modellpflegemaßnahmen nichts mehr ändern konnten. Zum einen geriet der Croma durch ein schlechtes Crashtest-Resultat vorübergehend in die Negativ-Schlagzeilen, zum anderen hatten die Konkurrenten mit neuen Modellen nachgelegt. Nur in Italien bewahrte sich der große Fronttriebler den Ruf einer Undercover-S-Klasse, nun sogar mit einem prestigeträchtigen 2,5-Liter-V6. Als der Croma nach 450.000 Einheiten im Dezember 1996 still und leise aus dem Fiat-Programm gestrichen wurde, verabschiedete sich Fiat aus der oberen Mittelklasse. Daran änderte auch der von 2005 bis 2010 angebotene Croma zweiter Generation nichts. Das neue Modell basierte auf der kleineren Mittelklasse-Plattform des Opel Vectra. Chronik Fiat Croma
Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |