Der neue BMW 7er trägt Chinos statt Anzug: Die sechste Generation wird leichter, flotter und cooler. Erste Fahrt in der BMW-Oberklasse, die kaum mehr als ein 5er wiegt.
Porto/Portugal – Dunkle Zweireiher mit goldenen Knöpfen wirken alt wie Handys ohne Internet. Die neue Oberklasse trägt Jeans und Hemd, höchstens Jackett. Deshalb baut BMW einen 7er für die Zuckerbergs und Bransons dieser Welt: so komfortabel wie bisher, aber sportlicher, cooler und leichter. Fast hätte der BMW 7er sogar den 5er eingeholt. Nur noch 35 Kilogramm Masse unterscheiden den 740i vom ähnlich motorisierten 535i. Mit kurzem Radstand, sechs Zylindern und 326 PS wiegt der neue 740i 1.800 Kilogramm. Insgesamt 130 Kilogramm weniger als sein Vorgänger. Quelle: BMW „Dafür mussten wir insgesamt 200 Kilogramm sparen“, erklärt Klaus Fröhlich, Entwicklungsvorstand bei BMW. Mehr Sicherheit und Ausstattung wögen im 7er zusammen etwa 70 Kilogramm. Die verliert die sechste Generation der Limousine mit einer Mischbauweise wieder: Carbonschichten im Stahlmantel („Carbon Core“) verschlanken Mitteltunnel, Dachkonstruktion, Schweller und Säulen. 40 Kilogramm sparen die Ingenieure an der Rohkarosse. Türen und Achsen sind auf Alu-Diät. Der Schwerpunkt sinkt, das Gesamtgewicht verteilt sich gleichmäßig auf Vorder- und Hinterräder.
BMW 7er G11: Leicht und flink wie ein 5erMit seiner Diät gibt der 7er nicht an. Wir sprechen hier schließlich über die Oberklasse: Natürlich fallen die Türen schwer ins Schloss, selbstverständlich gibt es dickes Leder auf allen Sitzen. Wenn er soll, dann fährt der neue 7er etwa so wie der alte. Gutmütig, komfortabel und leise, etwas sanfter und ruhiger. Dass irgendwo unter dem Blech eine schlanke Taille steckt, verrät dann nur die Verbrauchsanzeige im Bordcomputer. Mit ein paar technischen Tricks flitzt der dickste BMW so flink wie ein 5er: Im Sport-Modus halten dynamische Stabilisatoren und adaptive Dämpfer die Karosserie in der Kurve gerade. Motor und Getriebe sprechen schnell an, die Lenkung reagiert direkt. Ein Fahrprogramm für Selbst-Fahrer, das die Möglichkeiten des Autos und eine breite Spreizung zeigt. Der 7er kann flitzen, sprinten, wedeln. Wenn man ihn lässt. Quelle: BMW In den meisten Fällen wird der 7er dennoch gleiten. BMW verkauft die Limousine hauptsächlich in der langen Version. In Deutschland sind es etwa 20, weltweit 80 Prozent. In den USA steht kein kurzer Radstand in der Preisliste. Im langen BMW 7er gibt es hinten rechts einen Chefsessel mit Liege-Position. Der Beifahrersitz fährt nach vorn und faltet sich zu einer Fußstütze zusammen. Schade: Die Kopfstütze schiebt sich dann in die Sichtlinie auf den rechten Außenspiegel und nervt den Fahrer. BMW 7er: Adaptive Mode und Rangieren per FernbedienungOb er Anzug oder Chinos trägt, das kann der neue 7er ganz allein entscheiden. Im „Adaptive“-Modus analysiert er Fahrstil, Verkehrssituation und Umgebung. Aus allen Daten errechnet er die passenden Kennlinien und stellt das Auto entsprechend ein. Auf „Sport“, wenn die Sensoren einen Überholvorgang erkennen. Oder auf „Comfort“, wenn die Fahrt ruhig wird. Zudem hilft die Software beim Bremsen, Lenken und Beschleunigen. Ganz allein darf der BMW 7er noch nicht fahren. Aber immerhin rangieren: Für 500 Euro Aufpreis parkt die Limousine per Fernbedienung im Schlüssel ein und aus. Dabei berücksichtigt sie Hindernisse und erkennt, wenn die Wand zu nah kommt. Diese Funktion haben wir bereits bei einer Fahrt im Prototyp vor vier Monaten ausprobiert. Quelle: BMW Vierzylinder im BMW 7er G11Zum Start im Oktober 2015 bietet BMW den 7er mit drei Motoren an:
2016 folgt ein Plug-in-Hybrid (740e) mit 2,0-Liter-Turbobenziner und 326 PS Systemleistung, 40 Kilometern elektrischer Reichweite und 2,1 Litern NEFZ-Verbrauch. Der Preis soll dem des BMW 740i ähneln. Mehr verrät BMW offiziell nicht. Fröhlich deutet aber an, dass der 740i nicht der leichteste 7er bleiben wird. Wie BMW mehr Gewicht spart? Da müsse man sich einfach „die Anzahl der Zylinder genau angucken“. Vermutlich wird es also einen BMW 730i mit vier Zylindern und etwa 265 PS geben. Ob der Einstiegs-Benziner nach Deutschland kommt, ist nicht bekannt. Zur anderen Seite der Motorenpalette gibt es ebenfalls nur Hinweise. Ein Zwölfzylinder ist in dieser Klasse üblich und wichtig. Wir rechnen fest mit dem BMW 760i mit etwa 550 PS als Top-Version im Smoking. Die Gerüchte zu einem Top-Diesel mit vier Turboladern kommentierte Fröhlich mit einem Schmunzeln: „Ich bin froh, wenn der weniger als sechs Turbos hat.“ Es handele sich aber definitiv um einen Sechszylinder der neuen Motorengeneration. Mehr als zwei Karosserievarianten wird es beim BMW 7er nicht geben. Innerhalb von 18 Monaten nach Marktstart will der Hersteller alle Motoren nachreichen. Verbrauch: Etwas über dem SollFür die ersten Aggregate gibt BMW Traumverbräuche an. Klar – ein modernes Auto muss sparsamer fahren als der Vorgänger. Der Einstiegsdiesel mit sechs Zylindern und 265 PS soll knapp fünf Liter pro 100 Kilometer verbrauchen, der V8-Biturbo im 750iL etwa acht Liter. Auf unserer Testfahrt durch Portugal fuhren wir über bergige Autobahnen und die N221, die beste Straße der Welt. Beide Motoren tranken bei ruhiger Fahrt je drei Liter mehr als ihr Soll. Der V8 hungerte sich nach einer langen Talfahrt letztendlich auf etwa zehn Liter runter. FazitQuelle: BMW BMW macht im neuen 7er fast alles richtig. Beide getesteten Motorisierungen fahren kräftig und souverän, der Innenraum bleibt leise und komfortabel. Zur Mercedes S-Klasse fehlt gefühlt etwas Plüsch und Kopffreiheit im Fond, dafür fährt der BMW 7er direkter und moderner. Die Infotainment-Bedienung mit Drehregler, Touch-Pad und Gestensteuerung funktioniert toll. Fürs Facelift wünschen wir uns nur ein paar hübschere Details: Die Lampen in der B-Säule passen nicht zum Anspruch des Innenraums – das Kunststoffglas wirkt billig.
BMW 7er G11 2015: Technische Daten
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