Am Wochenende gab Google bekannt, dass der US-Konzern sich derzeit auf dem Gebiet der „selbstfahrenden Autos“ engagiert und seit einem Jahr in Kalifornien Testfahrten durchführt. Das Projekt reiht sich ein in die Forschung zum Thema Künstliche Intelligenz, die Google fördert und durchführt. Nach Einschätzung von Google ist das System noch etwa 8 Jahre von der Serienreife entfernt. Die Grundidee ist an Universitäten und auch bei Autoherstellern nicht neu: Es könnte den Verkehr massiv entlasten und die Zahl der Unfälle drastisch reduzieren, wenn die Fehlerquelle hinter dem Steuer eliminiert würde und ein Kraftfahrzeug sich selbsttätig steuern könnte. Computer benötigen nur den Bruchteil an Reaktionszeit, wodurch Fahrzeuge mit viel niedrigerem Sicherheitsabstand und zügiger unterwegs sein könnten. Auch die passive Sicherheitsausrüstung der Fahrzeuge könnte so abgerüstet werden, was Autos leichter und sparsamer machen würde. Computer haben keine Konzentrationsstörungen, werden nicht müde können auch nicht unter Alkoholeinfluss stehen. Sie haben einen 360-Grad-Blick, können alle Informationen blitzschnell erfassen und verarbeiten und dabei sehr viel schneller fahren. 1.000 Meilen ohne manuellen Eingriff Google hat die örtlichen Verkehrsbehörden zwar über die Versuche informiert, sie ansonsten aber ein Jahr lang geheim gehalten. Nach Angaben des Konzerns sind die Testfahrzeuge, in denen stets ein Testfahrer am Steuer saß, aber nur im Notfall eingreifen sollte, bereits 1.000 Meilen ganz ohne Eingriffe durch den Straßenverkehr gefahren. Ein Vielfaches dieser Strecke wurde unter „geringer Hilfe“ des an Bord befindlichen Operators bestritten. Neben einem ausgebildeten Testfahrer, der jederzeit eingreifen kann, fährt auch ein Softwareentwickler mit, der die Programmabläufe ständig überwacht. Verknüpfung bestehender Daten mit neuen Systemen Basis für Googles Experiment mit Roboter-Autos ist die stetig wachsende Datensammlung, die für Google Earth, Google Maps, Google Streetview und ähnliche Dienste aufgebaut wurde. Google setzt diese Daten bereits erfolgreich in Navigationssystemen ein, so u.a. im BMW ConnectedDrive. Mittels dieser Navigationsdaten sowie Kameras, Radarsensoren und Laser-Entfernungsmessern ist das Fahrzeug in der Lage, selbständig die Verkehrssituation um sich herum zu erfassen und sich dazu adäquat zu verhalten. Die gewaltige Datenmenge, die dabei entsteht, wird in Google-eigenen Datencentern verarbeitet. Zusätzlich ist das Programm selbstlernend. Da davon auszugehen ist, dass Fahrer bestimmte Abschnitte immer wieder abfahren, etwa von ihrer Wohnung zu ihrer Arbeitsstätte, erkennt und speichert das Fahrzeug Verkehrsschilder, Daten über Ampelphasen und ähnliche Informationen, auf die sich mit Erfahrung auch ein menschlicher Fahrer mit zunehmender Erfahrung einstellen würde. Was interessiert Google am Straßenverkehr? Für den Internetkonzern ist das wirtschaftliche Interesse an diesem Projekt eher ein langfristiges. Google könnte eigene Mobilitätsdienste wie herbeirufbare Mietwagen anbieten, oder Lizenzen für die Technologie an Automobilhersteller verkaufen. Google verkündet hehre Ziele, die mit dem Projekt erreicht werden sollen: Nicht weniger als die Revolutionierung der Automobil- und Straßennutzung ist das Ziel der Kalifornier. Man glaubt, dass die Zahl der Menschen, die jährlich im Straßenverkehr sterben, von derzeit 1,2 Mio. jährlich etwa halbiert werden könne. Man möchte die Transportkapazitäten der vorhandenen Straßen deutlich steigern und so sowohl den Landschaftsverbrauch als auch die Energiebilanz des Verkehrs erheblich senken. Und man glaubt, dem durchschnittlichen Amerikaner auf diese Weise 52 Minuten Lebenszeit täglich zurückgeben zu können, die dieser dann weniger im Auto verbringen müsste. Information und deren Verwaltung und Vermarktung ist weiterhin das Kerngeschäft von Google – und früher oder später findet sich, das zeigt die Erfahrung aus der Vergangenheit, für jede Information ein Vermarktungsweg. Die Kehrseite der Mobilitätsrevolution ist denn auch, wie Google zugibt, dass das Roboterauto- und damit Google – alles wissen würde und müsste, was mit der Mobilität des Fahrzeugnutzers zusammenhängt: Wo er wohnt, wo er arbeitet, wann er dort sein muss, wo und wie lange er einkauft oder wo er seine Freizeit verbringt. Von Tom Kedor
Quelle: MOTOR-TALK |
verfasst am 11.10.2010
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