Zwischen großer Vergangenheit und großer Zukunft liegt bei Alfa Romeo die Zeit des Wartens. Die sollen Mito und Giulietta Quadrifoglio Verde überbrücken. Dafür spicken sie beim 4C.
Balocco/Italien – Wer an Alfa Romeo denkt, der denkt meist an die 60er, vielleicht auch an die 70er. Aber in jedem Fall an Namen wie Giulia, Giulietta und Spider. Vielleicht denkt er aber auch an den neuen 4C. Und merkt dann, dass er dieses Auto noch nie auf der Straße gesehen hat. Das ist schade, denn der 4C ist nicht nur schnell und schön, er ist auch Alfas blechgewordener Aufbruch. Symbol für das Wiederaufleben einer Marke, die mal großartig und auch richtig groß war. 1975 boten die Italiener zehn Modelle an – Volkswagen hatte damals acht im Programm. Heute muss man sich bei VW zwischen 18 Modellen entscheiden – bei Alfa im Grunde nur noch zwischen zweien. Mehr Glanz für Mito und GiuliettaDie Italiener bieten zwar grundsätzlich drei Modelle an, doch ausgerechnet der 4C ist kaum verfügbar. Nur 3.500 Stück werden jährlich bei Maserati gefertigt. Die meisten gehen nach Amerika, 300 bis 350 nach Deutschland. Für die Masse bleiben Mito und Giulietta. Bereits Ende des vergangenen Jahres wurden beide innen und außen dezent überarbeitet. Jetzt sollen sie mit einer kleinen Überarbeitung der jeweiligen Sportversion „Quadrifoglio Verde“ (QV) ein bisschen vom Glanz des 4C abkriegen. Die wichtigste Veränderung dabei: Beide bekommen das aus dem 4C bekannte Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe (mit Launch Control) und einen besseren Sound, die Giulietta außerdem die überarbeitete Version des 1,8-Liter-Turbo-Vierzylinders aus dem 4C. Kleiner Mito, großes LenkradTrotzdem hat es besonders der Mito schwer. Er wird seit 2008 gebaut; die Basis stammt noch vom Fiat Grande Punto. Die Veränderungen an der Topversion fallen dem Laien kaum auf: Neue Schürzen, neue Spiegelgehäuse und ein Heck-Diffusor zieren das Äußere. Der Innenraum kommt mit neu gestalteten Instrumenten, einem Armaturenbrett im Carbon-Look und einem neuen Lenkrad. Leider ist genau das dem kleinen Mito aber viel zu groß. Wer über das neue Volant hinweg sieht, hat nur noch Augen für die nächste Kurve. Denn hier macht der Mito den meisten Spaß. Bei der Testfahrt nahe des Fiat-Testzentrums in Balocco lässt sich das Leichtgewicht von einer Kehre in die nächste werfen. Das Doppelkupplungsgetriebe schaltet sauber und schnell. Die Laune verdirbt einem in diesem Auto eigentlich nur eines: nämlich die Carabinieri am Straßenrand, die den Gasfuß zu einem Lupfer zwingen. Neuer alter Motor für die GiuliettaNoch flotter als der schnelle Mito auf der Landstraße ist das Topmodell der Giulietta auf der Rennstrecke. Mit der stärkeren Giulietta ist man schneller an der nächsten Kurve als mit dem Mito. Da ergibt auch das flink schaltende Doppelkupplungsgetriebe Sinn. Die wichtigste Veränderung aber hängt am Getriebe: der Motor aus dem 4C. Eigentlich handelt es sich dabei um einen neuen alten Giulietta-Motor. Denn das Kompaktmodell fuhr schon immer mit dem 1,8-Liter-Turbo. Allerdings wurde dieser für den 4C überarbeitet. Er bekam einen Aluminium-Block und eine auf das Doppelkupplungsgetriebe abgestimmte Software. Giulietta fahren, die 60er hörenDurch die bessere Drehmomententwicklung (340 Nm, 80 Prozent bei 1.300 verfügbar) sprintet die Giulietta jetzt in 6 statt 6,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Ein guter Wert, der auch den Golf GTI (6,5 s) unterbietet und einen auf der verschlungenen Alfa-Romeo-Teststrecke in Balocco gut ins Schwitzen bringen kann. Sauber und ohne Leistungsknick beschleunigt der Turbomotor durch. Bis kurz vor der nächsten Kurvenkombination die Brembo-Vierkolben zubeißen. Das geringere Gewicht des neuen Aluminium-Motorblocks ist dabei leider kaum spürbar. 22 Kilogramm weniger wiegt der Motor jetzt, allerdings bringt das Doppelkupplungsgetriebe 9 Kilo mehr auf die Waage als der manuelle Vorgänger. Hörbar ist dafür der verbesserte Sound. Die neue Giulietta QV klingt im Vergleich mit der etwas biederen Vorgängerin kerniger. Und das hat einen guten Grund: Denn wer die neue fährt, hört eigentlich ein kleines Stück von der ganz alten Giulietta aus den 60ern. Die Alfa-Ingenieure haben den typischen Doppelnocker-Sound von damals analysiert und festgestellt, dass er von einer bestimmten Art von Frequenzen erzeugt wird. Jetzt sollen ein veränderter Ansaugtrakt und ein neu abgestimmter Sound-Generator den Klang der Sixties imitieren und in den Innenraum tragen. FazitSixties Sound und 4C-Motor, das klingt traumhaft. Und genau so fährt es sich auch. Die ohnehin gute Giulietta QV wird noch ein bisschen besser – aber auch teurer. Sie kostet ab sofort mindestens 32.500 (statt 29.250) Euro und in einer auf 999 Exemplare limitierten Launch Edition (Sportsitze, Schweller, Spoiler) sogar 39.950 Euro. Der überarbeitete Mito QV kostet 23.500 Euro. Das wird dem schlechten Absatz kaum helfen. Im vergangenen Jahr verkaufte Alfa rund 3.500 Exemplare von Mito und Giulietta. Nur sieben Prozent waren Topversionen der Giulietta, beim Mito dürfte der Anteil noch geringer gewesen sein. Aber das alles ist ohnehin nur eine Hinhaltetaktik. Fiat-Chef-Sergio Marchionne hat bis 2018 neun neue Alfa versprochen. Bis 2015 die Einführung startet, müssen Mito und Giulietta schlicht über die Zeit gerettet werden. Sollte Alfa dann nichts Neues liefern, hat das Warten wohl für immer ein Ende. Technische Daten – Alfa Romeo Mito und Giulietta Quadrifoglio VerdeMito Quadrifoglio Verde
Giulietta Quadrifoglio Verde
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