Jetzt also Maserati. Erstmals baut die italienische Edelmarke ein SUV. Der Levante soll zum Bestseller werden. Auch, weil es der erste Maserati mit Anhängerkupplung ist.
VON MOTOR-TALK-Reporter Michael Specht
Mirafiori/Turin - Traditionalisten jaulen vermutlich wieder und jammern über „Verwässerung des Markenkerns“. Und dass ein SUV nun überhaupt nicht zu einer rassigen Sportwagenmarke wie Maserati passe. Über Porsche wurde vor 14 Jahren ähnlich argumentiert. Und heute? Sind die Zuffenhausener erfolgreich als je zuvor. 60 Prozent aller Verkäufe heißen Macan oder Cayenne. Quelle: Maserati Von solchen Zahlen träumt Maserati. „Der Levante wird unser Volumenmodell“, sagt Harald Wester. Der Maserati-Chef rechnet noch für dieses Jahr mit 17.000 Levante, 2017 sollen es 30.000 werden. Mehr als Maserati derzeit von allen Modellen zusammen verkauft. Dem Ghibli aus dem Blech geschnittenDie Voraussetzungen, dass der Levante Bestseller wird, sind nicht die schlechtesten. Beim Design hatten die Italiener ein gutes Händchen. Der Levante – wie bei Maserati üblich sind die Namen mediterranen Winden entlehnt – zeigt Ähnlichkeiten zum Limousinen-Bruder Ghibli. Dennoch: Mit einer Länge von fünf Metern und 2,2 Tonnen Gewicht fühlt sich das Auto wie ein Brocken an. Die Idee von Maserati zu solch einem Fahrzeug stammt von 2003. Damals präsentierte die Marke in Detroit eine Studie namens Kubang. Gezeichnet hatte diesen „GT Wagon“ damals Giorgetto Giugiaro. Ebenfalls Kubang hieß das zweite Concept Car, das 2011 in Frankfurt auf der IAA debütierte. Damals beabsichtigen die Italiener noch, sich für die Serienversion der Technik des Jeep Grand Cherokee zu bedienen. Zudem sollte der Levante in den USA gebaut werden. Quelle: Maserati Zum Glück erkannten die Marken-Strategen, dass dies die komplette DNA eines Maserati zerstören würde. Ein Insider: „Made in Italy ist ein Muss. Unsere Kunden schätzen italienische Manufaktur.“ Daher verlässt der Levante nun die Werkshallen in Mirafiori bei Turin und nicht in Toledo/Ohio. 275-PS-Diesel-SechszylinderPositioniert ist das SUV primär gegen den Porsche Cayenne (neue Generation erscheint 2017), soll aber auch dem BMW X6 und Mercedes GLE Coupé das Leben schwer machen. Als Basis dient dem Levante die Technik des Ghibli, inklusive dessen Allradsystem Q4. Bei den Motoren dürften europäische Kunden wohl zu 90 Prozent zum Dreiliter-V6-Diesel greifen. Er wurde von VM Motori speziell für Maserati modifiziert und sitzt auch im Ghibli und Quattroporte. Der Sechszylinder-Selbstzünder hat 275 PS und schickt 600 Newtonmeter schon bei 2000/min in die ZF-Achtgangautomatik. Das reicht, um mit dem Levante souverän unterwegs zu sein, angemessen zum Auftritt des Autos. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 230 km/h. 7,2 Liter gibt Maserati als Normverbrauch an. Neun bis zehn Liter zählt die Praxis. Was den Kunden, der ab 70.500 Euro aufwärts bezahlt, nicht wirklich belasten dürfte. USA und China favorisieren klar den drei Liter großen V6-Benziner. Der Twin-Turbo leistet immerhin 430 PS. Ohne das „S“ im Namen sind es 350 PS. Gebaut wird das Aggregat bei den Kollegen von Ferrari in Maranello. Die Frage nach einem V8, wie er beispielsweise im Quattroporte grummelt, beantwortet Markenchef Harald Wester mit: „Vielleicht mal eine kleine Serie.“ 2018 soll der Levante als ökologisches Feigenblatt sogar einen Plug-in-Hybrid erhalten. Die Technik stammt aus dem Chrysler Pacifica, dem ersten und einzigem Plug-in-Modell im FCA-Konzern. Auch dieses SUV soll wie ein Sportler fahrenDie Entwickler haben den Levante klar auf Agilität und Dynamik getrimmt, sprechen sogar von „Straßen-Performance eines klassischen GT-Sportwagens“. Da lehnt man sich weit aus dem Fenster. Doch alle Modelle verfügen über Luftfederung und elektronische Dämpferverstellung, ebenso über Doppelquerlenker-Vorderachse und Fünflenker-Hinterachse mit Sperrdifferenzial (mechanisch). Zudem haben die Ingenieure es geschafft, die Achslastverteilung auf 50:50 zu trimmen und den angeblich niedrigsten Schwerpunkt im Segment zu realisieren. Alles zusammen lässt den Levante in der Tat äußerst handlich und flott ums Eck gehen. Der Spieß dreht sich leider um, sobald man in der Stadt unterwegs ist. Enge Gassen und Parkhäuser sind Feindesland. Besonders die zwei Meter breite Karosserie macht dem Fahrer zu schaffen, auch wenn Sensoren und Kameras für ein wenig Erleichterung sorgen und die Außenwelt aufs Display im Armaturenbrett werfen. Quelle: Maserati Im Cockpit geht es gewohnt nach klassischer Maserati-Manier zu. Zur Voll-Digitalisierung und zu virtuellen Instrumenten wollte man sich noch nicht durchringen. Manch einer mag dies sogar begrüßen, muss sich aber trotzdem mit „Touch Control Plus“ anfreunden. So nennt sich im Levante das neue Multi-Media-System – inklusive Dreh-Drück-Regelung und Fingerwischen auf dem 8,4 Zoll großen Bildschirm . Ausgerechnet der Kofferraum hat noch LuftSitzposition, Verarbeitung und Auswahl der Materialien geben keinen Anlass zur Kritik. Auch hinten sitzen Erwachsene bequem. Dennoch bleibt das Raumgefühl eingeschränkt. Der Levante ist trotz seiner gewaltigen Außenmaße innen ziemlich eng geschnitten. Auch im Kofferraum. Dessen 580 Liter sind durchschnittlich. Liegen die Rücksitzlehnen flach (keine Entriegelung vom Laderaum aus), sollen es laut Maserati 1600 Liter sein. Zum Vergleich: In den neuen Tiguan, immerhin einen halben Meter kürzer und damit zwei Klassen kleiner, passen 615 bis 1.655 Liter. Ansprechen will Maserati mit dem Levante nicht nur die coolen Gigolos, die damit in Monaco vor dem Café de Paris flanieren, sondern auch Pferde- oder Bootsbesitzer. So wird der Levante das erste Modell in der 100-jährigen Geschichte des Unternehmens sein, für das eine Anhängerkupplung bestellt werden kann. Die Zuglast liegt bei 2,7 Tonnen. Zum Händler rollt der Levante im Mai zunächst als Benziner in der S-Version. Sie kostet stramme 88.000 Euro. Im Juli folgt der Diesel, im nächsten Jahr vermutlich der schwächere Benziner – wenn er denn für Deutschland überhaupt angeboten wird. Technische Daten - Maserati Levante
Quelle: von MOTOR-TALK Reporter Michael Specht |