Muscle Cars faszinieren uns deutsche Autofans. Vielleicht, weil es sie hier kaum gibt. Um die Neuauflage des Dodge Charger Super Bee zu fahren, mussten wir nach Amerika.
Quelle: nNapierala Productions Tahoe – Dodge, der Name strahlt Kraft und Patriotismus aus. Zumindest für Amerikaner. Dort lebt der Ruf der Marke davon, kraftvolle Autos zum fairen Preis anzubieten. Bei uns steht er eher für den gescheiterten Versuch, günstige Familienmodelle wie Caliber und Journey unters Volk zu bringen. Alles vergessen, wenn man, wie ich, im aktuellen Charger Super Bee sitzt. 1.Gang: Die BasisDer Charger ist der blechgewordene Inbegriff des amerikanischen Muscle-Cars. In den letzten Jahren wurde der Ur-Charger als Oldtimer auch bei uns immer beliebter. Die Neuauflage sieht man dagegen so gut wie nie. Kein Wunder, denn sie ist nur über Importeure zu bekommen. Von Mutter Chrysler abgesegnet sind AK Leasing und A&T Leasing. Deutschlands bekanntester Importeur für US-Boliden ist GeigerCars aus München. Quelle: nNapierala Productions Das Charger-Topmodell SRT8 Super Bee verfügt über einen 6,4-Liter-Hemi-V8 mit 477 PS und 637 Newtonmetern Drehmoment. Der Achtender grummelt tief, der Ellenbogen wandert wie von allein aus dem offenen Fenster. Und schon fühle ich mich angekommen im coolen Amerika. 2.Gang: Das BestePower ist nicht alles. Der Charger wirkt schlicht und einfach, fast wie ein Auto aus der guten, alten Zeit. Im Gegensatz zum normalen SRT8 gibt es keine einstellbare Federung und auch keine Klimaautomatik. Die Zubehörliste ist kurz: Performance-Reifen und Schaltwippen für das SRT-Lenkrad. Reinsetzen, anschnallen(!) und losfahren lautet die Devise. Mein Fuß auf dem Gaspedal katapultiert den Charger nach vorne. Ohne Kick und kein bisschen ruppig, ganz selbstverständlich entfaltet sich die Hemi-Kraft. Mit einem Sound, der wie alles in Amerika ein bisschen größer ist, und kerniger als das meiste, was man bei uns so fährt. In "etwas unter 5 Sekunden" erreicht der Charger Tempo 100, bzw. 60 mph. So genau gibt Chryslers Sport-Abteilung SRT das nicht an. Die Viertelmeile schafft man in rund 12 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 281 km/h. Quelle: nNapierala Productions Diese Geschwindigkeit darf man auf einer amerikanischen Straße nicht erreichen. Dafür kann der Dodge-Fahrer mit einem Tastendruck das ESP ausstellen. Den Rest erledigt das Getrag-Sperrdifferential. So einfach geht ein Burn-Out, neudeutsch für: qualmende Reifen. 3.Gang: Das SchwächsteSagen wir es gerade heraus. Mit seinem legendären Vorgänger aus den 60ern hat der neue Charger optisch nichts gemein. Nur das Lichtband am Heck erinnert entfernt an die Version ab ‘69. Statt als schnittiger Mid-Size-Fastback, fährt der Charger heute als Full-Size-Viertürer durch Amerika. Das riecht nach aufgeblasener Familienkutsche. Glücklicherweise wird dieser Eindruck von der Topmotorisierung weggefegt. 4.Gang: Das ÜberflüssigeDas Überflüssigste an einem amerikanischen Auto ist häufig das Genörgel derer, die noch keines gefahren sind. Häufige Kritikpunkte: Handling und Verarbeitung des Innenraums. Quelle: Chrysler Ja, die Biene fährt hervorragend geradeaus. Aber auch auf den verschlungenen Bergstraßen um den Lake Tahoe zeigt das Fahrwerk keine Schwäche. Mit einer Gewichtverteilung von 54:46 ist der 2-Tonnen-Dodge gut ausbalanciert und fährt angesichts seiner Masse sauber um die Ecke. Lediglich die Abstimmung der Lenkung ist in schnellen Kurven zu weich. Das Cockpit des Charger ist gut verarbeitet. Das SRT-Lenkrad fällt positiv auf und schmeichelt der Hand. Der schwarze Kunststoff an den Türen und über dem Handschuhfach tut das nicht, ist aber solide verarbeitet. Sportliche Streifen und das Bienen-Logo zieren die Sitze. Der Mini-Touchscreen wirkt überflüssig, zumal es kein Navigationssystem gibt. Wie gesagt, ein herrlich einfaches Auto. 5.Gang: Das WissenswerteBeim Motor des Dodge handelt es sich um einen 392er Hemi-V8. Ein Achtzylinder mit hemisphärischen (halbkugelförmigen) Brennräumen und einem Hubraum von 392 cubic inches, rund 6,4 Litern. Die Form des Brennraums erleichtert das Ansaugen und Ausstoßen des Gemischs und sorgt für eine höhere Motorleistung. Bei gleicher Verdichtung überbietet ein Zweiventil-Hemi einen Motor mit normalen Brennräumen. In den Sechzigern feierten Rennfahrzeuge mit Hemi-Motoren viele Erfolge. Chrysler etablierte damals den Begriff als Gütesiegel, auf das Amerikaner bis heute schwören. Bei uns setzte sich das Konzept aufgrund des hohen konstruktiven Aufwands nicht durch. Quelle: nNapierala Productions 6.Gang: Das BesondereEin Muscle Car bietet viel Power für wenig Geld. In den Sechzigern erledigte das vielleicht kein Auto besser als der Super Bee. Der Name stammt von Chryslers B-Body-Plattform. Die war so variabel, dass der Super Bee mal als Coronet, später im Charger-Kleid auf den Markt fuhr. Der B-Body ist Geschichte, aber nach wie vor ist es in den USA schwer, ein neues Auto mit einem besseren PS-Preis-Verhältnis zu finden. Mein „vollausgestatteter“ Super Bee inklusive Performance-Reifen, Schaltwippen und "Gas-Guzzler-Tax" ("Spritfresser-Steuer", 1.000 Dollar) kostet läppische 44.435 Dollar. Jedes Charger-PS kostet in den USA 93 Dollar, also umgerechnet 70 Euro. Die günstigste Alternative in Deutschland: Beim Chevrolet Camaro (432 PS, ab 39.990 Euro) zahlt man 92 Euro pro Pferdchen. Ausrollen: FazitDas Muscle Car lebt. Zumindest in seiner Heimat. Einfach, günstig und mit viel Kraft. Leider sind die Aussichten auf eine offizielle deutsche Version so schwarz wie die Reifenspuren, die der Charger und ich auf dem Asphalt hinterlassen haben. Dodge Charger SRT8 Super Bee 2013 - Technische Daten
Quelle: MOTOR-TALK, DPA |