BMW halbiert den Vorzeigemotor: Im Hybrid-Sportler BMW i8 steckt ein Turbo-Dreizylinder mit 231 PS. Das klingt nach einem Kompromiss – fährt sich aber ganz anders.
Miramas – Eigentlich ist der BMW i8 schon fast fertig. Ein halbes Jahr vor der Markteinführung stehen Design, Antrieb und Materialien des Plug-in-Hybriden fest. „Wir müssen uns jetzt nur noch um Details kümmern“, sagt Jos van As. Er ist für die Fahrwerksabstimmung und die Synchronisation der beiden Antriebe verantwortlich. „Die Übergänge laufen noch nicht ganz perfekt ab. Darum kümmern wir uns in den nächsten Wochen.“ Grund genug, den i8 noch nicht vollständig zu zeigen. BMW i8 Prototyp: Seriennaher KarbonflitzerDeshalb fahre ich heute einen seriennahen Prototypen. Außen entstellt mit blau-weißer Folie, der Innenraum verhangen mit grauen Decken. Die Tarnung erinnert mich an eine bayrische Flagge und Quelle: BMW einen Filzhut. Dabei ist die Form des Elektro-Primus kein Geheimnis: Vor zwei Jahren hat BMW die Studie i8 Concept auf der IAA in Frankfurt am Main vorgestellt. Das Serienauto startet mit kleineren Glasflächen und leicht modifizierten Linien, unterscheidet sich sonst aber wenig vom Design-Experiment. Überraschungen und Finesse stecken unter der Folie. Denn der Sportler besteht aus Karbon und Aluminium. Die Ingenieure haben Gewicht gespart, wo es nur ging. Die Türverkleidungen fertigt BMW aus Polyphenylenether (PPE), die Scheiben aus Smartphone-Glas und die Fahrwerksteile aus Druckguss-Aluminium. Nur Federn und Stabilisatoren sind aus Stahl. Das ergibt ein Gesamtgewicht von weniger als 1.490 Kilogramm, inklusive aller Flüssigkeiten. Ein (un)gewöhnlicher SportwagenIn Gedanken addiere ich mein Körpergewicht dazu – ein Rennfahrer werde ich wohl nie. Van As nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Er erklärt mir seine Arbeit, zeigt mir viele Details und die Fahrmodi. Monitor, Tacho, Schalter und Automatikwählhebel kenne ich von anderen Modellen der Marke. Lenkrad und Sitze fühlen sich sportlicher an. Meine Haare berühren den Dachhimmel, trotzdem sitze ich gut und bequem. Lediglich der Innenspiegel schränkt meine Sicht auf die rechte Seite der Windschutzscheibe ein – 1,29 Meter Fahrzeughöhe und eine flache Front kosten Platz im Innenraum. Van As startet den i8. Das Cockpit meldet Bereitschaft, vom Motor höre ich nichts. Die Fahrt beginnt im Komfort-Modus. Das bedeutet elektrisches Gleiten bis zu einer Geschwindigkeit von 65 km/h. Der gleiche Elektro-Motor treibt den kleinen Bruder BMW i3 an, ist dort aber stärker. Im i8 leistet er nur 131 statt 170 PS und unveränderte 250 Newtonmeter. Das ist genug, um zügig anzufahren und im (hypothetischen) Verkehr mitzuschwimmen - oder, um den Verbrenner zu unterstützen. Ein halber Motor auf der HinterachseAnstelle eines sonor röhrenden Sechszylinders schaltet sich bei forscher Gangart nur ein halber Motor zu. Im i8-Heck arbeitet ein turbogeladener Dreizylinder mit 1,5 Litern Hubraum. „Salopp gesagt haben wir einfach den Reihensechser abgeschnitten“, erklärt Projektleiter Carsten Breitfeld das neue Motorenkonzept. Bohrung, Hub, Zylinderabstand, Direkteinspritzung und Nockenwellenverstellung übernimmt der i8 von den 3,0-Liter-Motoren der Limousinen. Seine Leistung von 231 PS und 320 Newtonmeter erreicht der Zwerg durch einen vergleichsweise großen Turbolader. Der fördert viel Luft, schiebt aber im Drehzahlkeller nur wenig. Kein Problem, denn dann zieht der Elektromotor. Zusammen leisten die Aggregate 362 PS und 570 Newtonmeter und beschleunigen den i8 in weniger als 4,5 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Die (begrenzte) Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h würde der Verbrenner alleine erreichen. Vorserienstand mit viel PotenzialIch stelle die Theorie auf die Probe und trete kräftig aufs Gas. Hinter mir mischt sich etwas rau der Dreizylinder ein. Der Übergang bedarf in der Tat noch etwas Verbesserung: Mit einem kräftigen Ruck Quelle: BMW kommt die Kraft in der Sechsgangautomatik an. Ich verschwende keinen Gedanken an regenerative Energien und abgespeckte Motoren. Das Motorenduett auf Vorder- und Hinterachse harmoniert nach der anfänglichen Uneinigkeit perfekt und schiebt uns vehement vorwärts. Leistungs- und Drehmomentverlauf ähneln einem großvolumigen Turbomotor. Nur das heisere Knurren aus dem Heck und das Surren von vorne erinnern an das ungewöhnliche Motorenkonzept. Sein volles Potenzial zeigt der BMW i8 aber erst auf kurvigen Strecken. Die Lithium-Ionen-Akkus sitzen im Mitteltunnel, beide Motoren sehr nah an der Fahrgastzelle. Das ergibt den niedrigsten Schwerpunkt der aktuellen BMW-Produktpalette. Der i8 tänzelt um Kurven wie einst Muhammad Ali um seine Gegner. Er folgt neutral fast jeder Lenkbewegung, lässt dem Fahrer aber die Möglichkeit zum Drift. Bei glattem Asphalt kommen die 195er-Leichtlauf-Vorderreifen an ihre Traktionsgrenze. Mit jeder Kurve steigt der Spaß. Der i8 lenkt präzise und wankt dabei kaum – breitere Reifen wären hier fehl am Platz. Der Elektromotor beweist ausgezeichnete Elastizität: Dank eines automatischen Zweiganggetriebes liefert er bei allen Geschwindigkeiten genug Kraft. Ein Sportler für die LandstraßeQuelle: BMW Trotz der Kurvenstärke ist der i8 kein Rennwagen, wie BMW betont. Denn nur mit beiden Motoren erreicht der Plug-in seine sportlichen Fahrleistungen. Doch der binäre Betrieb auf der Rennstrecke lässt dem BMW keine Chance zu rekuperieren. Im Alltagsbetrieb erledigt der Bayer das in Teillast-Phasen. „Überschüssige“ Leistung treibt dann einen Generator am Motor an und lädt die Akkus. Das funktioniert nicht beim ständigen Wechsel zwischen Volllast und Vollbremsung. Damit bleibt der BMW i8 ein toller Sportler für die Landstraße, der in puncto Beschleunigung selbst Motorradfahrer abhängen kann. Unter NEFZ-Testbedingungen verbraucht der Plug-in-Hybrid 2,5 Liter Benzin pro 100 Kilometer. Im Alltag sollen es selbst bei ambitionierter Fahrweise weniger als 10 Liter sein. Der i8 fährt bis zu 35 Kilometer und bis Tempo 120 elektrisch und lässt sich an einer normalen Steckdose innerhalb von zwei Stunden laden. BMW zeigt den fertigen i8 ohne Tarnung auf der IAA in Frankfurt am Main. Den Preis geben die Bayern noch nicht bekannt, er wird aber bei rund 120.000 Euro liegen. |