Die Corvette ist eine amerikanische Sportwagen-Ikone. Seit 60 Jahren. Und sie wird es noch länger bleiben, dem brachialen V8 sei Dank. Eine Fahrt mit der neuen Stingray.
Von MOTOR-TALK-Reporter Fabian Hoberg Siegburg - Coke Light, Coke Zero, Pepsi Max. Klingt nach Cola, nur ohne den echten, den vollen Geschmack. Echte Cola und echte Motoren sind in unserer Diät-Welt zunehmend verpönt. Wie schön, dass GM mit der Corvette am Urgewaltigen festhält. Der V8 in der Vette säuft mehr als diese kleinen, aufgeladenen Dinger. Dafür grollt er auch schöner, als es ein Soundingenieur einem Vierzylinder-Bi-Turbo je beibringen wird. Die Corvette Stingray ist neben dem Ford Mustang die amerikanische Sportwagenikone. Bei uns oft belächelt, in den Staaten seit der Einführung vor 60 Jahren beliebt wie ein saftiger Burger mit doppelt Fleisch. Macht nicht satt, sondern hungrig auf mehr. Das neue Modell kommt Anfang 2014. Zum gewohnt niedrigen Preis von 69.990 Euro. Ordentlich Leistung gibt es fast nicht günstiger. 630 Nm aus 6,2 Litern HubraumBei der siebten Corvette bleibt vieles beim Alten. Der antik anmutende V8-Smallblock zum Beispiel. Doch das 6,2-Liter-Aggregat ist sparsamer als je zuvor und leistet Es ist immer wieder die Urgewalt des Motors, die uns Autofahrer begeistert. Entwickeln Porsche 911, Audi R8 oder der alte BMW M3 ihre Kraft dosierbar harmonisch, haut der US-Sportler seine Kraft wie eine Baseball-Keule direkt ins Kreuz des Fahrers – ungefiltert und archaisch. Wer unbeirrt auf dem Gas bleibt, ist mit Hilfe der Launch Control in 4,2 Sekunden auf 100 km/h. Führerscheinfreundlich zeigt das Head-up-Display dem Piloten permanent die Geschwindigkeit an. Wer sich weiter durch das Siebengang-Getriebe schaltet, landet am Ende bei 290 km/h. Dort trifft man nur noch auf wenige Gegner. Und wenn, dann kosten sie deutlich mehr. Das war bei der Vorgänger-Corvette so, und das ändert sich auch diesmal nicht. Ein Porsche 911 S mit 400 PS ist beispielsweise 35.000 Euro teurer als die Vette. Allerdings kostet eine (schlechter ausgestattete) Basis-Corvette in den USA deutlich weniger als hier. Ohne Steuern startet das Modell drüben ab 38.000 Euro. Auch das war schon immer so. Abgeschaltete Zylinder gegen den DurstNeu ist, wie die Amerikaner bei der Technik zu den europäischen Sportwagen aufschließen. Um dem V8 das Saufen abzugewöhnen, kommen neben der Benzindirekteinspritzung eine variable Bei jedem Stoß donnert der Motor durch seine vier Auspuffrohre, das Handling ist Dank der Gewichtsverteilung von 50:50 ausgewogen und die Lenkung arbeitet präzise. Um den Ölhaushalt muss man sich in scharfen Kurven keine Sorgen machen – der V8 hat eine Trockensumpfschmierung. Praktisch ist das neue adaptive Fahrwerk mit fünf Programmen. Es steuert nebst Federung auch den Sound der Maschine. Die Nachbarschaft freut’s. Bei den Stufen Regen, Eco und Tour bleibt die Bypass-Öffnung der vier Auspuff-Trompeten geschlossen. Freunde des starken Auftritts wählen Sport oder Track. Dann atmet der Motor frei – und brüllt wie eine Herde geiler Büffel. Passend dazu verstecken sich hinter dem Lenkrad Wippen für das Active Rev Match. Damit wird beim Schalten automatisch die Drehzahl angepasst, sodass ungewollte Lastwechsel ausbleiben. Ein bellender Zwischengasstoß ist der Nebeneffekt. Dank ihm wissen auch wirklich alle Verkehrsteilnehmer, dass die Vette nicht nur optisch ein Racer ist. Alu-, Magnesium- und Carbon-Diät In Sachen Qualität muss sich die Corvette nicht verstecken. Das Testauto war ein Vorserienfahrzeug, der Gesamteindruck der Verarbeitung passte. Sauber geklebtes Armaturenbrett mit viel Sicht-Carbon, gutes Leder und ordentliche Nähte. Auch die Kunststoffe wirken nicht mehr so billig wie früher. Geblieben sind der Blick über die schier endlos lange Carbon-Motorhaube, die eng geschnittenen Sportsitze und die Aufmerksamkeit anderer Autofahrer. Die müssen Fahrer aushalten. Anglotzen lassen gehört zum Fahren einer Corvette dazu. Das ist ein bisschen so, als werfe ein Steak-Fan ein 400 Gramm Stück Hüfte auf den Vegetarier-Grill. Oder als trinke man echte, richtige Cola in der Leicht-essen-und-unlustig-sein-Gruppe der Freundin. Technische Daten: Corvette Stingray
Quelle: MOTOR-TALK |
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