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Piëch verhandelt über VW-Stammaktien - Ferdinand Piëch steigt aus

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Der Patriarch wirft hin: Ferdinand Piëch will seine VW-Stammaktien im Wert von einer runden Milliarde Euro an andere Familienmitglieder abgeben. Ein Abschied auf Raten.

Ferdinand Piëch fährt im Jahr 2002 mit dem Prototypen für ein "Einliter-Auto" vor Ferdinand Piëch fährt im Jahr 2002 mit dem Prototypen für ein "Einliter-Auto" vor Quelle: dpa/Picture Alliance

Wolfsburg – Der Patriarch steigt offenbar aus bei VW, wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag. Volkswagen ohne Ferdinand Piëch? Das erschien jahrzehntelang undenkbar, und war bisher nicht geplant. Doch nun wird es höchst konkret. Ferdinand Piëch will, das hat Porsche SE bestätigt, seine Anteile an der Holding verkaufen – und damit seinen Einfluss auf Europas größten Autokonzern aufgeben.

Piëch geht also auf Distanz zu Volkswagen. Damit beginnt das Endspiel um die Macht in Wolfsburg und Stuttgart. „Der Rosenkrieg in den Eigentümerfamilien scheint in die Endphase zu gehen“, sagt der Autoexperte Stefan Bratzel. „Das war in den vergangenen Jahren ein Abschied auf Raten - am Schluss ein Abgang mit lautem Knall“, ergänzt sein Kollege Willi Diez.

Ferdinand Piëch und Wolfgang Porsche im Vorfeld des Autosalon Paris am 26. September 2012 Ferdinand Piëch und Wolfgang Porsche im Vorfeld des Autosalon Paris am 26. September 2012 Quelle: dpa/Picture Alliance Lange Zeit war der Enkel des legendären Konstrukteurs Ferdinand Porsche das Machtzentrum bei VW. Piëch war Audi-Chef, VW-Chef, dann Aufsichtsratsvorsitzender. Er baute das Volkswagen-Imperium zum heutigen Mehrmarken-Konzern aus. Ohne den „Alten“ ging nichts. Von seinem Wohnsitz Salzburg aus führte er VW, lange Jahre zusammen mit seinem Ziehsohn Martin Winterkorn.

Gestandene Manager fürchteten sich vor Piëch, dem autoritären Chef, der nicht lange fackelte. Zugleich war der Respekt vor ihm - dem genialen Ingenieur und Autonarren - groß. Das jedoch scheint vorbei. Die Machtverhältnisse in Wolfsburg haben sich offenbar verschoben.

Müller: "Kein Kontakt"

Es scheint fast so, als sei Piëch im VW-Konzern zur „Persona non grata“ geworden, zur unerwünschten Figur. Vorstandschef Matthias Müller, einst enger Vertrauter Winterkorns, sagte erst kürzlich: „Ich stehe nicht in Kontakt mit Piëch.“ Piëch-Cousin Wolfgang Porsche rückte zumindest zwischen den Zeilen von Piëch ab. Stephan Weil, VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident, warf dem „Alten“ gar vor, "Fake News" zu verbreiten. Und auch der Betriebsrat, früher ein enger Verbündeter, ist auf Distanz zum Ex-Patriarchen.

Rückblick: Frühjahr 2015. Bei VW scheint alles in Ordnung. Im Vorjahr gab es, mal wieder, Rekorde bei Ergebnis und Umsatz. Hinter den Kulissen aber braut sich zusammen, was den erfolgsverwöhnten Konzern Monate später aus der Bahn werfen wird: In den USA gibt es Probleme mit erhöhten Abgaswerten.

Im März 2015 spricht Piëch auf dem Genfer Autosalon mit dem damaligen Vorstandschef Winterkorn. Er will auf die Probleme, auf mögliche Manipulationen hingewiesen haben - und auch den innersten Machtzirkel bei VW informiert haben: Das Präsidium des Aufsichtsrats mit Leuten wie Weil und Osterloh, heißt es in Berichten. Die Aufsichtsräte weisen diese Anschuldigungen scharf zurück. Der Vorstand prüft Schadenersatzansprüche gegen Piëch.

Winterkorn bleibt, Piëch tritt zurück

1982: Ferdinand Piëch als Audi-Chef (mit goldenem Lenkrad) 1982: Ferdinand Piëch als Audi-Chef (mit goldenem Lenkrad) Quelle: dpa/Picture Alliance

Im April 2015 geht Piëch in offene Konfrontation zum VW-Vorstand und sagt dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Es beginnt ein beispielloser Machtkampf. Das Bundesland Niedersachsen, der Betriebsrat und Wolfgang Porsche stützen am Ende - zur Überraschung vieler – den Vorstandschef Winterkorn. Piëch tritt als Aufsichtsratsvorsitzender zurück.

