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Bundesrat gibt grünes Licht für Pkw-Maut - Hier kommt die Maut

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Die Pkw-Maut hat die letzte Hürde genommen: Der Bundesrat hat zugestimmt. Das CSU-Prestigeprojekt muss trotz Kritik nicht in den Vermittlungsausschuss.

Der Bundesrat gibt grünes Licht: Nun werden wohl einige EU-Nachbarstaaten gegen Deutschland klagen Der Bundesrat gibt grünes Licht: Nun werden wohl einige EU-Nachbarstaaten gegen Deutschland klagen Quelle: dpa/Picture Alliance

Berlin - Der Weg für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen ist frei. Der Bundesrat ließ am Freitag das Gesetzespaket passieren, auf das sich zuvor Bundesregierung, EU-Kommission und Bundestag verständigt hatten.

Damit schickt die Länderkammer die "Infrastrukturabgabe" nicht in den Vermittlungsausschuss. Überraschend und anders als am Vortag angekündigt stimmte das rot-rot-grün-regierte Thüringen nicht für den Vermittlungsausschuss - damit fehlten für ein Vermittlungsverfahren die entscheidenden Stimmen.

Der Erfurter Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sagte, man habe abwägen müssen, nachdem die CSU signalisiert habe, Pkw-Maut und Länder-Finanz-Verhandlungen miteinander verbinden zu wollen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt kann die praktische Umsetzung der bisher gestoppten Maut-Einführung also starten. Starten soll die eigentliche Maut-Erhebung erst 2019.

Dobrindt verteidigte das Vorhaben erneut gegen Kritik. Die Maut habe "das klare Prädikat der EU-Kommission" zu ihrer Rechtmäßigkeit bekommen, sagte er vor der Abstimmung im Bundesrat. Es entstünden "substanzielle Einnahmen", die für Straßen-Investitionen zweckgebunden seien. "Zum allerersten Mal beteiligen sich alle, die unsere Straßen nutzen, auch an deren Finanzierung", sagte Dobrindt. Inländische Autobesitzer würden nicht zusätzlich belastet.

Keine Sonderregelungen für Grenzregionen

Einige Bundesländer hatten mautfreie Autobahn-Abschnitte in Grenzregionen gefordert, was Dobrindt erneut ablehnte. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte vor Einbußen für Handel und Gastronomie in den Grenzregionen. Der Aufwand passe nicht zu den Einnahmen, die Schäden für das europäische Zusammenleben seien inakzeptabel. Baden-Württembergs Resortchef Winfried Hermann (Grüne) kritisierte "eine verheerende Signalwirkung" für Europa.

Eigentlich war die Pkw-Maut schon 2015 beschlossen worden. Da Europa daraufhin ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze nicht umgesetzt. Zentraler Streitpunkt war der Vorwurf einer Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland, da nur Inländer für Mautzahlungen vollständig über eine geringere Kfz-Steuer entlastet werden sollen. Dobrindt einigte sich aber im Dezember 2016 mit der EU-Kommission auf Änderungen am Modell.

Dobrindt will Ausschreibung starten

Diese Nachbesserungen sind nun beschlossen. Konkret sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker differenziert werden. Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos sollen um 100 Millionen Euro zusätzlich bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Am angestrebten Ertrag von jährlich 500 Millionen Euro und der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiterhin Zweifel.

Der Länderkammer lagen Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse vor, den gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag anzurufen. Darüber wurde nicht im einzelnen abgestimmt, nachdem allgemein für ein Vermittlungsverfahren keine Mehrheit zustande kam.

Dies hätte das Verfahren verzögern können. Dobrindt hat angekündigt, nach Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine europaweite Ausschreibung zu starten, mit der ein Betreiber für das Mautsystem gesucht wird.

Ratgeber: Alle Details zur Pkw-Maut

Wo wird die Maut fällig?

Inländer zahlen für 13.000 Kilometer Autobahnen und für 39.000 Kilometer Bundesstraßen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland zahlen nur auf Autobahnen.

Was kostet die Maut für Inländer?

Jeder, der in Deutschland ein Auto zugelassen hat, muss eine Jahresmaut zahlen. Sie wird vom Konto abgebucht und richtet sich nach dem Hubraum und der erfüllten Schadstoffnorm des Motors. Die Grundidee: Je größer der Motor und je älter die Schadstoffnorm, desto teurer die Maut. Im Schnitt kostet sie laut dem Verkehrsministerium 67 Euro, maximal werden 130 Euro fällig. Benziner sind günstiger als Diesel.

