Ein Turbo in einem Ferrari? Das klingt für eingefleischte Fans nach dem Untergang des Abendlandes. Doch der neue, aufgeladene California T macht Spaß und klingt toll.
Von MOTOR-TALK-Reporter Stefan Grundhoff Maranello - Es sind schwere Zeiten für Sportwagen-Entwickler. Immer strengere Abgasvorschriften zwingen selbst Kleinserienhersteller wie Maserati oder Ferrari zu technischen Klimmzügen. Sogar Maranello bastelt an Alternativen zum heiß geliebten Saugmotor. Das erste Ergebnis ist der Ferrari California T. T steht für Turbo. Das neue, aufgeladene Triebwerk kann nahezu alles besser als der 490 PS starke Vorgänger. Mehr Leistung, mehr Drehmoment und deutlich weniger Verbrauch machen es eingefleischten Ferraristi leicht, sich an die neue Technik zu gewöhnen. Schließlich brüllte seit dem legendären F40 kein aufgeladener Motor mehr in einem Serien-Ferrari. Quelle: Ferrari Brüllen, so viel vorab, kann dieser Ferrari exzellent. Der amerikanische Kunde, der den letzten California mit Saugmotor, in strahlendem Schwarz, ausgeliefert bekam, wird sich ärgern. Denn er verpasst Einiges. Verzichtet wird auf nichts„Neben dem Ansprechverhalten war der Klang des Triebwerks der zentrale Punkt der Neuentwicklungen“, erklärt der Antriebs-Entwickler Vittorio Dini. „Hieran werden wir gemessen. Der neue Motor baut zudem kleiner und flacher. Sein zwei Zentimeter tieferer Schwerpunkt macht ihn agiler.“ Bereits die Rahmendaten belegen: Nur weil Ferrari jetzt sparsamere Motoren baut, geht es noch lange nicht um Verzicht. Statt des 4,3 Liter großen V8-Saugers mit 490 PS brüllen unter der langen Haube des California T ab Herbst 560 PS aus 3,9 Liter Hubraum. Von 0 auf Tempo 100 geht es in 3,6 Sekunden, die 200 km/h sind in 11,2 Sekunden erreicht. Und das bei einem Normverbrauch von 10,5 Litern. Mehr Sport und weniger SteuergeräteZwar öffnet und schließt sich das elektrische Klappdach des 2+2-Sitzers in 14 Sekunden, das aber ausschließlich im Stand. Das können andere besser. Das Kofferraumvolumen beträgt praktikable 240 bis 340 Liter. Eine elektrische Heckklappe, wie beim Hauptkonkurrenten Mercedes SL 63 AMG? Ebenso Quelle: Ferrari Fehlanzeige wie ein schlüsselloser Zugang oder klimatisierte Sitze. Für 183.499 Euro gibt es hier mehr Sport und weniger Steuergeräte. Am Steuer schlägt sich der Ferrari California T toll, besser als sein Vorgänger ohne „T“. Der 1,7 Tonnen schwere Roadster bewegt sich zwar nicht so filigran und messerscharf wie ein 458er durch die Kurven. Doch er bietet eine grandiose Mischung aus echter Sportlichkeit und gerade genug Komfort. Kein Wunder, dass der California seit 2009 das erfolgreichste Ferrari-Modell ist: „70 Prozent aller California-Käufer sind Erstkunden bei Ferrari“, erläutert Produktmanager Nicola Boarini, „wir haben mit dem California völlig neue Kreise erreicht.“ Da passt es gut ins Bild, dass die gut konturierten Sportsitze sogar mit Langstreckenkomfort glänzen. Die einzige Fehlbesetzung ist das schwache Navigationssystem. Geschmacksache: Beim Start erinnert eine Anzeige zwischen den Lüftungsdüsen an den Turbolader unter der Haube. Die Runduhr zeigt, wie viel Turbokraft gerade abgerufen wird. Mehr Bass, weniger VerbrauchDer 4,57 Meter lange Ferrari California bietet viel: 316 km/h Spitzentempo, 755 Newtonmeter maximales Drehmoment und eine spektakuläre Leistungsentfaltung. Das Ganze verpackt in ein optisch vergleichsweise zurückhaltendes Auftreten. Das gilt für den Klang des neuen Achtzylinders nur bedingt. Beim Starten des Direkteinspritzers wird schnell klar, dass der California mit dem „T“ nichts verlernt hat, denn wer über 6.000 Touren Quelle: Ferrari unterwegs ist, dirigiert mit dem rechten Fuß eine echte Krachmaschine. Das geschrumpfte Triebwerk klingt allerdings bassiger und tiefer als der Saugmotor, der bis an die 8.000 Touren drehte. Hinzugelernt hat der California da, wo geschoben wird: Bisher lag bei 5.000 U/min das maximale Drehmoment von 505 Newtonmeter an, pardon, verrichtete lustvoll seine Arbeit. Jetzt ist die maximale Kraft schon ab 2.750 U/min verfügbar. Wer damit überholt, ahnt, wie sich ein Astronaut fühlen muss, wenn der Raketenantrieb ihn ins All schiebt. Und dann holt uns Ferrari-Mann Nicola Boarini doch noch mit einem Vernunftargument zurück auf die Erde: „Der Hubraum von unter vier Litern hat den angenehmen Nebeneffekt, dass der Ferrari California T in China um bis zu 40 Prozent günstiger ist, wegen seiner Hubraumsteuer“, erklärt er. Reiche Chinesen wird das wenig interessieren, alle anderen gar nicht. Das gleiche gilt wohl für den Verbrauch, der 15 Prozent unter dem des Vorgängers liegt.
Technische Daten: Ferrari California T
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