Damit war Ferdinand Piëch formal ohne Funktion im Konzern, als Miteigentümer aber nicht ohne Einfluss. Was wollte Piëch? Eine Spekulation: Seine 19 Jahre jüngere Ehefrau Ursula in einer Art dynastischer Erbfolge als Nachfolgerin an der Spitze des Aufsichtsrats durchsetzen. Winterkorn jedoch hatte selbst Interesse an diesem Posten. Ein anderes Gerücht: Piëch sei höchst unzufrieden mit der Entwicklung von Volkswagen in den USA gewesen – sowohl wirtschaftlich als auch vor dem Hintergrund der später bekanntgewordenen Dieselprobleme.

Aber Genaues weiß man nicht. Piëch hat sich seit fast zwei Jahren nicht mehr öffentlich geäußert, Interviewanfragen sind zwecklos. Dennoch, so heißt es, zieht er hinter den Kulissen noch Fäden. Noch ist Piëch Miteigentümer der Porsche SE und damit von VW. Diese Machtarchitektur ist wesentlich von ihm gezimmert worden, als Ergebnis des Übernahmekampfes zwischen der Porsche AG und VW. Angeblich drängen ihn Familienmitglieder, auch den Aufsichtsratsposten in der Holding aufzugeben. Wird deshalb nun über den Verkauf der rund eine Milliarde teuren Beteiligung verhandelt?

Generationswechsel beschleunigt

Am 17. April 2017 wird Piëch 80 Jahre alt. Aus seinem Umfeld ist zu hören, der frühere VW-Boss verfolge die Entwicklung im Konzern weiterhin genau. Er sei direkt und geradlinig, aber auch stur und nachtragend. Scheinbar hat es Piëch nicht verwunden, dass er vor fast zwei Jahren als Aufsichtsratschef zurücktreten musste. Dabei ist schon seit längerer Zeit ein Generationswechsel im Gange bei den Familien Porsche und Piëch.

VW-Betriebsversammlung 2002: Bundeskanzler Gerhard Schröder, VW-Chef Ferdinand Piëch, sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender Bernd Pischetsrieder VW-Betriebsversammlung 2002: Bundeskanzler Gerhard Schröder, VW-Chef Ferdinand Piëch, sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender Bernd Pischetsrieder Quelle: dpa/Picture Alliance Dieser könnte nun wesentlich beschleunigt werden - wenn der Patriarch seine Anteile verkauft und andere Familienmitglieder das Aktienpaket übernehmen. Die Urenkel von Ferdinand Porsche seien nicht am konfrontativen Kurs der Generation Ferdinand Piëchs und Wolfgang Porsches interessiert, schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Insider. Mit Ferdinand Piëch an der Spitze habe die Familie für ihren Geschmack zu sehr in der Öffentlichkeit gestanden.

Was bedeutet all das für VW? „Für den Konzern könnte der Abgang auch ein positives Signal sein“, sagt Stefan Bratzel. Schließlich sei das Unternehmen in einem radikalen Umbruch zur Elektromobilität und zum autonomen Fahren. Piëch habe von solchen Neuerungen wenig gehalten. Daher sei es gut, wenn jüngere Leute, die mehr Verständnis dafür hätten, an Einfluss gewännen: „Dadurch kommt frisches Blut samt frischen Ideen in die Reihen der Anteilseigner.“

Wer hat die Macht im VW-Konzern?

Das Sagen bei VW haben die Halter der Stammaktien, die mit Stimmrechten verbunden sind. Im Gegensatz zu den im Dax gehandelten, stimmrechtslosen Vorzugsaktien gibt es bei den Besitzverhältnissen der Stammaktien normalerweise kaum Bewegung. Die von den Familien Piëch und Porsche kontrollierte Porsche SE (PSE) hält 52,2 Prozent der Stimmrechte. Zweitgrößter Eigner ist das Land Niedersachsen mit 20 Prozent. Der dritte Hauptaktionär ist die staatliche Investmentgesellschaft des Emirats Katar, die Qatar Holding (17 Prozent). Die übrigen 10,8 Prozent befinden sich in Streubesitz und entfallen auf sonstige Aktionäre.

Die Porsche SE ist eine reine Beteiligungsgesellschaft. Ihr Anteil am gezeichneten Gesamtkapital von VW beträgt knapp 31 Prozent. Dass sie trotzdem mehr als die Hälfte der Stimmrechte hält und damit den Konzern kontrolliert, liegt an der Trennung in Stamm- und Vorzugsaktien.

Die Stammaktien der Porsche SE selbst werden laut deren Geschäftsbericht mittelbar ausschließlich von Mitgliedern der Familien Porsche und Piëch gehalten. 14,7 Prozent an der Holding gehören Ferdinand Piëch, ein ebenso großer Anteil Hans Michel Piëch. Mehr als die Hälfte (51,7 %) sind in einer Stiftung der Porsche-Familie eingebracht.

Quelle: dpa/bmt

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