Der Standort Deutschland braucht eine eigene Fertigung von E-Auto-Batterien, sagen Gewerkschaften und Politik. Nur die deutschen Autohersteller sehen das bisher anders.
Quelle: picture alliance / dpa Stuttgart/Wolfsburg - Bessere Zellen für Batterien gelten als zentraler Schlüssel für den Durchbruch von Elektroautos. Denn bislang ist die Reichweite begrenzt und die Fertigung teuer. Trotzdem will Daimler - der bislang einzige auf diesem Feld tätige deutsche Hersteller - seine Kräfte in diesem Jahr aus der Produktion von Batteriezellen abziehen und die Produktion schließen. Das Arbeitnehmerlager sieht darin einen fatalen Fehler. "Ohne eigene Zellfertigung gefährdet die deutsche Automobilindustrie mittelfristig ihre Innovationsführerschaft", sagte VW-Betriebsratsboss Bernd Osterloh am Dienstag und forderte "zeitnah eine Entscheidung der deutschen Hersteller und Zulieferer für eine Zellfabrik". Osterlohs Kollege beim Autohersteller Daimler, Michael Brecht, hatte zuvor im "Handelsblatt" (Dienstag) ebenso wie sein Pendant bei BMW Maßnahmen gefordert. Gestützt werden sie von der Politik. "Ein Premiumstandort, der auch ein Premiumstandort bleiben will, braucht eine eigenständige Batterie- und Zellproduktion", sagte Matthias Machnig (SPD), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, dem "Handelsblatt". Asien ist führend, Tesla hat große PläneQuelle: picture alliance / dpa Die Forderung ist nicht ganz neu: Schon im Frühjahr machten sich die Betriebsratschefs von Daimler und Volkswagen für einen solchen Schulterschluss stark. Als Daimler die Schließung seiner Zellfertigung im sächsischen Kamenz vor einem Jahr ankündigte, sahen IG Metall und Betriebsratschef Brecht darin ein Warnsignal. Vergangene Woche wetterte der erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann: "Es ist ein echtes Trauerspiel, wie hier die Verantwortung zwischen Fahrzeugherstellern, Zulieferern und Politik hin- und hergeschoben wird." Stattdessen werde zugeschaut, wie sich die Schlüsseltechnologie in Fernost und USA entwickele. Tatsächlich stammen die größten Produzenten von Batteriezellen inzwischen aus Asien. Firmen wie Samsung, LG oder Panasonic können in der Zellfertigung Größenvorteile ausnutzen, weil sie nicht nur für E-Autos, sondern auch für Batterien in Handys, Laptops und Tablets produzieren. Der E-Auto-Pionier Tesla baut in den USA zusammen mit Panasonic die bislang größte Zellfertigung der Welt auf, die 2017 starten soll. Die wachsende Produktion macht die Zellen der aktuellen Generation billig, einen Neueinstieg aber umso teurer. Angesichts der Ansage von Volkswagen im Lichte des Diesel-Abgasskandals, neue Elektromodelle zu lancieren, nimmt die Diskussion um eine deutsche Produktion neue Fahrt auf. Das "Handelsblatt" zitiert Gewerkschaftskreise, wonach die drei großen deutschen Autokonzerne jeweils eine Milliarde Euro investieren müssten, um eine gemeinsame Produktion auf die Beine zu stellen. Etwa so viel hatten Daimler, BMW und die VW-Tochter Audi für den Kauf des Kartendienstes Nokia Here locker gemacht. Diese Karten werden als Grundlage für selbstfahrende Autos benötigt. Quelle: picture alliance / dpa Entwicklungssprung könnte Produktion wieder interessant machenDoch im Gegensatz zum Kartenmaterial für Roboterautos argumentieren die Hersteller, dass sie die Batterien nicht aus der Hand geben, wenn sie die Zelle nicht selbst produzieren, sondern nur einkaufen. Daimler tüftelt am Li-Tec-Standort Kamenz weiter an Batteriesystemen, in die künftig Zellen von anderen Herstellern verwendet werden. Volkswagen entwickelt die E-Auto-Speicher zusammen mit Varta Microbattery. BMW kauft nur seine Batteriezellen vom südkoreanischen Konzern Samsung und macht alles andere selbst. Bosch entwickelt Batteriesysteme in einem Joint Venture mit GS Yuasa und Mitsubishi Corp. Ändern könnte sich die Lage, wenn neue Generationen von Zellen auf den Markt kommen. Dann könnten Investitionen in neue Produktionsstandorte wieder lohnen, heißt es in der Branche. Bosch hatte auf der Automesse IAA im September einen Durchbruch bei der Zelltechnologie angekündigt, der E-Auto-Batterien deutlich kleiner und leistungsfähiger machen könnte. Der schwäbische Zulieferer hatte dafür eigens das US-Startup Seeo übernommen. Ob dieser Durchbruch allerdings in eine eigene Fertigung münden wird, ließ Bosch offen. |