Ein Blick in die Zukunft und einer zurück: In Genf zeigt Opel das GT Concept, eine Liebeserklärung an den schönsten Opel aller Zeiten. Mehr aber leider auch nicht.
Rüsselsheim – Träume 4.0: Das beginnt bei Margen, Plattformen, Sicherheitsregularien, CO2-Grenzen und endet alles bitte in einem tragfähigen Business Case – das Tagesgeschäft in den Entwicklungszentralen der Autoindustrie birgt so viel Liebe wie der Schlachtermeister zum noch lebenden Entrecote. Auch, wenn uns das Marketing die Ergebnisse dieses Geschäfts immer wieder als „total emotional“ verkauft. Umso schöner, wenn man einem Auto wie Opels neuer GT-Studie auf den ersten Blick ansieht: Hier durften Ingenieure einfach mal autobegeisterte Jungs und Mädchen sein. Durften den Business Case vor der Tür lassen, Baukastenstrategie und Crashnormen vergessen und einfach ein Auto zum Träumen bauen. Genau da liegt der Rüsselsheimer Hase im Detroiter Pfeffer. So kunstvoll diese Studie mit der DNA des legendären Opel GT (1968-1973)spielt – am Ende ist sie nur eine Fortsetzung des Monza Concept (2013) mit ähnlichen Mitteln. Ein reines Messestück, ohne Chance auf Straße. Das Blicke zieht, aber nie Kreise. Heckantrieb? Kommt nichtQuelle: OpelDas beginnt beim Antriebskonzept. Der Frontmittelmotor garantiert dem GT Concept einen tiefen, mittigen Schwerpunkt. Ein sequenzielles Sechsganggetriebe mit Schaltwippen schickt die Antriebsenergie an die Hinterräder. Dort sitzt wie beim bisherigen Astra OPC eine mechanische Differenzialsperre. Ja: Das GT Concept „verfügt über einen bei Sportwagenpuristen besonders geschätzten traditionellen Heckantrieb“, betont Opel. Damit ist alles über die Serienchancen dieses GT gesagt. Als Opel 1965 erstmals den späteren GT als Studie zeigte, steckte unter dem schicken Blech der Antriebsstrang des Kadett B, also aktuelle Großserientechnik. Aktuell verfügt Opel über keine Heckantriebsplattform. Und das bleibt auch so: In absehbarer Zeit sind keine Hecktriebler geplant. Das sagte uns ein Opel-Sprecher erst kürzlich anlässlich der Premiere des Buick Avista Concept. Für den Motor, den Opel seinem GT Concept einpflanzt, gilt das nicht. Den Einliter-Turbodreizylinder aus Adam und Corsa pumpt Opel hier auf 145 PS auf – das ist realistisch. Mit dem leichten Aggregat soll die Studie weniger als 1.000 Kilo wiegen und in weniger als 8 Sekunden Tempo 100 erreichen. Die Höchstgeschwindigkeit würde 215 km/h betragen. Keine Türgriffe, keine AußenspiegelSolche Fahrleistungen von Messestudien sind fiktiv, errechnet am Computer. In der Realität rollen diese Autos nur im Schritttempo vom Tieflader in die Messehalle. Das hat der aktuelle GT Concept mit seinem Urahn von 1965 gemeinsam, denn sie beide waren bzw. sind zunächst nur als Designstück gedacht.
Quelle: Opel Einiges, was sich Opel diesmal ausgedacht hat, werden wir so schnell in der Serie nicht sehen. So benötigt der GT anno 2016 weder Türgriffe noch Außenspiegel: Ersteres ersetzen Sensoren im Dach, zweiteres ein Satz Kameras plus Monitore. Total futuristisch, aber wenig alltagstauglich. Die Türaufhängung, bei der die Türen teilweise in die vorderen Radhäuser eintauchen, ließ sich Opel patentieren. Keine Science-Fiction sind die Voll-LED-Scheinwerfer mit integrierten Blinkern. Sie basieren auf der Technologie, die Opel kürzlich im Astra einführte. Einige Messe-Nebelkerzen sind klare Reminiszenzen an den klassischen Opel GT. Dazu gehören neben der unverkennbaren Fahrzeugfront die Silhouette, der mittige Doppelauspuff und die fehlende Kofferraumklappe Opel-Chef Karl-Thomas Neumann muss sich die Frage gefallen lassen: Herr Neumann, wie passt dieses Retromobil im Sci-Fi-Gewand in Ihre Modellstrategie? „Ich glaube nicht, dass die Kopie der Vergangenheit die Zukunft sein kann“, sagte der Opel-Chef 2015 im MOTOR-TALK Interview. Träumen ist schön. Aber mal ehrlich: Ein schönes, seriennahes Coupé wäre auch schön gewesen. Das meiste an diesem GT hat auf absehbare Zeit keine Zukunft. |