Ein klassischer Name, Standardantrieb und mehr Dampf als die Konkurrenz: Alfa Romeo zeigt eine neue Giulia – die erste von acht Modellpremieren in drei Jahren.
Mailand – Alfa zeigt die neue Giulia an einem Ort mit trauriger Geschichte. Schutthaufen erzählen vom Abriss alter Werkshallen im Mailänder Vorort Arese. Nur ein großes Firmen-Logo erinnert an den vergangenen Ruhm. Hier entsteht schon lange kein Alfa mehr – aber genau hier feiert der Hersteller sich selbst mit einem neuen Modell: Bald soll die Giulia gegen BMW 3er, Mercedes C-Klasse und Audi A4 antreten. Und Alfa renovieren. Italienische Seele, Herzschmerz, „Bella“-Rufe und Tränendrüse im Erdgeschoss des früheren Verwaltungsgebäudes. Der knallrote Alfa Romeo rollt auf die Bühne und kommt mit dem Schlussakkord einer Arie aus „Turandot“ zum Stehen. Der ausführende Star-Tenor Andrea Boccelli hatte sich zuvor brav als Alfa-Fan geoutet. Dann der erste Blick auf den Heilsbringer auf Rädern. Eine lange Motorhaube verschiebt den Raum für die Insassen nach hinten. Viel Radstand lässt wenig Platz an den Enden der Karosserie übrig, dazu ein knackig-kurzes Heck mit einer kecken Spoilerlippe. Ein bisschen BMW, ein Hauch Jaguar und von achtern gesehen eine Prise Audi. Aber alles so neu gemischt, dass keine Verwechslungsgefahr besteht. Alfa Romeo Giulia: Aluminium, Carbon und perfekte GewichtsverteilungQuelle: Alfa Romeo Das Alphatier mit dem weiblichen Namen ist eine Reminiszenz an eine alte Dame. Von 1962 bis 1978 baute Alfa die erste Giulia. Optisch gibt es keine Verwandtschaft. Die sportliche Limousine von einst zählte jedoch mit ihren 112 PS zu den Königinnen der linken Autobahnspur. Sie spielte in zahllosen Mafia-Filmen die Rolle des Jägers mit Blaulicht. „Wir haben den Geist der Giulia wiederbelebt“, erklärt Harald Wester, der deutsche Markenchef von Alfa. Der frühere Audi-Manager ist überzeugt, dass das neue Modell der Marke altes Ansehen verschafft. Was er natürlich verschweigt: Der Niedergang von Alfa lag auch an der Vernachlässigung der schönen Tochter durch die Mutterfirma. So degenerierte sie im Vergleich zu den übermächtigen Rivalen aus Süddeutschland zum Aschenputtel. Jetzt gibt Konzernchef Sergio Marchionne viel Geld aus, um die Fehler der Vergangenheit auszumerzen. „Fiat hatte lange nicht die finanziellen Möglichkeiten, in Alfa zu investieren. Dank des Zusammenschlusses mit Chrysler können wir uns das jetzt leisten“, sagte der Fiat-General. Das Ergebnis wird jetzt sichtbar, denn in der Giulia steckt Premium-Technik. Die Karosserie besteht aus Stahl, Aluminium und Carbon. Klassenüblich fährt die Limousine mit Heck- oder Allradantrieb. Gleichmäßige Gewichtsverteilung, ein elektronisch geregeltes Fahrwerk und ein geschwindigkeitsabhängiger Frontspoiler sollen die Guilia sportlich machen. Motor von Ferrari-EntwicklernIm Tacho gibt es klassische Instrumente, auf der Mittelkonsole High-Tech. Zwei Drehschalter steuern die wichtigsten Funktionen. Einer den Fahrmodus (sportlich, komfortabel, sparsam, Rennstrecke), der andere Entertainment Navigationssystem. Pflicht in der Nobel-Mittelklasse. Dazu gibt es feine Materialien, gesteppte Nähte, Holz, Alu- und Carbonoptik. Eine Sitzprobe erlaubte Alfa noch nicht, aber durch die Scheiben wirkte die Giulia schick, elegant und nobel. Quelle: Alfa Romeo Der Motorraum bleibt vorerst komplett geheim. Alfa verrät nur, dass das Sechszylinder mit Doppelturbo 510 PS leistet und die Giulia in weniger als vier Sekunden auf 100 km/h spurten lässt. Andere Hersteller verkaufen solche Werte eine halbe Klasse höher. Hubraum, Spitze und Verbrauch des von Ferrari entwickelten Motors bleiben bis zur IAA in Frankfurt im Dunkeln. Dabei zeigt der Premieren-Alfa nur Giulias schärfste Seite. Er muss sich mit BMW M3 oder C 63 von Mercedes-AMG messen. Über die Normal-Modelle schweigen die Italiener noch. Fest steht wohl, dass die in dieser Klasse üblichen Zweiliter-Vierzylinder als Benziner und Diesel unter die Haube kommen. Auch die Optik der Alltagsmodelle wird ein Stück weit dezenter daherkommen. Über technische Details wie Assistenzsysteme oder Getriebe herrscht ebenfalls noch Unklarheit. Giulia Kombi, Limousine und ein SpiderWie dem auch sei: Alfa soll wieder besser leben und die neue Giulia den berühmten Namen in alle Welt tragen. Nach Deutschland kommt der Neue zu Preisen ab etwa 30.000 Euro im Frühjahr 2016. Ihm folgen dann ein Giulia Kombi, eine große Limousine im Format des BMW 5er, ein kompaktes und ein großes SUV sowie ein Coupé und ein Spider. 2014 wurden 68.000 Alfa verkauft. 2018 sollen es sechsmal so viele sein. Und die Zentrale soll zurück ins alte Haus. Wenn das kein gutes Zeichen ist. Weitere News zur Alfa Romeo Giulia auf der IAA 2015 Auf MOTOR-TALK wird übrigens bereits viel über die Giulia diskutiert. |