Concierge-Leitung, Head-up-Display, WLAN oder Parkassistent: Autofahrer bezahlen für viele Features, die sie später nicht nutzen. Das ergab eine Studie von J. D. Power.
Westlake Village/Kalifornien – Egal, ob Assistenzsysteme, Infotainment-Apps oder Vernetzung: In die Entwicklung neuer Technologien stecken die Autohersteller viel Geld. Die Autokäufer zahlen dafür meist Tausende Euro Aufpreis. Sinnvoll angelegtes Geld? Oftmals nicht, sagt eine neue Studie der US-Marktforscher von J. D. Power. Die Branchenbeobachter haben ermittelt, welche Ausstattungen Autokäufer in ihren Neuwagen nicht benutzen. Das Ergebnis: 16 von 33 abgefragten Technik-Features hat mindestens ein Fünftel der Befragten in den ersten drei Monaten nach dem Autokauf nicht ein einziges Mal benutzt. Keine Verwendung für HotspotsDie Speerspritze der Technologieverweigerung sieht so aus: 43 Prozent der Befragten haben noch nie einen vorhandenen Concierge-Service benutzt, wie ihn beispielsweise GM mit Onstar oder BMW im Rahmen von „Connected Drive“ anbieten. 38 Prozent haben keine Verwendung für mobile Hotspots, 35 Prozent haben noch nie ihren automatischen Einpark-Assistenten benutzt. 33 Prozent ignorieren im Fahrzeug vorhandene Head-up-Displays. Quelle: Opel Immerhin 32 Prozent der Befragten lassen die auf ihrem Infotainment-System installierten Apps links liegen. „Solche Features haben 30 Tage Zeit, um vom Autofahrer akzeptiert zu werden. Hat er sie bis dahin nicht benutzt, wird er es vermutlich nie tun“, sagt Renee Stephens von J. D. Power. Im Paket mitgekauftEs bleibt nicht bei passiver Verweigerung. Ein Fünftel der Autofahrer lehnen bestimmte Features für das nächste Auto ab. Darunter befinden sich Apple Carplay, Android Auto, Concierge-Dienste und Spracherkennung. Der Anteil derjenigen, die diese Features nicht im Auto haben möchten, ist bei den heute 20- bis 40-jährigen Autofahrern noch höher. Woher kommt das Desinteresse an Features, die mitbezahlt werden? Eine Ursache sehen die Analytiker beim Autohändler. Wenn der Verkäufer neue Features nicht erkläre oder Ausstattungen bei der Fahrzeugübergabe deaktiviert seien, dann bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Autofahrer sie nicht nutzen. Einen weiteren Grund sieht J. D. Power in dem Umstand, dass Kunden an ihr Smartphone gewöhnt sind. „Das kennen sie, und es funktioniert gut“, sagt Kristin Kolodge von J. D. Power. Der meistangegebene Grund für Technikverweigerung: Die Autofahrer „fanden es nicht nützlich“ oder die Ausstattung war „ein Teil eines Pakets, den sie nicht haben wollten“. Autofahrer lernen intuitivQuelle: BMWAllerdings lehnen die Autofahrer nicht jedes moderne System ab. Beliebt waren der Umfrage zufolge der adaptive Abstandstempomat, der Totwinkel-Warner und Diagnostiksysteme. Hier sehen die Autofahrer einen direkten Mehrwert für die Sicherheit und das Fahrerlebnis. Die meisten Features entdecken Autofahrer im ersten Monat nach dem Kauf, sagt Renee Stephens: „Sie probieren eine Menge aus. So lernen sie das meiste über neue Systeme und akzeptieren diese auch.“ Daher fordern die Marktforscher von der Industrie: Neue, sicherheitsrelevante Features müssen möglichst intuitiv gestaltet sein. Hohe verlorene WerteJ. D. Power befragte zwar amerikanische Autofahrer. Teure, nicht gewollte Ausstattung gibt es aber auch in Deutschland. So verlangt VW beim Golf satte 2.725 Euro für das Fahrassistenz-Paket. Immerhin: Für einige Hundert Euro sind die meisten Assistenten einzeln bestellbar. Das große Navi „Discover Pro“ mit Spracherkennung kostet 2.515 Euro. Mercedes verlangt fürs Command-Online-System in der C-Klasse 3.510 Euro und 2.100 Euro für das Fahrassistenz-Paket. Natürlich wird niemand gezwungen, diese Ausstattungen zu kaufen. Allerdings greifen Flottenmanager gern zu Business-Paketen, die viel Ausstattung für wenig Geld versprechen. Wird diese dann ignoriert, sind das für J. D. Power „hohe verlorene Werte für Kunden wie Hersteller“. „Autohersteller müssen es richtig hinbekommen, sonst benutzen die Autofahrer einfach ihr Smartphone statt der teuren, fest installierten Technologie“, sagt Kristin Kolodge. Für die Studie befragte J. D. Power 4.200 Besitzer und Leasingnehmer von Neuwagen 90 Tage nach der Fahrzeugübergabe. |