Winter, Umbau und Tempolimit am Nürburgring sind Geschichte. Was bleibt vom Versprechen „die ureigene Charakteristik der Nordschleife zu hundert Prozent“ zu erhalten?
Quelle: Dale Lomas via Bridge to Gantry Nürburgring – Am kommenden Samstag startet mit der VLN-Langstreckenmeisterschaft die Rennsaison 2016 auf der Nürburgring-Nordschleife. Das klingt nach alljährlicher Routine, ist es in diesem Jahr aber nicht. Denn vor einem Jahr starb beim VLN-Auftakt ein Zuschauer an der Nordschleife. Erschlagen von einem GT3-Rennwagen. Seitdem ist viel passiert am Ring. Es gab ein hastig verhängtes Tempolimit, ein Verbot von Rekordfahrten für die Hersteller und umfangreiche Umbaumaßnahmen im Winter. Kurz vor Ostern verkündeten die Betreiber von der „capricorn NÜRBURGRING GmbH“ in einer Pressemitteilung „freie Fahrt auf der legendären Nordschleife“. Quelle: Thomas Hinz Gruppe C Motorsport Verlag GmbH Alles wie immer?Nach der Umsetzung von sieben Maßnahmen wurde die Strecke Mitte März von Vertretern des internationalen Automobilverbands FIA und des Deutschen Motor Sport Bunds DMSB abgenommen. Die erteilte FIA-Lizenz ermöglicht große internationale Veranstaltungen wie das 24h-Rennen (26. bis 29. Mai), oder die wie die VLN-Läufe, die DMSB-Lizenz nationale Rennen – alles wieder ohne Tempolimits. Bei den meisten Maßnahmen handelt es sich um neue oder verbesserte Schutzzäune und Zuschauerbereiche. Bei einer allerdings ging es um die „Erneuerung der Fahrbahn auf 500 Metern zur Beseitigung von Bodenwellen“. Und zwar am berühmten Sprunghügel in den Streckenabschnitten Quiddelbacher Höhe und Flugplatz (zwischen den Streckenposten 77 und 80/81) - dem Ort des schweren Unfalls vor einem Jahr. Hier wurde die gesamte Fahrbahn abgetragen und schließlich auf 500 Metern neuer Asphalt aufgetragen. Dabei wurden zwei Bodenwellen entfernt, die besagte Stelle berühmt gemacht haben, weil sie sogar Straßenautos zum Abheben bringen konnten. Der Umbau soll verhindern, was vor einem Jahr geschah: die mit einem glatten Unterboden ausgestatteten GT3-Rennwagen verlieren an dieser Stelle den Bodenkontakt und fliegen unter gewissen Umständen unkontrolliert ab. Quelle: Dale Lomas via Bridge to Gantry Die Änderungen an der NordschleifeTrotz der Beseitigung der Bodenwellen versprachen die Nürburgring-Betreiber in einer Pressemitteilung, dass die „die ureigene Charakteristik der Nordschleife zu hundert Prozent erhalten“ bleibt. DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck machte im Gespräch mit MOTOR-TALK allerdings schon damals klar, dass eindeutige Veränderungen zu erwarten sind: „Wer die Sprungkuppe am Flugplatz in dieser Form behalten will, der hat den Zug der Zeit verpasst“. Wie die Bilder von ersten Hersteller-Testfahrten auf der neuen Nordschleife zeigen, hat der Zug der Zeit die Nordschleife erreicht und deutlich verändert. Dale Lomas, Fahrer bei Ring-Taxi.de und Betreiber des Nordschleife-Insider-Blogs „Bridge to Gantry“ veröffentlichte sie und konnte bereits selbst auf der neuen Nordschleife fahren. Seine Schilderungen legen nahe, dass die Fahrt für GT3-Fahrzeuge sogar freier als zuvor ist. Quelle: Dale Lomas via Bridge to Gantry Vollgas am Flugplatz„Am Flugplatz wird es dieses Jahr richtig schnell“, urteilt Lomas. Seine Bilder und eine per Onboard-Video gefilmte Fahrt während der ersten Touristenfahrten (Video unten ab Minute 8:35) zeigen deutlich, dass die Bodenwellen am Sprunghügel fehlen, dass die Strecke breiter wurde und dass die Fahrer jetzt auf ebenen Asphalt vertrauen können. Allerdings äußert Lomas Zweifel am Sinn dieser Änderungen. „Die perfekte Oberfläche und der fehlende Sprung werden unzweifelhaft die Geschwindigkeiten von aerodynamisch optimierten Autos und auch nicht optimierten Autos erhöhen“. Statt wegen der Bodenwellen bremsen zu müssen, könnten die GT3-Autos jetzt Vollgas geben. Ob das Unfälle vermeidet, lässt Lomas lieber offen. Er vermutet, dass die Stelle jetzt sogar waghalsige Überholmanöver zulasse. Ob das der Fall ist, erfahren wir am Samstag ab 12:00 Uhr mit dem ersten VLN-Lauf 2016. Dann wird die neue Nordschleife zum ersten mal im Renntempo und mit dem entsprechenden Adrenalin befahren. |