Mit einer feinen Limousine will Hyundai BMW und Mercedes erschrecken. Wird der Genesis mehr als ein Schreckchen mit Vollausstattung, Allrad und V6-Sauger für 65.000 Euro?
Hamburg - Wer, bitte, kauft sich einen Hyundai für 65.000 Euro, in Deutschland, wo Audi, BMW und Mercedes die Business-Klasse unter sich aufgeteilt haben? Das möchte der koreanische Hersteller jetzt herausfinden. Bevor der große, feine Genesis gegen A6, E-Klasse und 5er antritt, steht er zunächst im Weg: In der schmalen Gasse nahe der Hamburger Binnenalster kommt niemand am fünf Meter langen Hyundai Genesis vorbei. Das wird in der Zulassungsstatistik anders sein, wenn ab August einige wenige Händler die Limousine vertreiben. Mehr als ein paar hundert Genesis pro Jahr liefert Hyundai nicht von Korea nach Deutschland. Bevor die Polizistin den Kugelschreiber zückt, räumen wir die Gasse. Sanft schaukelnd, setzt sich der Zweitonner in Bewegung, schwer, aber nicht träge. Für die Größe fühlt sich der Genesis spontan handlich an. „Elemente des Genesis-Designs werden Sie auch am nächsten i20 finden“, hat uns der Hyundai-Produktreferent eben noch erklärt. Luxus purDer gedankliche Sprung aus dem Genesis-Cockpit in den günstigen i20 mag nicht gelingen: Zwischen offenporigem Holz und weichem Ledermobiliar, unter dem großen Glasschiebedach, ist der Kleinwagen ganz, ganz weit weg. Auf drei Metern Radstand genießen wir viel Platz, und viel zum Spielen: Vorn wie hinten ist alles Mögliche elektrisch verstellbar, kühlbar, beheizbar, verdunkelbar. Das alles ist luxuriös. Vieles erinnert möglicherweise an den 5er oder die E-Klasse, schlechter ist das Ergebnis insgesamt nicht Besonders gelungen: Zum automatischen Öffnen der Heckklappe muss man nicht würdelos mit dem Fuß wedeln. Sie springt einfach auf, wenn man mit dem Schlüssel daneben steht. Für ein paar hundert Autos im Jahr druckt Hyundai keine dicke Preisliste. Deshalb gibt es den Genesis nur voll ausgestattet, nur mit 3,8-Liter-V6-Saugbenziner. Nominell ein Hecktriebler, sind in Europa auch Achtgang-Automatik und Allradantrieb immer dabei. Ein Stück gute, alte ZeitUnter der Haube endet die Anbiederung an deutsche Nobelmarken. Kein Downsizing, keine Zylinderabschaltung, kein Turbo. Der V6 ist ein feines Stück gute, alte Zeit. Leise, brummend, beim Beschleunigen sägend, dreht er linear und nahtlos hoch, prima assistiert von der Automatik. Obwohl der Hyundai „Sportlimousine“ heißt, fährt er sich eher kraftvoll-gemütlich. Zwei Tonnen Leegewicht verhindern wirkungsvoll extremes Temperament. Zum Ausgleich tanken Genesis-Fahrer öfter: Auf 13 Liter pro 100 Kilometer muss man sich einstellen. Das, mit oder ohne Zyklus-Schmu, können die modernen Turbomotoren der Konkurrenz besser. Und noch etwas kann der Hyundai weniger gut: Schnell fahren. Auf der unbegrenzt freien linken Spur deutscher Autobahnen rauscht es im Hyundai deutlich lauter als in einem süddeutschen Business-Bomber – trotz eines cW-Werts von 0,26. Noch störender: Das weiche Fahrwerk und die schwammige Lenkung vermitteln bei hohem Tempo wenig, für den Anspruch des Genesis zu wenig, Kontrolle. Eine enge NischeKeine Frage: Der Hyundai Genesis ist schön gedacht, fein gemacht und opulent bestückt. Antrieb und Abstimmung werden dem hohen Anspruch nicht ganz gerecht. Zwar testete Hyundai den Genesis auf dem Nürburgring, aber entschied sich doch für eine amerikanische Abstimmung. Dort lassen sich etwa 20.000 Genesis jährlich verkaufen. Wer also kauft sich einen Hyundai für 65.000 Euro? Zwar kosten vergleichbar ausgestattete BMW und Mercedes locker 10.000 Euro mehr, aber: Freunde großer V6-Sauger dürfte die Vollausstattung eher abschrecken, und wer viel Auto für wenig Geld sucht, gibt meist keine 65.000 Euro aus. Da bleibt nur eine enge Nische. Wichtiger ist für Hyundai hierzulande ohnehin die Demonstration eigener Fähigkeiten. Vor allem beim Stammpublikum. Hyundai Genesis Sportlimousine: Technische Daten
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