Konkret heißt das:

  • Für ein Euro-3-Fahrzeug zahlt man pro 100 Kubikzentimeter Hubraum 6,50 Euro beim Benziner und 9,50 Euro beim Diesel.
  • Euro-4- und Euro-5-Motoren kosten 2 Euro (Ottomotor) oder 5 Euro (Diesel).
  • Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 liegen bei 1,80 Euro und bei 4,80 Euro pro 100 Kubik.
  • Wohnmobile zahlen pauschal 16 Euro pro angefangene 200 Kilo zulässigem Gesamtgewicht.
  • Für Fahrzeuge mit Saisonkennzeichen zahlen die Halter den Anteil an der Jahres-Maut, der der Nutzungszeit entspricht.
  • Oldtimer mit H-Kennzeichen werden pauschal mit 130 Euro belegt.
  • Motorräder, Elektroautos, Behindertenfahrzeuge und Krankenwagen sind mautfrei.

Beispiele: Ein VW Polo 1.2 TSI von 2014 mit Euro 6 kostet den Besitzer 21,60 Euro im Jahr. Ein Mercedes B 160 CDI von 2015 (1,5 Liter Hubraum, Euro 6) wird mit 72 Euro belegt. Für einen Golf V 1.9 TDI von 2003 (Euro 3) werden rechnerisch 180,50 Euro fällig, wegen der Höchstgrenze aber nur 130 Euro.

Und die steuerliche Entlastung?

Um Mehrbelastungen von Inländern durch die Maut zu vermeiden, werden mit ihrer Einführung Entlastungen ins Kfz-Steuer-Gesetz geschrieben. Grundsätzlich werden sie so berechnet, dass die Steuer um den Maut-Betrag gesenkt wird. Die Berechnung folgt nach derselben Formel wie für die Maut, die Höchstgrenze liegt ebenfalls bei 130 Euro. Für den Euro-3-Golf im obigen Beispiel heißt das: Der Steuerbetrag von derzeit 293 Euro verringert sich um 130 auf 163 Euro.

Euro-6-Fahrzeuge allerdings werden stärker entlastet. Hier werden bei Benzinern pro 100 Kubik Hubraum 2,45 Euro von der Steuer abgezogen und nicht 1,80 Euro. Bei Euro-6-Dieseln gibt es einen Bonus von 5,45 Euro pro 100 Kubik und nicht von 4,80 Euro. Für den Polo 1.2 TSI von 2014 werden also noch 32,60 Euro Steuern fällig. Inklusive Maut zahlt der Halter also 54,20 Euro. Bisher beträgt die Kfz-Steuer 62 Euro. Macht 7,80 Euro Ersparnis.

Der Mercedes-Fahrer zahlt gegenwärtig 168 Euro Steuern. Künftig soll er dort um 81,75 Euro entlastet werden. Insgesamt zahlt er dann mit Maut 158,25 Euro pro Jahr. Er spart nach dem neuen System also 9,75 Euro.

Was kostet die Maut für Ausländer?

Wer sein Auto nicht in Deutschland zugelassen hat, kann eine Jahresvignette beantragen und zahlt dann genauso viel wie Halter von hier zugelassenen Autos - bekommt aber keine Steuerentlastung. Maximal werden also 130 Euro pro Jahr fällig.

Daneben gibt es die Möglichkeit, Kurzzeitvignetten zu kaufen. Es gibt Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Vignetten. Ihr Preis ist sechsstufig gestaffelt und abhängig davon, was die Jahresvignette kosten würde:

Stufe Preis Jahresvignette 10-Tagesvignette 2-Monatsvignette
1 0 bis unter 20 Euro 2,50 Euro 7 Euro
2 20 bis unter 40 Euro 4 Euro 11 Euro
3 40 bis unter 70 Euro 8 Euro 18 Euro
4 70 bis unter 100 Euro 14 Euro 30 Euro
5 100 bis unter 130 Euro 20 Euro 40 Euro
6 130 Euro 25 Euro 50 Euro

 

Wie wird die Pkw-Maut kontrolliert?

Klebevignetten für die Windschutzscheibe soll es nicht geben. Mautzahler werden über das Kennzeichen identifiziert. Die Kontrolle soll stichprobenartig über einen elektronischen Abgleich erfolgen. Die Daten sollen nur dafür erfasst und unverzüglich gelöscht werden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.

Gibt es Ausnahmen von der Maut?

Wer in Deutschland ein Auto zugelassen hat, muss die Maut zunächst zahlen. Er kann sie unter bestimmten Umständen zurückfordern. Dafür muss der Halter nachweisen, dass er im entsprechenden Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren ist. Ein Fahrtenbuch könnte dafür als Nachweis dienen.

Und wenn ich nicht zahle?

Wer ohne Mautvignette (oder mit dem Kennzeichen verknüpften Zahlungsnachweis) auf Autobahnen oder Bundesstraßen erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Wir hoch die sein wird, wurde noch nicht festgelegt. Die Bundesregierung will die Bußgelder aber in jedem Fall im Ausland eintreiben.

Chronik der Pkw-Maut: Vom Sommerloch-Gag zum CSU-Prestigeprojekt

 

Quelle: dpa

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