Seit 1997 kühlt Porsche 911-Motoren mit Wasser. Heute saugen sie ihre Verbrennungsluft nicht mehr selbst ein. Wir vergleichen den ersten mit dem letzten Wasser-Sauger.
Berlin – Eine Zäsur in der 911-Entwicklung schmeckt manchen bis heute bitter. Porsche-Fans sind Traditionalisten, viele von ihnen altmodisch. Niemand sonst hätte sich 1997 über die Abschaffung der Luftkühlung echauffiert. Ihr wisst schon: Das, was bei Käfer, Trabi und Tatra so toll funktioniert hat. 2015 wiederholte sich die Geschichte. Wieder ein Einschnitt in der 911-Tradition. Dieses Mal gab es Turbolader für die Basismodelle. Porsche modernisiert, Nostalgiker jammern. Und sie zitieren Walter Röhrl. Der hat früher gemeine Sachen über Turbomotoren gesagt, die jetzt toll zum Traditionsbruch passen. Sorgen muss sich aber niemand machen: Der geliftete 911 mit Turboladern spricht so spontan an wie der Sauger. Quelle: MOTOR-TALK Wir nutzen den Moment der Umstellung für einen Rückblick. Vor rund 18 Jahren floss erstmals Kühlwasser durch einen Elfer-Motor. Bis vor Kurzem fuhr er ohne Überdruck im Saugrohr. Wir vergleichen deshalb unseren Dauertester, ein Porsche 911 Cabriolet der Baureihe 996, mit seinem Enkel: einem 911 GTS der Baureihe 991 - der letzten ohne Turbo-Unterstützung. Spiegelei und Wasserkühlung: Porsche 911 996Unser Dauertester stammt aus dem Modelljahr 2002. Einige Monate vor seiner Erstzulassung vertrieb ein Facelift das Eigelb aus den berühmten „Spiegelei“-Scheinwerfern. Im Heck röhrt die zweite Generation des Wasserboxers. 3,6 Liter Hubraum erzeugen 320 PS und 370 Newtonmeter Drehmoment. Vier Ventile pro Zylinder steuern den Fluss von Gemisch und Abgasen, Aktuatoren lenken Ventilhub und Steuerzeiten. Im Vergleich zum luftgekühlten Vorgänger gab es 34 PS mehr Leistung und einen halben Liter weniger NEFZ-Durst. Mit dem Modell 996 wurde der Elfer allerdings pummelig. Der Porsche streckt sich auf 4,44 Meter Länge. Das Lenkrad sucht trotzdem noch Körperkontakt. Sitze mit Lehnen in Coke-Bottle-Form wirken altmodisch, schmiegen sich aber fein an Schenkel und Rücken. Schwarzes Leder spannt auf einem Armaturenbrett aus hartem Kunststoff. Knöpfe, Displays und ein dicker Po: Porsche 911 991 GTSQuelle: MOTOR-TALK Nach seiner Wasser-Premiere wuchs der Elfer weiter. Das aktuelle Modell misst gut 4,50 Meter in der Länge und 1,85 Meter in der Breite. Das Gewicht des Cabriolets mit Allradantrieb stieg auf 1.515 Kilogramm – 30 Kilo mehr Gesamtmasse als unser Dauertester. Auf kurzen Strecken können dafür (kleine) erwachsene Menschen auf den Rücksitzen mitfahren. Beim 996 ist das undenkbar. Was unser Dauertester im Innenraum gut kann, macht der Neue besser. Seine Sitze halten uns fester, die Oberflächen wirken edler und er passt zu jeder Körpergröße. Endlich reibt das Lenkrad nicht mehr an den Schenkeln, die Gänge klacken präziser in die Gassen. Neben dem aktuellen Cockpit wirkt die 90er-Jahre-Landschaft des 996 alt und überholt. Dafür ist sie übersichtlich: Der Alte kommt mit sehr wenigen Knöpfen aus. Im Vergleich: Porsche 911 996 und 991 CabrioZwischen den Motoren der beiden Elfer-Generationen liegen etwa 15 Jahre Entwicklungszeit. Sie ähneln sich auf den ersten Blick, unterscheiden sich aber technisch. Der 991 spritzt