Das Thema CO2 wird uns noch lange begleiten. 2021 gibt es ein Zwischenziel. Bis dahin sollen die Hersteller bei 95 Gramm CO2-Ausstoß sein. Ob sie das schaffen?
Quelle: pictureimpressions - istockphoto.com/Transport & Environment Brüssel - Papier ist geduldig und auf dem Papier werden Autos sparsamer. Wie sich der CO2-Ausstoß von Neuwagen im Jahr 2013 entwickelt hat, dazu hat die europäische Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) jetzt Zahlen veröffentlicht. Diese Zahlen gefallen der Industrie: Der durchschnittliche CO2-Ausstoß ihrer Autos sank demnach gegenüber 2012 um vier Prozent (5,2 Gramm) auf 127 Gramm pro Kilometer. Das bedeutet: Kein Konzern hat sein CO2-Etappenziel für 2013 verfehlt. Demnach mussten 75 Prozent der Neuwagenflotte 130 g/km oder weniger emittieren. Diese Ziele werde je Hersteller individuell berechnet, abhängig davon, ob er eher Kleinwagen oder große Limousinen anbietet. Der Hersteller mit dem EU-weit niedrigsten CO2-Flottenwert ist Renault (114,9 g/km). Die Franzosen verringerten den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotte um 7,8 Prozent. Nur bei Fiat stieg der CO2-Ausstoß geringfügig um 0,5 Prozent. Quelle: Transport & Environment Wenn dann im kommenden Jahr im Schnitt die 130 Gramm erreicht sein müssen, werden das wohl ebenfalls alle Hersteller schaffen. Fiat, Renault, Toyota, Ford, PSA, Volvo, Daimler und BMW sind bereits so weit, ebenso Volkswagen (Konzern). Suzuki, Hyundai, Mazda, Opel und Honda müssen ihr Modellprogramm bis 2015 noch etwas umbauen, sind aber nicht weit vom Ziel entfernt. Eigentlich könnten also alle zufrieden sein. Nur der Kunde wundert sich, denn die offiziellen Fabelwerte erreicht sein Auto nur bei extremer Schleichfahrt. Die meisten Hersteller kaufen einen Großteil der Einsparungen mit einer exakten Abstimmung ihrer Autos auf den Messzyklus, mit kleinen Turbomotoren, lang übersetztem Getriebe, Start-Stopp-Automatik. Das spart im Messzyklus viel, in der Realität aber oft wenig. Ausblick: Sechs Hersteller vor dem SollWas kommt nach 2015? Dann müssen alle Hersteller ihren Flottenverbrauch bis 2021 auf 95 Gramm pro Kilometer drücken. Schaffen sie das? T&E wagt einen Ausblick und glaubt: Ja. Allerdings hängen Fiat ein Jahr und BMW drei Jahre hinter dem von Transport & Environment errechneten Zeitplan. BMW würde seine CO2-Ziele erst 2024 erreichen. Auch Opel hinkt hinterher, ebenso einige asiatische Hersteller: Suzuki liegt zwei Jahre hinter dem Plan, Hyundai und Mazda sogar vier Jahre. Schlusslicht ist Honda. Der japanische Hersteller wird das CO2-Ziel der Europäischen Union für 2021 erst 2027 erreichen, wenn der Durchschnittsverbrauch neuer Honda-Modelle nicht deutlich sinkt. Diese Prognosen sagen wenig über die Wirklichkeit, denn Transport & Environment berücksichtigt keine „Nebeneffekte“ wie Supercredits, also die mehrfache Anrechnung von Elektroautos. BMW hat gerade seine Modelle i3 und i8 auf die Straßen gebracht, Opel entwickelte neue Motoren. Entsprechend werden ihre Flottenwerte schon 2014 deutlich sinken. Vorgaben fördern InnovationenNach Ansicht des T&E-Sprechers Greg Archer zeigen die aktuellen Emissionsrückgänge, dass die Beschwerden der Industrie über zu strenge Ziele unbegründet gewesen seien. Die Hersteller hätten bisher die Ziele vorzeitig erreicht. Im Gegenteil hätten die strengen Vorgaben Innovationen gefördert und die Industrie gestärkt. Quelle: Transport & Environment Dr. Herbert Kohler, bei Daimler verantwortlich für Konzernforschung und Nachhaltigkeit, sieht das anders: Technische Maßnahmen, die große CO2-Einsparungen erreichen, seien bereits umgesetzt. Wie die Einführung einer Schaltpunktanzeige, von Benzinmotoren mit Direkteinspritzung oder die Start-Stopp-Automatik. Die nächsten technischen Schritte, wie eine durchgängige Hybridisierung, sind nach Ansicht von Kohler nicht nur teurer, sondern haben einen vergleichsweise kleineren Effekt auf den Verbrauch: „Wir müssen immer härter um jeden Tropfen Minderverbrauch kämpfen“. Deals, die Luft lassenAlle diese Zahlen und Verbalscharmützel zeigen eines: Mit den bisherigen CO2-Deals zwischen Umweltpolitik und Industrie konnten beide Seiten leben. Es gibt regelmäßig Fortschritte zu vermelden, der für Europa überlebenswichtigen Autoindustrie bleibt trotzdem genug Luft und Profit zum Atmen. Das könnte sich ändern, wenn die EU im Jahr 2017 den NEFZ-Messzyklus durch den neuen WLTP-Zyklus ersetzt. Der soll realistischere Verbrauchswerte liefern: Mehr Beschleunigungen, weniger Standzeiten, höhere Geschwindigkeiten. Absehbar ist, dass aktuelle Spritspar-Modelle dann weniger immergrün strahlen und durstige Dickschiffe keine einstelligen Verbrauchswerte mehr erreichen. Die technische Antwort darauf kann lauten: noch mehr Technik, noch mehr Aufwand. Oder auch: Leichtbau durch Weglassen und weniger starke Motoren. Dadurch könnten sich vielleicht sogar mehr Menschen ein sparsames Auto leisten, und das wäre doch eine gute Nachricht. Jedenfalls eine bessere als diese:Auf den neuen Zyklus müssen wir vielleicht noch länger warten.
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