Update: Volkswagen und Fiat sollen Probleme mit Systemen zur Reifendruckkontrolle haben. Die Organisation "Transport & Environment" zieht Vergleiche zum Abgas-Skandal.
Frankfurt - Volkswagen und Fiat stehen unter Verdacht. Was den Schadstoffausstoß ihrer Dieselmotoren angeht, sowieso, aber nicht nur: Die Umweltorganisation "Transport & Environment" (T&E) verdächtigt die Hersteller, fehlerhafte elektronische Reifendruckkontrollsysteme zu verwenden. T&E hat verschiedene Tests mit einem Golf 7 und einem Fiat 500L durchgeführt, über die zunächst das "Handeslblatt" berichtet hatte. Dabei wurden insgesamt 16 Fahrten mit wechselnden Bedingungen durchgeführt. Für alle Tests galt: Sie wichen mehr oder weniger stark von den Bedingungen ab, die für die Homologation der vorgeschriebenen Reifendurckkontrollsysteme vorgeschrieben sind. Das Reifendruckkontrollsystem (RDKS) des Golf reagierte laut T&E nur bei zwei der Testfahrten rechtzeitig, das des Fiat 500 kein einziges Mal. Fehlfunktionen bei indirekten Kontrollsystemen (iRDKS)Volkswagen wies laut "Handelsblatt" den Vorwurf zurück, die Systeme würden nur unter den festgelegten Homologationsbedingungen funktionieren. Der Konzern kenne die Tests und deren Bedingungen nicht, könne sie deshalb auch nicht weiter kommentieren. Vor der Verwendung in Serienfahrzeugen müssten die Reifenkontrollsysteme Millionen an Kilometern in Testautos zurücklegen, auch unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Auch Fiat will sich die Testergebnisse erst im Detail ansehen. "Unser Reifendruckmesssystem erfüllt in vollem Umfang die bestehenden Vorschriften", sagte eine Fiat-Sprecherin der Zeitung. Beide Modelle sind mit einem indirekt messenden System ausgerüstet (iRKS). Für das T&E ohnehin die schlechtere Lösung, da Fehlalarme quasi vorprogrammiert seien. Die Systeme messen nicht tatsächlich den Luftdruck im Reifen, sondern sie errechnen ihn aus der Rotationsgeschwindigkeit der Reifen. Direkte System messen und können konkrete Werte anzeigen. Allerdings sind sie teuer. „Optimierung“ von RDKS für die Homologierung?Bei den Tests, die das spanische Unternehmen Idiada für T&E durchgeführt hat, wurden bei beiden Autos zunächst in einem Reifen Luft abgelassen (minus 20 Prozent des vorgeschriebenen Wertes). Dann wurde das Auto genau so gefahren, wie es die festgelegte Testprozedur fürs RDKS vorsieht (Norm: UNECE R64). Beide zeigten spätestens nach zehn Minuten eine Warnung an. Wie vorgeschrieben. Wurden die Autos jedoch „frei“ auf dem Testparcours bewegt, zeigten beide Autos keine Warnung an. Ähnlich fiel das Ergebnis aus, als Idiada an allen vier Reifen Luft abließ und sechs Testfahrten nach sechs unterschiedlichen Bedingungen vornahm, die jeweils von der Testprozedur abwichen. Hier soll RDKS spätestens nach 60 Minuten warnen. Lediglich bei einem Test warnte der Golf rechtzeitig, der Fiat warnte nie rechtzeitig. Für T&E belegen die Tests nicht nur die grundsätzlichen Unzulänglichkeiten indirekter Systeme. Sie legten auch nahe, dass die Systeme „optimiert” würden, um die Homologsationstests zu bestehen. Auf der Straße seien sie hingegen nicht funktionsfähig. Den möglichen Grund sieht die Organisation darin, dass die Hersteller falsche Alarmmeldungen vermeiden wollen. Weil iRDKS-Systeme nicht messen sondern nur rechnen, könnten Straßenoberfläche, Temperatur oder Wetterbedingungen sie zu leicht auslösen. Das beeinträchtige die Sicherheit und die Umwelt, denn Reifen mit zu wenig Luftdruck erhöhen den Verbrauch. T&E zieht den direkten Vergleich zum Diesel-Skandal. Für die Organisation ist eine „Optimierung” der Systeme für die Testprozedur vergleichbar mit „der Nutzung der Abschalteinrichtungen zur Erkennung von Emissionstests“. T&E fordert als Konsequenz, direkt messende Systeme zur Pflicht zu machen. Außerdem sollen Tests unter realen Fahrbedingungen eingeführt werden. Und zwar nicht nur für die Erstausstattungsreifen, sondern auch für Ersatzreifen aus dem Zubehörhandel. Das Test-Protokoll von T&E zu iRDKS (englisch, pdf) |