Maranello - Er ist der schnellste Straßen-Ferrari, der jemals auf der Rennstrecke gestoppt wurde: der Ferrari F12 Berlinetta sprengt mit 740 PS alles bisher Dagewesene. Direkt an der Ferrari-Hausstrecke liegt ein unscheinbares Gebäude. Hier hatte Enzo Ferrari sein Büro. Er war so vernarrt in das „Lied der Zwölf“, dass er den Sound seiner Motoren stets hören wollte. Man kann das nach ein paar Kilometern im F12 Berlinetta gut verstehen. Es fällt schwer, dieses Prachtexemplar von einem natürlich beatmeten V12 nicht immer nur hochzudrehen, seinen melodischen, verruchten Lustschreien zu lauschen und sich dem Rausch der Beschleunigung zu ergeben. 8,5 Sekunden auf 200 km/h attestiert Ferrari seinem jüngsten, seinem schnellsten Pferd im Stall. Kein Serien-Ferrari war je schneller. Volle Leistung bei 8.700 Umdrehungen Keiner stärker: Der Nachfolger des 599 leistet 740 PS bei 8.700 Touren. Und keiner grüner: Der Motor emittiert 30 Prozent weniger CO2 als der Vorgänger. Einspritzung, Reibungsreduzierung, Gasein- und -auslass, Start-Stopp-System, Doppelkupplungsgetriebe sowie die Erhöhung der Verdichtung auf 13,5:1 gehören zu den Sparmaßnahmen der Italiener. Sein Fahrwerk wird über magnetisch gesteuerte Dämpfer der neuesten Generation geregelt. Sie agieren blitzschnell und unabhängig voneinander. Es gibt ein elektronisches Differenzial, die aus dem 458 bekannte F1-Traktionskontrolle, ESP (hier ESC), ABS, EBD – und alles arbeitet natürlich miteinander. Doch die Königsdisziplin ist der „große V12“. Anders als McLaren braucht Ferrari diesen Motor zwingend, weil etwa 60 Prozent der Käufer im Stile Enzos diese Maschine lieben, kaufen und fahren. Immer wieder. Kürzer, leichter und eine Haube, die für Abtrieb sorgt Der F12 Berlinetta ist etwas kürzer, schmaler und flacher als sein Vorgänger, er ist leichter (1630 kg nach DIN) und steifer dank zwölf verschiedener Aluminiumlegierungen. Und er setzt erstmals die Motorhaube ein, um Abtrieb zu erzeugen. Das funktioniert, indem die Luft über seitliche Kanäle links und rechts nach außen geleitet wird. Zusammen mit dem glatten Unterboden und dem T-förmigen Heckabschluss generiert der F12 123 Kilogramm Abtrieb bei 200 km/h. Innen gibt es jetzt mehr Platz, der Kofferraum fasst 320 bis 500 Liter. Der Schwerpunkt liegt tiefer, der Fahrer auch. Auf der ersten Ausfahrt durch das Hinterland von Maranello fällt der erstaunlich gute Federungskomfort auf. Die sehr, sehr direkte, leichtgängige Lenkung und das Manettino am Volant kennt man von anderen Modellen. Der F12 fährt sich so mühelos, dass man mitunter die monströse Leistung vergisst, die einen antreibt. Von der Landstraße auf die Rennstrecke Szenenwechsel: ein paar schnelle Runden auf der Pista Fiorano, der Ferrari-eigenen Teststrecke. Hier bewährt sich der F12 Berlinetta als schnellster Serien-Ferrari aller Zeiten. Mit einer 1:23er Rundenzeit hängt er den 458 Italia (1:25 Minuten) ab. Was bedeutet, dass der ab Werk auf alltagstauglichen Straßenreifen rollende Neuling selbst dem Extremsportler Enzo (1:24,90 min) den Schneid abkauft. Hat man sich an die hochsensible Lenkung gewöhnt, flitzt der F12 Berlinetta selbst mit dem ungeübten Redakteur äußerst flott ums Eck. Für ein Frontmotorauto, zumal mit V12, lenkt er agil ein und zeigt kaum Karosseriebewegung. Die Spannung steigt bei 740 PS natürlich am Ausgang der Kurve, doch die Hinterräder haben mit elektronischer Unterstützung von E-Diff und Traktionskontrolle sehr viel Grip. Driften, was die Versicherung erlaubt Drifts sind theoretisch immer möglich, einzig die Versicherung limitiert den Übermut. Bremsgefühl und -dosierbarkeit der Keramikstopper sind top, auch hier hat Ferrari mit neuen Materialien und einer in die Front integrierten Klappe für mehr Kühlung viel Feinarbeit geleistet. Dann kommt die lange Gerade, man dreht hoch, bis der V12-Sound in den Ohren kitzelt, blickt kurz nach rechts zu dem unscheinbaren Haus hinüber und gibt sich dem Rausch des Lauschens hin: Enzos Lieblingsmelodie klingt ewig jung, ewig wild, ein zauberhaft tösender Evergreen.
Modell: Ferrari F12 Berlinetta Motor: 6,3-Liter-V12 Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe Leistung: 740 PS Drehmoment: 690 Nm Verbrauch: 15,0 Liter/100 km 0 – 100 km/h: 3,1 Sekunden Höchstgeschwindigkeit: 340 km/h Länge x Breite x Höhe: 4,62 m x 1,94 m x 1,27 m Radstand: 2,72 m Leergewicht: 1630 kg Kofferraum: 320 - 500 Liter Preis: 268.400 Euro
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 10.08.2012
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