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VW-Jahrespressekonferenz in Berlin - Einer muss der Beste sein

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Schon 2014 könnte VW Toyota überholen. Was dann? Martin Winterkorn hat viel vor, sagte er in Berlin. Aber sein Konzern ist abhängig von wenigen Märkten und Marken.

Konzernchef Martin Winterkorn und Finanzvorstand Hans-Dieter Pötsch auf der Jahrespressekonferenz in Berlin Konzernchef Martin Winterkorn und Finanzvorstand Hans-Dieter Pötsch auf der Jahrespressekonferenz in Berlin Quelle: dpa/Picture Alliance

Berlin - Einer muss der Beste sein, sang die NDW-Ikone Stephan Remmler beim erfolglosen Comeback-Versuch 2006. Wer der Beste in der Autoindustrie sein soll? VW-Konzernchef Martin Winterkorn hat daran keinen Zweifel. Sein Konzern, natürlich.

Schon in diesem Jahr könnte Volkswagen die magische Marke von 10 Millionen verkauften Fahrzeugen überschreiten. Im abgelaufenen Jahr 2013 waren es bereits 9,73 Millionen. 2014 könnte VW also Toyota als größten Autobauer der Welt ablösen – auch Toyota geht mittlerweile davon aus, dass es so kommt.

Klar ist: Um diese Marke zu knacken, muss VW konzernweit 2014 mindestens drei Prozent Absatzplus erreichen. 2013 waren es 4,9 Prozent.

Abhängigkeit von Europa und China

In Berlin zeigt VW: Auch wir haben jetzt Elektroautos. Da bot es sich an, auch die Jahrespressekonferenz in die Hauptstadt zu verlegen In Berlin zeigt VW: Auch wir haben jetzt Elektroautos. Da bot es sich an, auch die Jahrespressekonferenz in die Hauptstadt zu verlegen Quelle: MOTOR-TALK Finanzchef Hans Dieter Pötsch diagnostiziert: Der VW-Konzern ist gesund. 2013 verdiente der Supertanker aus Wolfsburg 11,67 Milliarden Euro, nach 11,49 Milliarden im Vorjahr.

Der Blick hinter die Zahlen zeigt aber: VW ist abhängig. Mit 4,2 Millionen verkauften Autos ist Europa nach wie vor der wichtigste Markt. Mit den bekannten Problemen: Der Markt ist gesättigt und wird auf Jahre nicht mehr das Niveau von vor 2009 erreichen. Das spürt auch VW.

VW ist auch abhängig von China, wo der Konzern heute jedes dritte Auto verkauft. Mehr noch: Von 3,64 Millionen in Asien verkauften Autos kaufen Chinesen 3,27 Millionen Autos. Das bedeutet auch: In Japan, Südasien oder Indien spielt Europas größter Autokonzern praktisch keine Rolle.

VW ist außerdem abhängig von Audi. Die Ingolstädter Tochter verdiente mit fünf Milliarden fast die Hälfte des Konzern-Ergebnisses. Porsche verkauft halb so viele Autos wie Seat, verdiente aber fast so viel Geld (2,57 Mrd.) wie die Kernmarke VW (2,89 Mrd.). Deren Ergebnis wiederum sackte gegenüber 2012 um ein sattes Fünftel ab. Auch Skoda verlor fast 27 Prozent – hauptsächlich wegen des Modellwechsels beim Octavia.

Neue Ziele für 2018

Wenn Winterkorn Recht behält und sein Konzern schon 2014 größter Hersteller der Welt wird – vier Jahre früher als geplant – welche neuen Ziele setzt sich die Volkswagen AG? Martin Winterkorn will erstens seinen Konzern rentabler gestalten. Mit einer Rendite von 5,5 bis 6,5 Prozent 2014 bleibt der Abstand zu Toyota oder gar BMW gewaltig.

Infografik: Operatives Ergebnis der VW-Konzernmarken Infografik: Operatives Ergebnis der VW-Konzernmarken Quelle: Webphotographer - istockphoto.com Helfen soll dabei vor allem das Baukastensystem (MQB) für Pkw: „ Wenn wir die Baukastenstrategie konzernweit implementiert haben, wird das ein einmaliger Erfolg – technologisch und finanziell“, sagte Winterkorn. 2013 verkaufte VW eine Million Fahrzeuge auf MQB, 2016 sollen es vier Millionen sein.

Außerdem kündigte Martin Winterkorn an: Künftig sollen nur noch Fahrzeuge realisiert werden, die „die jeweiligen Renditeansprüche erfüllen“. Wie sich das mit stark quersubventionierten Projekten wie dem Bugatti Veyron, VW XL1 oder Audi R8 e-tron verträgt, sagte Winterkorn nicht.

Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die Qualität in Entwicklung und Produkt. Auch hier sollen die Baukästen zur „zentralen Innovationsdrehscheibe“ werden. Künftig will VW in jeder Baureihe jeden denkbaren Antrieb anbieten: Benzin, Diesel, Erdgas, Elektro- und Hybridantrieb.

Eher defensiv äußerte sich Winterkorn zur Produktqualität. Auch VW musste zuletzt mehrere große Rückrufe starten, vor allem in China. Ja, gab der Konzernchef auf Nachfrage zu, man werde durch immer mehr Gleichteile „sensibler“. Bei 40.000 Autos pro Tag, befand Winterkorn, „kann immer mal was passieren“. Wichtig sei, dass Fehler sofort abgestellt werden, wenn Mitarbeiter sie bemerken. Nach einer dezidierten Qualitätsstrategie klingt das nicht.

Elektrostrategie: Investieren und abwarten

Der Baukasten, so scheint es, ist VWs Antwort auf alle Fragen, auch auf die nach der Zukunft alternativer Antriebe. Volkswagen will seine Elektroautos grundsätzlich auf einer Produktionsstraße mit konventionellen Modellen bauen. Das spart erstens Kosten, denn es wird kein neues Werk gebaut.

Infografik: VW-Absatz nach Märkten Infografik: VW-Absatz nach Märkten Quelle: Webphotographer - istockphoto.com Zweitens, und das ist in den nächsten Jahren viel wichtiger: Die Produktionsmengen sind flexibel.

Werden nur ein paar tausend E-Golf gebraucht, baut Wolfsburg ein paar tausend. Werden mehr Autos gebraucht, auch kein Problem. Aktuell rüstet VW die Werke Wolfsburg (e-Golf), Ingolstadt (Audi A3 e-tron), Bratislava (e-Up) und Leipzig (Panamera Plug-in) um.

Mit dieser Strategie ist VW nicht alleine, Ford und Smart zum Beispiel halten es genauso – weil die Absatzprognosen keine großen Stückzahlen versprechen. Langfristig, sagt Martin Winterkorn, geht VW von zwei bis drei Prozent elektrisch angetriebener Autos aus.

Das wären weltweit etwa 400.000 pro Jahr. Das klingt nicht schlecht, zeigt aber auch: Falls die Kunden die Elektromobilität nicht annehmen, will VW auf jeden Fall einen Plan B haben. Auch da ist man absolut flexibel.

 

Avatar von bjoernmg
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