seinen Sprit direkt in die Brennräume, auf dem Papier gut einen Liter weniger als der 996. Die Ölpumpe arbeitet elektrisch, das Wasser kühlt genauer („Thermomanagement“), die Verdichtung liegt höher (12,5:1 statt 11,3:1). In der Basisversion ist er 30 PS und 20 Newtonmeter stärker als unser 996. Quelle: MOTOR-TALK Unser Opa-Elfer fährt seinem Nachfolger kaum hinterher. In der Beschleunigung trennt die beiden weniger als eine Sekunde, in der Spitze fährt der 991 gut 20 km/h schneller. Beide Motoren sprechen spontan an und drehen mit Schwung in den roten Bereich, die Fahrwerke reagieren gut und schnell. Natürlich schiebt der Neue etwas stärker, er liegt sicherer auf der Straße und steifer in der Kurve. Schwach oder labil fühlt sich der 996 im Vergleich trotzdem nicht an. Der auffälligste Unterschied zwischen alt und neu liegt im Verbrauch. Im Berliner Stadtverkehr gönnt sich unser Dauertester im Durchschnitt etwa 14 Liter Super Plus pro 100 Kilometer. Der Neue rollt mit etwa zwölf Litern durch die Stadt. Eine Start-Stop-Automatik und ein toll abgestimmtes Siebengang-Schaltgetriebe sparen Kraftstoff. Streng genommen ist der GTS eine Ausstattungsvariante. Als Basis dient der 911 Carrera S mit 3,8-Liter-Boxer und 400 PS. Hinzu kommt eine Leistungssteigerung um 30 PS, eine Sportauspuffanlage, Felgen mit Zentralverschluss und ein paar schwarz lackierte Details. Er blickt böser als schwächere Elfer, röhrt lauter und fährt etwas schneller. Mit ähnlicher Ausstattung spart er sogar ein paar Euro. Das Verdeck knarzt, aber die Technik hält mitQuelle: MOTOR-TALK Mit fast 100.000 Kilometern hat unser 996 bereits viel erlebt. Die Vorderachse fühlt sich deshalb nicht ganz präzise an. Sein Alter wirkt sich insgesamt aber wenig auf die Technik aus. Fahrwerk, Lenkung, Motor und Getriebe wirken modern und fit. Lager und Achsgeometrie lassen mehr Bewegungen zu, er wankt und nickt stärker als sein Enkel. Sein Dach sitzt nicht mehr so fest wie vor knapp 15 Jahren. Die Kapuze reibt sich an Säulen und Scheiben, sie knarzt und ächzt. Akustische Patina, ohne technische Relevanz. Wer an dieser Stelle Perfektion braucht, der findet sie beim neuen Elfer – für gut 100.000 Euro Aufpreis gegenüber unserem Oldie. Ob sein Dach in 15 Jahren straffer anliegt, muss sich zeigen. Besonders begeistert haben uns bei beiden Autos die Antriebe. Die Elfer können ruhig im Verkehr mitschwimmen oder mit viel Krawall über Landstraßen brettern. Das Drehmoment entwickelt sich schöner als die Blumen in Muttis Garten. Mittlerweile geht es beim Elfer aber weniger um ein puristisches Fahrgefühl als um Geschwindigkeit, Umwelt und Komfort. Die meisten Kunden kaufen ein Doppelkupplungsgetriebe. Einen Nachfolger der manuellen Schaltbox wird es vermutlich nicht geben. Die Umstellung auf Turbomotoren kürzt das 911-Angebot. Die Basismodelle werden stärker und rücken näher an den GT3. Porsche streicht die Zwischenstufe GTS, bisher ein Lückenfüller zwischen Basis und Scharf. Insgesamt fallen fünf Antriebs- und Karosserievarianten weg, das Elfer-Programm schrumpft von bisher 21 auf vorerst 16 Modelle. Immerhin: Gerüchten zufolge plant Porsche einen letzten, starken Sauger. Porsche 911 Carrera 4 GTS 991 und 911 Carrera 4 996: Technische Daten
|