Sprachgesteuerte Systeme sollen dafür sorgen, dass Fahrer weniger abgelenkt werden. Und damit sicherer fahren. Eine US-Studie sagt: Das funktioniert nicht.
Quelle: XiXinXing - istockphoto.com, MOTOR-TALK Washington - Ein Radio mit CD-Player, dazu ein paar ordentliche Boxen, mehr brauchte man noch vor wenigen Jahren nicht zum Autofahren. Heute sieht das anders aus: Im Auto skypen, chatten, mailen, facebooken und sich nebenbei Restaurants empfehlen lassen – so und nicht anders geht Autofahren 2014, glauben viele Entwickler und Vermarkter in der Autobranche. Die schöne, neue Welt hat unter anderem diesen lebensbedrohenden Haken: Der Fahrer wird zu stark abgelenkt. Mit oft tödlichen Folgen, wie Zahlen der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA zeigen. Zwar sank zuletzt die Zahl der durch Ablenkung verursachten Unfälle. Gleichzeitig stieg die Summe der in diesen Unfällen Getöteten um acht Prozent. Wenn es also kracht, dann oft mit bösen Folgen. Spracheingabe schlimmer als KnöpfeDer neuen Unsicherheit wollen die Hersteller mit sprachgesteuerten Systemen begegnen. Frei nach dem Motto: Solange die Hände am Lenkrad und die Augen auf die Straße gerichtet sind, kann nichts passieren. Aber ist das sicherer? Nein, sagt eine neue Studie des US-Verbands der Automobilclubs AAA. Die Forscher verglichen die Ablenkung durch sprachgesteuerte Systeme mit dem guten, alten manuellen Dreh am Radio oder der Klimaanlage. Dabei stellten sie fest: Sprachgesteuerte Infotainment-Systeme beschäftigen den Fahrer durchgehend mehr und lenken stärker vom Verkehr ab. Das liegt zunächst daran, dass diese Systeme mehr können. Quelle: Toyota Wer zum Beispiel per Spracheingabe E-Mails beantwortet, ist schon doppelt so stark abgelenkt wie jemand, der nur den Radiosender wechselt. Wer mit Sprachkommandos durch ein komplexes Menü navigiert oder ein neues Navi-Ziel eingibt, achtet noch weniger auf den Verkehr. Siri lenkt am stärksten abAber es gibt Unterschiede zwischen den Autoherstellern, in der Einfachheit der Bedienung und darin, wie gut Sprachkommandos erkannt werden. Am besten schnitt Toyotas Entune ab: Die Ablenkung sei vergleichbar mit der durch ein Hörbuch. Ebenfalls akzeptabel: Chryslers Uconnect. Als deutlich störender benotet die AAA Ford Sync mit MyFord Touch, Command-Online von Mercedes und MyLink von General Motors. Das GM-System brauchte pro Aufgabe am längsten. Am gefährlichsten navigiert es sich der Studie zufolge mit Apples Sprachsteuerung Siri, wobei die AAA nicht die auf Autos ausgelegte Version „Car Play“ testete, sondern das verbreitete iOS 7. Das Programm reagierte im Test nicht konsistent auf identische Anfragen, und sei für die Benutzung im Straßenverkehr zu verspielt und komplex. Hinzu kamen Fehler beim Anrufen von Kontakten und eine schwierige Eingabe von E-Mail-Texten. Ergebnis: Eine doppelt so hohe Unfallgefahr wie bei menübasierten Systemen. Systeme nicht ausgereift„Wir wissen, dass Fahrer, die Sprachsteuerung nutzen, Verkehrszeichen, Fußgänger und andere Autos leichter übersehen. Sie sind einfach nicht voll konzentriert“, sagt Bob Darbelnet von der AAA. Der Hauptgrund ist seiner Meinung nach, dass die Sprachsteuerung noch nicht ausgereift ist. Seine Forderung daher: Die Systeme müssen präziser, weniger kompliziert und benutzerfreundlicher werden. Besonders die Qualität der Spracherkennung beeinflusst massiv die Konzentration des Fahrers, ebenso wie die Reaktionsgeschwindigkeit der Software. Dinge, die sich verbessern lassen. Darbelnet glaub daher: „Es wird in Zukunft möglich sein, sicherere Systeme zu programmieren.“ Damit die Software irgendwann auch im Verkehr so gut funktioniert, wie sie es schon heute in der Werbung tut. |